Karriereberater stellen gern die Bedeutung von sozialem Engagement und freiwilliger Arbeit für den eigenen Lebenslauf heraus. Wer sich außerhalb der Berufsausbildung und der Arbeit engagiere, signalisiere positive Charaktereigenschaften, die von Personalern als wertvoll angesehen würden. Eine aktuelle Studie von Matthias Heinz (Universität Köln) und Heiner Schumacher (KU Leuven) stellt den Wahrheitsgehalt dieser landläufigen Meinung auf den Prüfstand.
Über die Ergebnisse sprachen wir mit Matthias Heinz anlässlich seiner Präsentation im IZA-Forschungsseminar.
IZA: Soziales Engagement von Mitarbeitern hat keinen direkten Mehrwert für das Unternehmen. Warum interessieren sich Personaler trotzdem dafür?
MH: Ein wachsender Anteil der Wertschöpfung in Firmen findet in Teams statt. Die Arbeit in Teams ermöglicht es, verschiedene Sichtweisen, Fähigkeiten und Erfahrung zu nutzen, um Produkte zu kreieren, die ein einzelnes Individuum nicht hervorbringen könnte. Daher ist es wenig verwunderlich, dass viele Firmen von ihren Bewerbern „Teamfähigkeit“ verlangen. Soziales Engagement zu zeigen, erlaubt darauf einen gewissen Rückschluss.
Was heißt denn eigentlich Teamfähigkeit?
Ein wichtiger Aspekt ist die Bereitschaft, sich selbst dann aktiv an einem Teamprojekt zu beteiligen, wenn sich daraus keine persönlichen Vorteile ergeben. Jeder hat schon einmal im Studium, im Verein oder im Betrieb erlebt, dass sich ein Kollege vor der Teamarbeit gedrückt hat und alle anderen dafür mehr arbeiten mussten. „Trittbrettfahrer“ sind ein Ärgernis für alle Beteiligten, weil sie die Motivation der Kollegen senken und womöglich den Erfolg des Projekts gefährden.
Nun wird sich ja in der Bewerbung wohl niemand als Trittbrettfahrer outen… Wie beweise ich denn, dass ich ein „echter“ Teamplayer bin?
In unserem Forschungsprojekt zeigen wir, dass Bewerber mit intensivem sozialen Engagement im Lebenslauf glaubhaft signalisieren können, dass sie bereit sind, sich bei Teamprojekten aktiv zu beteiligen – auch wenn sich hieraus kein direkter persönlicher Vorteil ergibt. Außerdem zeigen wir, dass Personalmanager Informationen über soziales Engagement in einem Lebenslauf effektiv nutzen, um die „Teamfähigkeit“ eines Bewerbers einzuschätzen.
Spielt es eine Rolle, wo sich junge Menschen engagieren und in welchem Umfang?
Es spielt sogar eine große Rolle: Insbesondere Menschen, die über mehrere Jahre ehrenamtlich eine Leitungsfunktion in einer sozialen Einrichtung ausüben (etwa als Jugendleiter in der Kirchengemeinde) oder sich für Menschen mit Behinderungen engagieren, können hiermit signalisieren, dass sie bei Teamprojekten bereit und in der Lage sind, sich aktiv zu beteiligen.
Können Studierende also ihre späteren Berufschancen erhöhen, indem sie sich strategisch sozial engagieren?
Das kann durchaus in gewissem Maße zielführend sein. Unsere Ergebnisse zeigen, dass Personaler auch bei jungen Menschen mit geringem sozialen Engagement eine etwas höhere Bereitschaft zur Teamarbeit annehmen. Wer jedoch wirklich klar signalisieren will, sich in Teams kooperativ zu verhalten, muss schon über mehrere Jahre intensiv engagiert sein. Die dafür nötige Zeit und Mühe zu investieren ist natürlich nicht jedermanns Sache.