Dass Stellenbewerber häufig aufgrund ihrer ethnischen Herkunft diskriminiert werden, ist durch zahlreiche Studien belegt. Beispielsweise hat ein viel beachtetes IZA-Forschungspapier gezeigt, dass die gleiche fiktive Bewerberin deutlich geringere Aussichten auf ein Vorstellungsgespräch hat, wenn sie einen türkisch klingenden Namen angibt. Trägt sie noch dazu ein Kopftuch auf dem Bewerbungsfoto, ist sie ungeachtet ihrer hervorragenden Qualifikationen praktisch chancenlos. Ähnliche Befunde liefern Studien aus den USA, wo Bewerber mit „weißen“ Namen bevorzugt werden, und aus Schweden, wo arabisch klingende Namen die Bewerbungschancen deutlich schmälern.
Anonymisierte Bewerbungsverfahren sind eine Möglichkeit, Chancengleichheit zu gewährleisten. Darauf deutet die Auswertung von Pilotprojekten in verschiedenen Ländern hin. Bei dieser Methode werden zumindest die Namen unkenntlich gemacht, idealerweise aber auch weitere Angaben, aus denen sich etwa Geschlecht oder Alter ablesen lassen. Als Gegenargument wird häufig vorgebracht, die potenzielle Diskriminierung verlagere sich so nur auf den zweiten Bewerbungsschritt, zumal im Vorstellungsgespräch die Identität der Bewerber zwangsläufig gelüftet wird.
Unternehmen stehen solchen Verfahren auch mit Verweis auf den hohen zeitlichen und technischen Aufwand skeptisch gegenüber. Allerdings ist es mithilfe moderner Technologien gar nicht mehr unbedingt notwendig, Angaben zur Person mühsam manuell zu „schwärzen“.
Einen innovativen Ansatz verfolgt beispielsweise ein US-Dienstleister, der im Auftrag von Unternehmen zunächst in maßgeschneiderten Eignungstests die jobspezifischen Qualifikationen von Bewerbern abklopft und auf Basis der Ergebnisse eine Vorauswahl trifft. Andere Unternehmen planen den Einsatz von „künstlicher Intelligenz“, indem sie Bewerbungen im ersten Schritt durch Algorithmen „screenen“ lassen wollen. Diese Methode wäre garantiert vorurteilsfrei – sofern keine diskriminierenden Elemente durch allzu „menschliche Intelligenz“ in den Algorithmus hineinprogrammiert werden.
IZA-Experte Ulf Rinne fasst die bisherigen Erkenntnisse zu anonymisierten Bewerbungsverfahren in einem kürzlich aktualisierten Artikel für die IZA World of Labor zusammen und skizziert mögliche Bewerbungsverfahren der Zukunft ausführlicher in einem Gastbeitrag für die Ideenplattform apolitical.