An italienischen Mittelschulen erhalten Migrantenkinder im Schnitt schlechtere Noten als einheimische Mitschüler mit gleichen Leistungen in standardisierten Tests. Daraus lässt sich nicht automatisch auf eine voreingenommene Bewertung durch die Lehrer schließen, denn in die Benotung fließen auch andere Kriterien wie die Mitarbeit im Unterricht ein, die an Prüfungsergebnissen nicht abzulesen sind.
Ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Alberto Alesina, Michela Carlana, Eliana La Ferrara und Paolo Pinotti zeigt jedoch, dass die Stereotypisierung von Schülergruppen bei der Benotung eine wichtige Rolle spielt. Eine stärkere Sensibilisierung der Lehrer für ihre eigene, oft unbewusste Voreingenommenheit reduziert der Studie zufolge die Ungleichbehandlung von Schülern.
Das Forscherteam analysierte anhand von Impliziten Assoziationstests (IAT), welche Eigenschaften oder Verhaltensweisen Lehrer italienischen bzw. ausländisch klingenden Vornamen zuschreiben. Im Ergebnis zeigt sich, dass rund zwei Drittel der untersuchten Lehrer zu negativen Stereotypen gegenüber Einwanderern neigen. Männliche Lehrer lassen sich übrigens eher davon leiten als ihre weiblichen Kollegen.
Wurden die Lehrer vor der Notengebung mit ihren Stereotypen konfrontiert, verschob sich die Notenverteilung zugunsten der Einwandererkinder. Die Forschern folgern daraus, dass eine regelmäßige Durchführung solcher Tests zu mehr Chancengerechtigkeit beitragen kann. Manche Unternehmen nutzen das Verfahren bereits, um Personalverantwortliche entsprechend zu sensibilisieren.
Allerdings weisen die Studienautoren auch auf einen möglichen unerwünschten Nebeneffekt hin: Ändern die Lehrer aufgrund der IAT-Ergebnisse ihr Verhalten, obwohl sie zuvor fair benotet hatten, könne Diskriminierung dadurch mitunter erst entstehen – nämlich „positive Diskriminierung“ von Migranten.
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