Sind Schulen doch sichere Orte?
Studie: Am Ende der Sommerferien war die Zahl der Corona-Infektionen stabil
VON IRENE HABICH
Schulschließungen als Anti-Corona-
Maßnahme sind womöglich nicht nötig.
Das Arbeitsmarktforschungsinstitut IZA (Institute
of Labor Economics) hat in einer
Studie das Infektionsgeschehen nach dem
Ende der Sommerferien untersucht und festgestellt:
Mit dem Beginn des Schuljahrs
wurde kein Anstieg der Infektionszahlen
beobachtet.
Grundlage waren die vom Robert-Koch-
Institut gemeldeten Fallzahlen der letzten
zwei Ferienwochen und der ersten drei
Schulwochen in allen 401 Kreisen in
Deutschland. Die IZA-Forscher verglichen
dann die Entwicklung in Bundesländern,
wo die Schule wieder begonnen hatte, mit
der aus Ländern, in denen noch Ferien
waren. Demnach hat die Wiederöffnung der
Schulen nicht zu einem stärkeren Anstieg
der Fallzahlen geführt. Sie hat ihn im Gegenteil
sogar ausgebremst.
Drei Wochen nach den Sommerferien
wurden durchschnittlich 0,55 Fälle weniger
pro Tag und 100 000 Einwohner gemeldet.
Dieser Effekt war auf die Gruppe der Schüler
und ihrer Eltern beschränkt. Auch auf
die Risikoaltersgruppe der über 60-Jährigen
hatte der Schulbeginn aber keine Auswirkungen.
„Dieses Ergebnis entspricht sicher
nicht dem, was wir erwartet hätten“, sagt Ingo
Isphording, einer der beteiligten IZAForscher.
Die Autoren überprüften das Resultat
daher mit verschiedenen Ansätzen
und Rechenmethoden – konnten aber in keinem
Fall einen schulbedingten Anstieg der
Fallzahlen feststellen.
„Sorgfältig abwägen“
Eine mögliche Erklärung sieht Isphording
in den Hygienemaßnahmen in den Schulen.
Auch ein anderer Grund ist laut IZA
denkbar: Eltern hätten nach der Wiedereröffnung
der Schulen vermutlich strenger
darauf geachtet, dass sich ihre Kinder nirgendwo
anstecken könnten, um eine Quarantäne
zu vermeiden. „Wenn die Folge einer
laufenden Nase ist, dass meine Tochter
nicht zur Schule gehen kann, überlege ich
es mir zweimal, ob sie auf engem Raum mit
anderen spielen darf“, so Isphording.
Das IZA betont, die Situation beim Schulneustart
nach den Ferien lasse „keine Umkehrschlüsse
auf die Effekte der Schulschließungen
im Frühjahr zu“. Die Autoren
wollten ihre Studie zudem „nicht als uneingeschränktes
Plädoyer für rasche Schulöffnungen“
verstanden wissen. Sie rieten aber
dazu, „Kosten und Nutzen sorgfältig abzuwägen,
statt bei lokal aufflammendem Infektionsgeschehen
reflexartig wieder zum
Mittel der Schulschließung zu greifen“.