Neben Kurzarbeit sind Steuerstundungen und andere Liquiditätshilfen für notleidende Unternehmen laut Experteneinschätzungen in der aktuellen Phase der Corona-Pandemie die für Deutschland hilfreichsten Politikinstrumente zur Abfederung der negativen Arbeitsmarkteffekte. Beide Instrumente wurden von jeweils über 80 Prozent der im Rahmen des „IZA Expert Panel“ befragten deutschen Arbeitsökonominnen und -ökonomen als „äußerst nützlich“ oder „sehr nützlich“ beurteilt.
Gegenüber öffentlichen Ausgabenprogrammen zur Stimulierung der Wirtschaft zeigen sich die Fachleute vergleichsweise skeptisch: Weniger als 40 Prozent bescheinigen diesen Maßnahmen einen hohen Nutzen. Sozialtransfers ohne Bedürftigkeitsprüfung (beispielsweise in Form von „Helikoptergeld“) halten sogar nur rund fünf Prozent für besonders geeignet zur Linderung der Corona-Folgen.
Im Vordergrund sollten demnach zum jetzigen Zeitpunkt Maßnahmen zur Beschäftigungssicherung stehen, die darauf abzielen, Firmenpleiten und Entlassungswellen zu verhindern. So beurteilen weniger als 15 Prozent der Befragten eine Aufstockung der Arbeitslosenunterstützung oder eine Intensivierung der aktiven Arbeitsmarktpolitik als aktuell besonders hilfreich.
Tabelle 1: Experteneinschätzungen der Maßnahmen im Ländervergleich
Quelle: IZA Expert Panel 2020. Anm.: Die Prozentwerte zeigen an, wie häufig die jeweilige Maßnahme als „extrem nützlich“ oder „sehr nützlich“ eingeschätzt wird. Die Top-3-Maßnahmen je Land sind farbig markiert. Anzahl der Befragten: 57 (Deutschland), 53 (Großbritannien), 55 (Italien/Spanien), 132 (USA).
Bei der Bewertung der Krisenmaßnahmen für die nationalen Arbeitsmärkte zeigen sich teils deutliche Länderunterschiede (siehe Tabelle 1). Während in Deutschland das Kurzarbeitergeld, das sich schon in der Finanzkrise als probates Mittel zur Beschäftigungssicherung erwiesen hat, die Liste der als nützlich eingeschätzten Maßnahmen anführt, rangieren Liquiditätshilfen für Unternehmen in Großbritannien, Italien und Spanien auf dem ersten Platz. Auch andere staatliche Ausgabenprogramme mit breiterer Streuung werden hier im Durchschnitt positiver bewertet als in Deutschland.
Am gravierendsten fallen jedoch die Unterschiede zwischen Deutschland und den USA aus. Zwei Drittel der US-Fachleute sehen den größten Nutzen in aufgestockten Unterstützungsleistungen für Arbeitslose; knapp die Hälfte beurteilt Sozialtransfers ohne Bedürftigkeitsprüfung als sehr oder sogar äußerst nützlich. Naheliegende Erklärungen sind der schwache Kündigungsschutz und das geringe Niveau sozialer Sicherung in den USA. Da die US-Arbeitslosigkeit infolge massiver Entlassungen zum Zeitpunkt der Befragung bereits drastisch gestiegen war, kommt der Unterstützung von Betroffenen dort eine höhere Bedeutung zu als der Sicherung von Beschäftigung.
Über das IZA Expert Panel
Für das Panel werden die Mitglieder des weltweiten IZA-Forschungsnetzwerks nach ihren Einschätzungen zu den Arbeitsmarktfolgen der Corona-Pandemie in ihren jeweiligen Ländern gefragt. An der Mitte Mai 2020 durchgeführten ersten Befragungswelle nahmen mehr als 500 Ökonominnen und Ökonomen aus rund 50 Ländern teil. Weitere Ergebnisse werden in Kürze veröffentlicht.