Mit dem Internationalen Tag der Menschen mit Behinderung am 3. Dezember wollen die Vereinten Nationen das Bewusstsein für Diskriminierung schärfen. Zwar sind in den westlichen Industrienationen bereits große Fortschritte bei der Integration von Menschen mit Behinderung in den Arbeitsmarkt erzielt worden. Doch wie ein IZA-Forschungspapier aus Kanada zeigt, kommt es in Bewerbungsverfahren nach wie vor zu eklatanter Ungleichbehandlung.
In einem groß angelegten Feldversuch versandten die Forscher in den kanadischen Metropolen Montreal und Quebec rund 1.500 fiktive Bewerbungen und analysierten die Rückmeldungen der Personalabteilungen. Ein zufällig ausgewählter Teil der Bewerbungen enthielt im Anschreiben den Hinweis, dass der Bewerber bzw. die Bewerberin an den Rollstuhl gebunden, aber voll arbeitsfähig ist. Die Bewerbungen bezogen sich ausschließlich auf Stellen, die für Rollstuhlfahrer geeignet sind, beispielsweise im Sekretariat, in der Buchhaltung oder der IT-Abteilung. Zudem überprüften die Autoren die angeschriebenen Unternehmen auf Barrierefreiheit, um einen möglichen Einfluss der vorhandenen Infrastruktur auszuschließen.
Das Ergebnis: Nur 7,2% der Bewerbungen mit einem Hinweis auf Behinderung erhielten eine Einladung zum Vorstellungsgespräch; bei Bewerbungen ohne einen solchen Hinweis waren es 14,4%. Insgesamt führte die körperliche Einschränkung also zu einer um 50% geringeren Einladungswahrscheinlichkeit. Lediglich bei Programmierern, dem Stellenprofil mit der höchsten Qualifikationsanforderung, war keine Ungleichbehandlung nachzuweisen.
Förderprogramme für Unternehmen zeigen wenig Wirkung
Die Chancen erhöhten sich auch dann nicht, wenn die Bewerber angaben, Anspruch auf finanzielle Mittel aus einem staatlichen Förderprogramm zu haben. Dieses Programm der Provinzregierung von Quebec bietet Unternehmen an, bei der Einstellung von Menschen mit Behinderung bis zu 85% des Gehalts, bis zu 50% der Kosten für den physischen Zugang zum Arbeitsplatz und bis zu 100% der Kosten für einen behindertengerechten Arbeitsplatz zu übernehmen.
Auch in Deutschland gibt es im Rahmen des Bundesteilhabegesetz ein „Budget für Arbeit“, das einen Lohnkostenzuschuss an den Arbeitgeber von bis zu 75% sowie Betreuungsleistungen für Menschen mit Behinderungen enthält. Arbeitgeber können eine Erstattung technischer Hilfsmittel am Arbeitsplatz beantragen und müssen zudem eine Ausgleichsabgabe leisten, wenn sie weniger als die vorgeschriebene Zahl von schwerbehinderten Menschen beschäftigen. Trotz Fortschritten (siehe Grafik) bleibt die Erwerbsquote schwerbehinderter Menschen deutlich hinter der Erwerbsquote der Gesamtbevölkerung zurück, wie ein aktueller Bericht der Bundesagentur für Arbeit zeigt.