Die schwäbische Hausfrau gilt gemeinhin als Vorbild für deutsche Sparsamkeit. Spätestens seit sich die Bundesregierung dieses Bild zu eigen gemacht hat, kennt jeder die Maxime, nach der der Staat nicht mehr ausgeben soll als er einnimmt. Aber weiß der Bürger überhaupt, wie viel der deutsche Staat tatsächlich für öffentliche Aufgaben ausgibt?
Viele Ökonomen blicken mit Skepsis auf einen Trend steigender Staatsausgaben, der sich nicht nur in Deutschland beobachten lässt. In den OECD-Staaten belief sich die Staatsquote, also der Anteil öffentlicher Ausgaben am Bruttoinlandsprodukt, im Jahr 2014 auf durchschnittlich 22 Prozent, Tendenz steigend:
Aus politökonomischer Sicht ist die Höhe der Staatsquote Ergebnis des Wählerwunsches. Fraglich ist alerdings, ob die Bürger sich der Ausgabenentwicklung bewusst sind und diese mittragen. Daher untersuchten die Forscher Philipp Lergetporer, Guido Schwerdt, Katharina Werner und Ludger Woessmann (LMU, ifo & IZA) in einem neuen IZA Discussion Paper, ob die öffentliche Meinung über staatliche Ausgaben auf realistischen Annahmen beruht. Sie wollten herausfinden, ob eine bessere Kenntnis der tatsächlichen Höhe der deutschen Staatsausgaben die Zustimmung der Bürger dazu beeinflusst.
Im Rahmen ihrer Studie wurden über 4.000 Bundesbürger nach ihrer Meinung zu einer Erhöhung der deutschen Staatsausgaben gefragt. Dabei wurden die Befragten zufällig in zwei Gruppen eingeteilt. Die erste Gruppe erhielt vor der Befragung aktuelle Zahlen über die öffentlichen Ausgaben nach Aufgabenbereichen: 227 Milliarden Euro für Arbeit und Soziales, 95 Milliarden Euro für Bildung, 38 Milliarden Euro für die öffentliche Sicherheit, 27 Milliarden Euro für Verteidigung und 10 Milliarden Euro für Kulturausgaben. Die Kontrollgruppe erhielt keine Informationen und musste ihre Meinung auf Grundlage der eigenen Einschätzung äußern.
Das Ergebnis: Die informierten Befragten waren weitaus weniger bereit, einer Erhöhung der öffentlichen Ausgaben zuzustimmen als die uninformierten Befragten. Wie Diagramm 1 zeigt, konnten die Forscher in allen abgefragten Haushaltsfeldern einen eindeutigen Zusammenhang zwischen den zur Verfügung gestellten Informationen und der Akzeptanz höherer staatlicher Ausgaben feststellen.
Die Tatsache, dass die Kenntnis der tatsächlichen Staatsausgaben zu deutlich anderen Ergebnissen führt, legt den Schluss nahe, dass viele Bundesbürger die tatsächliche Höhe der öffentlichen Ausgaben unterschätzen. Diesen Befund überprüften die Forscher anhand einer Folgebefragung. Hier zeigte sich, dass tatsächlich nur diejenigen Befragten ihre Meinung aufgrund der Informationen änderten, die auch vorher die staatlichen Ausgaben geringer eingeschätzt hatten.
Zweitens zeigt sich, dass die Akzeptanz öffentlicher Ausgaben zu großen Teilen auf falschen oder verzerrten Informationen beruht. Je besser die Bürger über die tatsächliche Höhe öffentlicher Ausgaben informiert sind, desto weniger unterstützen sie weitere Erhöhungen. Besonders beim Bildungsetat sinkt die Bereitschaft für eine Ausgabensteigerung, je genauer die Befragten informiert sind.