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Research5. November 2025

Unternehmen überschätzen die Attraktivität ihres Standorts – bleiben aber trotzdem

Neue Studie zeigt: Deutsche Firmen haben verzerrte Wahrnehmung der lokalen Wettbewerbsfähigkeit

Kommunen setzen auf Steuersenkungen und Infrastrukturinvestitionen, um Unternehmen anzulocken. Doch offenbar schätzen Betriebe die Standortqualität ihrer Gemeinde falsch ein – und das beeinflusst ihre Investitionsentscheidungen. Ein IZA-Forschungspapier von Sebastian Blesse, Florian Buhlmann, Philipp Heil und Davud Rostam-Afschar zeigt auf, wie stark die Wahrnehmung der Unternehmen von der Realität abweicht. Die Forscher befragten über 3.000 Führungskräfte in Deutschland und stellten fest: Die meisten Firmen überschätzen systematisch, wie wettbewerbsfähig ihre Gemeinde im Vergleich zu anderen ist.

Realitätscheck verändert die Sichtweise

In einem Experiment erhielten die Unternehmen konkrete Daten über ihre lokalen Steuer- und Infrastrukturbedingungen. Das Ergebnis war eindeutig: Firmen, die negative Rückmeldungen über ihre Standortbedingungen erhielten, reduzierten ihre Zufriedenheit mit dem Standort deutlich.

Überraschend jedoch: Trotz dieser ernüchternden Erkenntnisse bevorzugten die meisten Unternehmen weiterhin Investitionen am heimischen Standort. Dies deutet auf eine starke Standortverbundenheit hin, die Ökonomen als „Home Bias“ bezeichnen.

Steuern wichtiger als Autobahnanschluss

Besonders aufschlussreich sind die unterschiedlichen Reaktionen auf verschiedene Informationsarten. Während Nachrichten zur lokalen Steuersituation die Investitionspläne der Unternehmen spürbar beeinflussten, zeigten Informationen über die Infrastruktur – etwa die Entfernung zur nächsten Autobahn – kaum Wirkung auf geplante Investitionen.

Unternehmen mit hoher Standortflexibilität reagieren besonders stark auf positive Steuernachrichten, indem sie geplante Investitionen in anderen Gemeinden reduzieren, erklären die Forscher. Steuerpolitik bleibt also offenbar ein mächtiges Instrument in der Standortkonkurrenz.

Wie die Studie durchgeführt wurde

Die Untersuchung basiert auf dem German Business Panel (GBP) und umfasste mehr als 3.000 zufällig ausgewählte Führungskräfte. Zunächst schätzten die Befragten die Effizienz öffentlicher Ausgaben ein und gaben ihre lokale Gewerbesteuerbelastung sowie die Entfernung zur nächsten Autobahn an. Wichtiger noch: Sie sollten einschätzen, wie ihre Gemeinde im nationalen Vergleich abschneidet.

Anschließend wurden die Firmen zufällig in vier Gruppen eingeteilt: eine Kontrollgruppe und drei Versuchsgruppen, die Informationen über die tatsächliche Steuerposition, den Infrastrukturzugang oder beide Aspekte erhielten. Nach dieser Information bewerteten die Unternehmen erneut ihre Standortzufriedenheit und Investitionsbereitschaft.

Zentrale Erkenntnisse im Detail

Massive Fehleinschätzungen: Während Unternehmen ihre absolute Steuerbelastung und Autobahnentfernung relativ genau einschätzen können, überschätzen sie die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Gemeinde systematisch. Im Durchschnitt schätzen sie ihre Steuerposition um 28 Prozentpunkte besser ein, als sie tatsächlich ist. Knapp 80 Prozent der Firmen glauben, ihre Steuersituation sei günstiger als sie tatsächlich ist.

Information verändert Wahrnehmung: Genaue Informationen beeinflussen die Standortbewertung der Unternehmen erheblich – allerdings asymmetrisch. Negative Nachrichten über Steuern oder Infrastruktur senken die Zufriedenheit spürbar, während positive Nachrichten kaum Veränderungen bewirken.

Branchenunterschiede: Unternehmen aus mobileren Branchen passen ihre Investitionspläne stärker an, wenn sie positive Steuernachrichten erhalten. Kapitalgesellschaften reagieren sensitiver als Personengesellschaften – vermutlich weil letztere die Gewerbesteuer teilweise mit der Einkommensteuer verrechnen können.

Was Kommunen daraus lernen können

Die Studie hat wichtige Implikationen für die lokale Wirtschaftspolitik. Obwohl Unternehmen über weniger günstige Bedingungen informiert wurden, bevorzugen die meisten weiterhin Investitionen am angestammten Standort. Diese Heimatverbundenheit könnte auf hohe Anpassungskosten zurückzuführen sein – etwa die Verlagerung qualifizierter Arbeitskräfte oder das Aufbrechen lokaler Netzwerke.

„Die gezielte Kommunikation über Standortvorteile könnte ein wertvolles Instrument der lokalen Wirtschaftspolitik sein“, folgern die Forscher. Gleichzeitig zeigt die Studie, dass Informationslücken bei Unternehmen weit verbreitet sind und deren Entscheidungen beeinflussen.

Für die Kommunalpolitik bedeutet das: Transparenz über Standortbedingungen kann die Wahrnehmung verändern – die starke Heimatverbundenheit der Unternehmen bleibt jedoch ein stabilisierender Faktor für die lokale Wirtschaft.

Download der Studie:

IZA Discussion Paper No. 17868 Local Policy Misperceptions and Investment: Experimental Evidence from Firm Decision Makers Sebastian Blesse, Florian Buhlmann, Philipp Heil, Davud Rostam-Afschar

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