Die UNESCO zählt die deutsche Brotkultur zum „immateriellen Kulturerbe“ der Menschheit. Doch viele deutsche Bäckereien sahen sich in den vergangenen Jahren radikalen Veränderungen ausgesetzt: Die Discounter Aldi und Lidl begannen im Jahr 2011, in ihren rund 6.000 Filialen frische Backwaren zu verkaufen. Mit großem Erfolg, denn viele Konsumenten kaufen seitdem ihr „täglich Brot“ bei den Discountern – und nicht mehr in einer der 12.000 Bäckereien.
Auf die veränderten Marktbedingungen antwortete die regionale Bäckereikette „Brotmeister“ (Name geändert) mit einer Qualitätsstrategie: Die Qualität der Backwaren wurde gesteigert, Filialen renoviert und das Fast-Food-Angebot erweitert. Ein wichtiger Baustein der Qualitätsoffensive war besserer Service. Deswegen entschloss sich Brotmeister, einen Teambonus in seinen Filialen einzuführen: Wenn eine Filiale ihre monatlichen Umsatzziele erreichte oder übertraf, erhielt das Filialteam einen Bonus von bis zu 300 Euro, der unter den Mitarbeitern aufgeteilt wurde.
Ob sich der Teambonus für die Bäckereikette und ihre Belegschaft jedoch auszahlen würde, war im Vorfeld unklar. Denn die Kunden müssen nicht notwendigerweise mehr Produkte kaufen, wenn sie freundlicher bedient werden. Es könnte auch sein, dass die zusätzlichen Personalkosten, die durch die Zahlung der Boni für die Bäckereikette entstehen, höher ausfallen als die Umsatzsteigerung.
Gemeinsam mit einem Forscherteam – bestehend aus Guido Friebel, Miriam Krüger und Nick Zubanov von der Goethe-Universität Frankfurt sowie Matthias Heinz von der Universität zu Köln – testete Brotmeister daher den Teambonus zunächst in einem kontrollierten Experiment. Dies eröffnete der Bäckereikette die Möglichkeit, den Bonus nur dann einzuführen, wenn dieser nachweislich positive Effekte für Unternehmen und Mitarbeiter hat. Der Teambonus wurde daher zunächst nur für drei Monate und nur in der Hälfte der etwa 200 Brotmeister-Filialen eingeführt. Die knapp 100 Filialen wurden zufällig ausgewählt, was es Brotmeister und dem Forscherteam ermöglichte, den Erfolg des Teambonus kausal zu messen. Hierbei wurden neueste ökonometrische Verfahren angewendet.
Mehr Umsatz, mehr Gewinn, höhere Löhne
Der Teambonus war ein voller Erfolg: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Filialen, in denen der Teambonus eingeführt wurde, konnten ihre Löhne im Schnitt um gut zwei Prozent steigern. Die Umsätze in den ausgewählten Brotmeister-Filialen stiegen zugleich um drei Prozent. Für jeden Euro, den Brotmeister in den Teambonus investierte, erzielte die Bäckereikette 3,80 Euro mehr Umsatz und 2,10 Euro mehr Gewinn. Dabei zeigten sich deutliche regionale Unterschiede: Während in Großstädten und an Orten mit hohen Immobilienpreisen das Umsatzplus im Schnitt bei sechs Prozent lag, war auf dem Land und an Orten mit niedrigen Immobilienpreisen kein Umsatzanstieg zu beobachten.
Den Grund dafür sehen die Forscher darin, dass der Teambonus die Belegschaft dazu anregte, ihre „operative Effizienz“ zu erhöhen. Da das Verkaufspersonal die vielfältigen Aufgaben vom Aufbacken der Brötchen bis zur Reinigung der Theke schneller erledigte, blieb mehr Zeit für die Bedienung der Kunden. Dadurch wurden die Schlangen an der Theke kürzer, und mehr Leute konnten einkaufen. Dies wirkte sich vor allem in Gegenden mit vielen Geschäfts- und Laufkunden positiv auf die Umsätze aus.
Der Erfolg des Projektes führte dazu, dass der Teambonus in allen Brotmeister-Filialen eingeführt wurde. Über die Studie berichteten auch deutsche Medien und eine zugrundeliegende Fallstudie wird seit dem letzten Jahr sogar in einigen Universitäten und Business Schools unterrichtet.