Psychologische Hürden wie Angst vor Ablehnung oder die Überwindung, den ersten Schritt zu machen, können entscheidend dafür sein, ob sich Menschen auf Jobs bewerben – selbst wenn der Bewerbungsprozess an sich einfach und schnell ist. Ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Kate Vyborny, Robert Garlick, Nivedhitha Subramanian und Erica Field untersucht eine vielversprechende Möglichkeit, solche Hürden abzubauen. Die Studie nutzte eine innovative Jobplattform in Pakistan und zeigt, wie kleine Änderungen im Bewerbungsprozess das Verhalten von Jobsuchenden erheblich verbessern können.
Der Kontext der Studie
Die Forschenden rekrutierten Jobsuchende durch eine repräsentative Umfrage in über 50.000 Haushalten in Lahore. Die Teilnehmenden befanden sich in sehr unterschiedlichen Beschäftigungs- und Suchsituationen – von angestellt und aktiv suchend bis hin zu nicht erwerbstätig und inaktiv. Jeden Monat erhielten die Jobsuchenden eine SMS mit Informationen zu neuen Stellenangeboten, die zu ihren Qualifikationen und Präferenzen passten. Verbunden war damit die Einladung, das Callcenter der Plattform anzurufen, um sich zu bewerben.
Die Intervention: Ein einfacher Anruf
Ein zufällig ausgewählter Teil der Jobsuchenden erhielt nach der SMS zusätzlich einen Follow-up-Anruf. Darin wurden lediglich die Informationen aus der SMS wiederholt und erneut dazu eingeladen, sich sofort zu bewerben. Dadurch wurde der Bewerbungsprozess für diese Gruppe von einem aktiven zu einem passiveren Vorgang, ohne dass zusätzliche Details genannt wurden oder die Jobsuchenden in irgendeiner Weise zur Bewerbung gedrängt wurden.
Überraschende Ergebnisse
Die Wirkung dieses einfachen Anrufs war enorm: Die Bewerbungsrate stieg um 600 Prozent. In der Kontrollgruppe (ohne zusätzlichen Anruf) bewarben sich Jobsuchende nur auf 0,2 Prozent der Stellenangebote, die ihnen vorgeschlagen wurden. In der Gruppe, die einen Anruf erhielt, stieg diese Quote auf 1,5 Prozent. (Die insgesamt niedrigen Bewerbungsquoten liegen darin begründet, dass die Plattform bewusst ein sehr breites Spektrum an Stellen vorschlägt.)
Besonders bemerkenswert ist, dass die zusätzlichen Bewerbungen genauso erfolgreich waren wie diejenigen der Kontrollgruppe. In beiden Gruppen führten etwa sechs Prozent der Bewerbungen zu Vorstellungsgesprächen – auch für Stellen mit besseren Gehältern, mehr Sozialleistungen und kürzeren Pendelzeiten. Ob diese Einladungen letztlich zu Jobangeboten führten, konnte die Plattform jedoch nicht verfolgen.
Psychologische Barrieren als Hauptursache
Dass in vielen Fällen erst der Anruf den Ausschlag gab, obwohl der Aufwand für eine Bewerbung über die Plattform äußerst gering ist, erklären die Forschenden mit einer Reduzierung der sogenannten Aufmerksamkeitskosten: Jobsuchende mussten nicht mehr eigenständig Textnachrichten checken und Zeit einplanen, um über eine Bewerbung zu entscheiden. Außerdem lässt sich so verhindern, dass Bewerbende Fristen verstreichen lassen, und auch die Angst vor Ablehnung könnte bei „spontanen“ Bewerbungen geringer sein.
Alternative Erklärungen konnten die Forschenden ausschließen: Kosten- und Zeitaufwand waren ohnehin gering, und Maßnahmen zur weiteren Reduzierung hatten keine vergleichbare Wirkung. Zudem brachte die Intervention keine Verhaltensänderungen in anderen Aspekten – die Jobsuchenden bewarben sich nicht auf andere Jobtypen, aktualisierten ihre Lebensläufe nicht häufiger und änderten auch nicht ihre Bewertung der Plattform. Das Fazit der Studie: Schon ein kleiner Anstoß kann helfen, wenn es darum geht, den ersten Schritt zur Stellenbewerbung zu machen.