Der diesjährige IZA Prize in Labor Economics geht an den US-amerikanischen Ökonomen Lawrence Katz. Der 60-jährige Wirtschaftsprofessor an der Harvard-Universität erhält die mit 50.000 Euro dotierte Auszeichnung für seine herausragenden Forschungsarbeiten zum Einfluss von Bildung und technologischem Wandel auf die Entwicklung der Einkommensungleichheit. Die Preisverleihung findet im Rahmen des Weltkongresses für Arbeitsmarktökonomen am 27. Juni 2020 in Berlin statt.
Zu Katz‘ einflussreichsten Arbeiten zählt seine Analyse der wachsenden Einkommensungleichheit in den USA ab Mitte der 1970er Jahre. Durch die methodisch präzise Aufschlüsselung des Einflusses von Arbeitsangebot und -nachfrage konnte er nachweisen, dass die gestiegenen Qualifikationsanforderungen aufgrund des technischen Fortschritts zu einem Auseinanderdriften der Einkommen von Akademikern und Geringqualifizierten führten. Die von Katz mitentwickelte Methodik bildet bis heute eine wichtige Grundlage für die Ungleichheitsforschung weltweit.
In neueren Studien zur Polarisierung des Arbeitsmarkts wies Katz auf die Gefahr eines „Aushöhlens“ der Mittelschicht hin: Während der technische Fortschritt früher vor allem einfache manuelle Tätigkeiten bedrohte, sank im Zuge der Digitalisierung die Nachfrage nach Beschäftigten mit mittlerer Qualifikation relativ zu Hoch- und Geringqualifizierten. Dass hohe Einkommen dadurch überproportional stiegen, erklärt einen Großteil der wachsenden Einkommensungleichheit in den westlichen Industrieländern.
In den 1990er Jahren zählte Lawrence Katz gemeinsam mit den IZA-Preisträgern von 2006, David Card und Alan Krueger, zu den ersten Ökonomen, die auf einen positiven Beschäftigungseffekt von moderaten Mindestlöhnen hinwiesen und damit der gängigen Lehrmeinung widersprachen. Ebenfalls mit Krueger dokumentierte Katz zuletzt den Zuwachs alternativer Beschäftigungsformen – beispielsweise Zeitarbeit, Werkverträge und Soloselbständigkeit – auf dem US-Arbeitsmarkt. Demnach gewann die „Gig Economy“, die auf Vermittlung von Arbeitsaufträgen über Online-Plattformen basiert, zwar seit 2005 als zusätzliche Verdienstmöglichkeit an Bedeutung, verdrängte jedoch reguläre Beschäftigung bislang nur in sehr geringem Maße.
Besonders hohen Wert legt Katz neben innovativen Datenanalysen auf die sozialpolitischen Implikationen seiner wissenschaftlichen Arbeit. Als Forschungsleiter des groß angelegten US-Sozialprojekts „Moving to Opportunity“ evaluierte er in einer ganzen Reihe von Studien, wie sich der staatlich geförderte Umzug ärmerer Familien aus sozialen Brennpunkten in bessere Wohnviertel auf deren Wohlergehen auswirkt. Die Auswertung der langfristigen Einkommenseffekte unterstreicht, dass Maßnahmen zur Förderung der Chancengleichheit im frühen Kindesalter ansetzen sollten: Während Erwachsene und ältere Jugendliche kaum von dem veränderten Wohnumfeld profitierten, verbesserten sich die späteren Verdienstaussichten von Kindern unter 13 Jahren deutlich.
„Der IZA-Preis 2020 würdigt das Lebenswerk eines herausragenden Ökonomen, der in idealer Weise das verkörpert, was für uns als Institut und weltweites Wissenschaftsnetzwerk im Vordergrund steht: Exzellente empirische Forschung mit hoher Relevanz für die Arbeitsmarktpolitik“, erklärt IZA-Chef Hilmar Schneider.
Die vollständige Preisbegründung ist in englischer Sprache abrufbar.