„Prosoziale“ Eigenschaften wie Altruismus und Vertrauen wirken sich positiv auf den individuellen Berufs- und Lebensweg aus. Sie prägen auch das solidarische Zusammenleben innerhalb der Gesellschaft. Diese Eigenschaften sind bei Kindern aus Familien mit geringerem Einkommen und Bildungsstand im Durchschnitt unterentwickelt, wie ein aktuelles IZA-Paper von Fabian Kosse, Thomas Deckers, Hannah Schildberg-Hörisch und Armin Falk belegt. Das behindert Chancengleichheit und vertieft die soziale Spaltung.
Die gute Nachricht: Diese Lücke lässt sich schließen, wenn sozial benachteiligte Kinder frühzeitig in ihrer Persönlichkeit gestärkt werden. Darauf zielt das Mentorenprogramm „Balu und Du“ ab, das die Bonner Forscher unter die Lupe nahmen. In Bonn und Köln begleiteten sie rund 700 Familien mit unterschiedlichem sozioökonomischem Hintergrund über einen Zeitraum von mehreren Jahren.
Anhand von Fragebögen, Interviews und Verhaltensexperimenten konnten die Ökonomen das prosoziale Verhalten von Kindern und deren Eltern erstmals ganzheitlich messen. Die Auswertung ergab, dass Grundschulkinder aus Familien mit höherem Einkommen und Bildungsstand im Schnitt deutlich prosozialer agieren als sozial benachteiligte Gleichaltrige.
Eine Gruppe von zufällig ausgewählten Kindern mit niedrigem sozioökonomischem Status nahm ein Jahr lang an „Balu und Du“ teil. Jedes teilnehmende Kind erhielt einmal pro Woche Besuch von einem freiwilligen Mentor, der mit den Kindern verschiedene interaktive Aktivitäten unternahm – von Gesprächen über gemeinsames Lesen, Sport und Kochen bis hin zum Zoobesuch. Ziel des Programms war nicht die Verbesserung der schulischen Leistungen, sondern die Entwicklung und Stärkung der Persönlichkeit.
Nach einem Jahr zeigte sich, dass die am Mentorenprogramm teilnehmenden Kinder wesentlich prosozialer agierten und zu ihren Altersgenossen mit höherem sozioökonomischem Status aufgeschlossen hatten. Dieser Effekt blieb auch zwei Jahre nach Ende des Mentorenprogramms nachweisbar. Die Autoren schließen daraus, dass das Programm geeignet ist, einen fehlenden „prosozialen Stimulus“ aus dem Elternhaus auszugleichen.
„Unsere Ergebnisse bestätigen das enorme Potenzial frühkindlicher Förderung für mehr Chancengleichheit und die Überwindung sozialer Spaltung“, sagt Armin Falk, Leiter des von der Deutschen Post-Stiftung neu gegründeten Behavior and Inequality Research Institute (briq). Zwar spiele auch die Vererbung von Persönlichkeitsmerkmalen eine gewisse Rolle, doch lasse sich die soziale Kluft durch Interventionen, die das soziale Umfeld von benachteiligten Kindern bereichern, deutlich verringern.
Nachtrag: Am 16. Februar 2017 berichtete 3SAT in der Dokumentation „Arme Reiche“: