Von Martin Abel und Reed Johnson
Laut aktueller Studien bevorzugen Menschen kreative Werke von menschlichen Autoren gegenüber solchen von Künstlicher Intelligenz (KI). Doch ob sich diese Aussagen tatsächlich im Konsumverhalten widerspiegeln, ist kaum erforscht. Und wie es so schön heißt: „Talk is cheap.“ Angesichts der kommenden Flut an KI-generierten Werken geht es nicht nur um die Existenzgrundlage von Millionen kreativer Berufstätiger weltweit, sondern auch um die grundlegende Frage, was uns in diesem zutiefst menschlichen Schaffen noch gehört.
Ein Experiment mit KI-generierter Literatur
Um diese Fragen zu untersuchen, ließen wir OpenAIs GPT-4 eine Kurzgeschichte im Stil des preisgekrönten Autors Jason Brown schreiben. Anschließend befragten wir eine national repräsentative Stichprobe von über 650 Personen in den USA, die die Geschichte lesen und bewerten sollten. Dabei erhielt die Hälfte der Teilnehmenden die korrekte Information, dass die Geschichte von einer KI verfasst wurde. Die andere Hälfte wurde bewusst in die Irre geführt und glaubte, es handele sich um ein Werk von Jason Brown. Dieses Studiendesign ermöglichte es uns, den Effekt der (vermeintlichen) Autorschaft isoliert zu betrachten und zu testen, ob Konsumenten tatsächlich menschliche Texte gegenüber KI-generierten bevorzugen.
Nach dem Lesen der ersten Hälfte der KI-generierten Geschichte bewerteten die Teilnehmenden die Qualität des Textes anhand verschiedener Kriterien, darunter Vorhersehbarkeit, emotionale Tiefe und Atmosphäre. Zusätzlich erfassten wir ihre Zahlungsbereitschaft für das Lesen des Endes – sowohl in Geldform (durch einen Verzicht auf einen Teil ihrer Teilnahmevergütung) als auch in Zeitform (durch das Erledigen einer monotonen Transkriptionsaufgabe).
Subjektive Bewertung und tatsächliches Verhalten
Und was zeigte sich? Gab es Unterschiede zwischen den Gruppen? Die kurze Antwort: ja. Doch eine genauere Analyse brachte überraschende Erkenntnisse ans Licht.
Die Gruppe, die wusste, dass die Geschichte von einer KI stammte, bewertete den Text deutlich negativer. Sie empfand ihn als vorhersehbarer, weniger authentisch und atmosphärisch schwächer. Diese Ergebnisse stimmen mit einer wachsenden Zahl von Studien überein, die eine generelle Voreingenommenheit gegenüber KI-generierten Werken in Bereichen wie bildender Kunst, Musik oder Dichtung dokumentieren. Es scheint, dass Konsumenten – zumindest derzeit – reflexartig KI-geschaffene Werke als minderwertig einstufen.
Doch obwohl die Teilnehmenden die KI-Geschichte als schlechter bewerteten, waren sie dennoch bereit, genauso viel Zeit und Geld zu investieren, um das Ende der Geschichte zu lesen – unabhängig davon, ob sie wussten, dass der Text von einer KI geschrieben wurde oder nicht. Auch verbrachten sie nicht weniger Zeit mit dem Lesen der als KI-generiert gekennzeichneten Geschichte. Interessanterweise gaben fast 40 Prozent der Teilnehmenden an, dass sie weniger gezahlt hätten, wenn die gleiche Geschichte von einer KI statt von einem Menschen geschrieben worden wäre. Dies zeigt, dass vielen die Diskrepanz zwischen ihrer subjektiven Bewertung und ihrem tatsächlichen Verhalten nicht bewusst ist.
Was bedeutet das für die Zukunft der Kreativbranche?
Diese Ergebnisse liefern wichtige Hinweise darauf, dass die verbreitete Ablehnung von KI-generierter Kreativität nicht zwingend mit dem tatsächlichen Kaufverhalten übereinstimmt. Dies könnte tiefgreifende Auswirkungen auf die Zukunft menschlicher Kreativarbeit haben, insbesondere in einem Markt, in dem KI-generierte Werke zu einem Bruchteil der Kosten produziert werden können. Schon jetzt überfluten KI-geschriebene Bücher den Markt – eine Entwicklung, die Autorenverbände dazu veranlasst hat, eigene Kennzeichnungsrichtlinien einzuführen. Doch unsere Forschung wirft die Frage auf, ob solche Labels überhaupt eine wirksame Barriere gegen die Verdrängung menschlicher Autoren darstellen.
Natürlich sind die Einstellungen gegenüber KI noch im Wandel, und es ist durchaus möglich, dass eine Gegenbewegung entsteht – ähnlich wie die Arts-and-Crafts-Bewegung als Reaktion auf die Industrialisierung. Eine denkbare Zukunft wäre eine Marktsegmentierung, in der einige Verbraucher bereit sind, für den kreativen Schaffensprozess selbst zu zahlen, während andere sich ausschließlich für das Endprodukt interessieren.
Unabhängig davon, wie sich diese Entwicklungen entfalten, zeigen unsere Ergebnisse, dass der Weg für menschliche Kreativarbeit möglicherweise steiler ist, als bisherige Forschung vermuten ließ. Während viele Menschen überzeugt sind, dass menschliche Arbeit einen intrinsischen Wert hat, sind überraschend wenige bereit, dies auch mit ihrem Geldbeutel zu bestätigen.