Die gigantischen Gewinne der großen Internetkonzerne befeuern die öffentliche Debatte über eine geeignete Besteuerung in der zunehmend globalisierten digitalen Welt. Etablierte Konzepte wie „wirtschaftliche Zugehörigkeit“, „Mehrwert“ und „Umsatzsteuer“ stoßen an ihre Grenzen, wenn Unternehmen weltweit mit Online-Angeboten Gewinne machen, aber ihren Hauptsitz frei wählen.
Wo nehmen Unternehmen öffentliche Güter in Anspruch, und wo sollten sie demnach besteuert werden? Wie muss die Umsatzsteuer definiert werden, wenn Verbraucher eine datenbasierte Plattform nutzen, ohne dafür zu zahlen? Was ist eine brauchbare Definition von Mehrwert, wenn Nutzer nicht im klassischen Sinne Kunden einer Plattform sind, sondern lediglich persönliche Daten liefern, die anschließend monetarisiert werden?
Fragen wie diese hat die Politik allzu lange ignoriert. Zuletzt haben jedoch Bundeskanzlerin Angela Merkel wie auch die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles angekündigt, „Big Data“ besteuern zu wollen. Während die Äußerungen von Angela Merkel die Einführung einer Geldsteuer nahelegen, gehen die Vorschläge von Andrea Nahles in Richtung einer Datensteuer, bei der Daten als ein Gemeingut öffentlich gemacht werden. Ein ähnlicher Vorschlag wurde in einem bereits 2015 erschienenen Artikel für die IZA World of Labor über die Nutzbarkeit von Google-Trends-Daten vorgestellt:
„…Regierungen müssen Unternehmen ermutigen und gegebenenfalls auch verpflichten, etwa in Form einer Datensteuer, ihre großen Datenmengen in aggregierter Form unter Wahrung legitimer Unternehmensinteressen und Datenschutzanforderungen für die Gesellschaft nutzbar zu machen.“
Nach Nahles‘ Vorschlag eines „Daten-für-alle-Gesetzes“ soll ein Digitalkonzern, sobald er einen festgelegten Marktanteil für eine bestimmte Zeit überschreitet, einen „anonymisierten und repräsentativen Teil seines Datenschatzes öffentlich teilen“. Eine solch innovative politische Auseinandersetzung mit der Datenrevolution war längst überfällig. Während der Nahles-Vorschlag der Idee einer „Datensteuer“ sehr nahe kommt, erinnert die Bemessungsgrundlage an die „Draft Lottery“ der amerikanischen Basketballliga NBA, bei der schwächere Konkurrenten bewusst gestärkt werden.
Ein großer Vorteil der Digitalisierung liegt darin, dass sie Märkte effizienter macht, indem sie Angebot und Nachfrage durch Netzwerkeffekte gezielter zusammenbringt. So kann etwa der Fahrgastdienst Uber anhand von Datenströmen vorhersagen, wann und wo eine Nachfrage nach Taxis entstehen wird. In diesen Fällen kommt dem führenden Anbieter häufig eine marktbeherrschende Stellung zu. So dominiert Google den Suchmaschinenmarkt, Facebook die privaten sozialen Medien und LinkedIn die beruflichen sozialen Medien.
Unternehmen der Digitalwirtschaft agieren gewissermaßen als „Datenraffinerien“, die das Humankapital eines Landes als „Rohdaten“ verwenden (die ähnlich wie Infrastruktur eine Art öffentliches Gut darstellen), um gewinnbringende Dienstleistungen anzubieten. Eine geeignete Besteuerung könnte in Form von Daten erfolgen, die andere Unternehmen wiederum nutzen könnten, um konkurrierende, ergänzende und im besten Fall frei verfügbare Dienste aufzubauen.
Ein Anschauungsbeispiel liefert Google Trends: Hier bleiben die Mikrodaten zum Nutzerverhalten bei Google, während die aggregierten Daten von Forschern verwendet werden können, um sozioökonomische Phänomene zu analysieren. Mit dieser selbst auferlegten Datenbesteuerung hat Google nicht nur ein wertvolles öffentliches Gut bereitgestellt, sondern auch selbst davon profitiert. Denn Google kann die Erkenntnisse der akademischen Forschung wiederum nutzen, um die eigenen Suchalgorithmen zu verbessern. Eine gut durchdachte Datensteuer könnte somit einer zunehmend auf Daten angewiesenen Wirtschaft wie auch der Allgemeinheit dienlich sein.