Obwohl der Klimawandel die wohl größte Herausforderung der Menschheit in den kommenden Jahrzehnten darstellt, fristen Klima- und Umweltthemen in der internationalen ökonomischen Forschungslandschaft bislang noch eher ein Schattendasein. Um einen zusätzlichen Anreiz für innovative Forschung insbesondere zu den gesellschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Implikationen des Klimawandels zu setzen, verleiht das IZA in diesem Jahr zum zweiten Mal den mit 10.000 Euro dotierten Forschungspreis “Innovative Research in the Economics of Climate Change” (IRECC). Ausgezeichnet werden damit zwei Studien aus dem IZA-Netzwerk:
„Understanding Climate Damages: Consumption versus Investment“ (IZA DP No. 14974) von Gregory Casey, Stephie Fried und Matthew Gibson legt nahe, dass die Wohlfahrtskosten des Klimawandels deutlich höher sein könnten als bislang geschätzt. Die Forschenden entwickeln ein innovatives Modell, das bei den Produktivitätseinbußen aufgrund des Klimawandels unterscheidet zwischen Unternehmen, die Konsum- bzw. Investitionsgüter (oder -dienstleistungen) produzieren. Wenn die Produktion von Investitionsgütern anfälliger für den Klimawandel ist, werden die Konsumeinschränkungen kurzfristig geringer, langfristig jedoch größer sein als in den gängigen Modellen mit aggregierten Schadensfunktionen. Mit Blick auf die negativen Folgen von Hitzestress errechnet die Studie, dass die Wohlfahrtskosten des Klimawandels – je nach Diskontierungsfaktor – um etwa 4 bis 24 Prozent höher sein dürften als bislang angenommen.
„Climate Change and Political Participation: Evidence from India“ (IZA DP 15764) von Amrit Amirapu, Irma Clots-Figueras und Juan Pablo Rud liefert am Beispiel Indiens neue Erkenntnisse zu den Auswirkungen des Klimawandels auf politische Mitbestimmung in Entwicklungsländern. Dazu nutzen die Forschenden detaillierte Wetterdaten sowie die regionalen Wahlergebnisse der Jahre 2009 bis 2017 für Indien. In Regionen mit einer Häufung von Perioden extremer Hitze steigt demnach die Wahlbeteiligung und die Zusammensetzung des Kandidatenpools verändert sich. Ausschlaggebend dafür sind Produktivitätseinbußen in der Landwirtschaft. So haben siegreiche Kandidaten häufiger einen landwirtschaftlichen Hintergrund und investieren mehr etwa in Bewässerung.
Nach Einschätzung der Jury, bestehend aus Andrew Oswald (University of Warwick und IZA) und Susana Ferreira (University of Georgia), repräsentieren beide Forschungsarbeiten die Spitze der modernen empirischen Wirtschaftsforschung.
Aus allen Klima-Studien, die in diesem Jahr als IZA Discussion Paper erscheinen, werden Anfang 2024 erneut die besten Arbeiten für den IRECC-Preis ausgewählt.