Der Brexit hat offenbar schwerwiegende, versteckte Folgen: Er kostet Menschenleben im britischen Gesundheitswesen. Ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Henrique Castro-Pires, Kai Fischer, Marco Mello und Giuseppe Moscelli zeigt, wie die strengeren Einwanderungsregeln nach dem EU-Austritt zu einer schlechteren Versorgung in den Krankenhäusern des National Health Service (NHS) führten – mit Tausenden zusätzlichen Todesfällen als traurige Konsequenz.
Verantwortlich dafür ist laut der Studie vor allem der Wegfall der Freizügigkeit für Arbeitskräfte aus der EU. Krankenhäuser, die vorher viele Pflegekräfte aus EU-Ländern beschäftigt hatten, konnten diese Stellen nach dem Brexit nur schwer nachbesetzen.
Weniger qualifiziertes Personal, schlechtere Pflege
Der Mangel an erfahrenem Personal zwang die Kliniken offenbar, neue Beschäftigte mit geringerer Qualifikation einzustellen. Ein klares Indiz dafür: Das neu eingestellte Pflegepersonal wurde schlechter bezahlt als die vorherigen Kräfte auf der gleichen Stelle. Diese Verschiebung im Personal, so die Studie, führte direkt zu einer schlechteren Betreuung der Patienten.
Insgesamt gab es den Berechnungen zufolge in englischen Krankenhäusern rund 4.454 zusätzliche Todesfälle und 8.777 zusätzliche ungeplante Wiederaufnahmen von Patienten. Pro Jahr seien die Brexit-bedingten Einwanderungsbeschränkungen demnach für etwa 1.485 zusätzliche Todesfälle verantwortlich.
Berechnung der Brexit-Effekte
Für ihre Analyse verglichen die Forscher Kliniken, die vor dem Brexit stark von Pflegekräften aus der EU abhängig waren, mit solchen, die weniger EU-Personal beschäftigten. So konnten sie die spezifischen Auswirkungen des Brexit von anderen Entwicklungen im Gesundheitssystem isolieren. Mögliche weitere Einflussfaktoren wie die Finanzlage der Kliniken oder die Zahl der Patienten wurden ebenfalls berücksichtigt.
Dabei zeigte sich klar: Je abhängiger ein Krankenhaus vor dem Brexit von Pflegepersonal aus der EU war, desto stärker litt die Qualität der Patientenversorgung nach dem Austritt. Für die Forscher unterstreichen die Ergebnisse der Studie eindrücklich, wie eine restriktive Einwanderungspolitik lebenswichtige Bereiche wie die Gesundheitsversorgung massiv schädigen kann.