Ein wichtiger Bestandteil der Energiewende in Europa und den USA ist die umfassende Sanierung und Modernisierung bestehenden Wohnraums. Die EU stellt im Rahmen des European Green Deal das sogenannte Renovation Wave Program mit einer Fördersumme von 275 Milliarden Euro bereit. Auch in der aktuellen US-Gesetzgebung zur Ausbau der Infrastruktur und Abbau der Inflation sind umfangreiche öffentliche Mittel zur Verbesserung der Energieeffizienz von Wohngebäuden vorgesehen.
Bei der Kosten-Nutzen-Analyse solcher staatlichen Förderprogramme stehen meist ökologische Aspekte im Vordergrund. Dabei können effiziente Dämmung oder moderne Heizungen auch das körperliche Wohlbefinden verbessern – mit immensem Einsparungspotenzial bei den Gesundheitskosten, wie ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Steffen Künn und Juan Palacios belegt.
Fallstudie zum Aufbau Ost
Die Forscher berechnen am Beispiel der Renovierungswelle in den neuen Bundesländern nach der Wiedervereinigung, wie sich das groß angelegte KfW-Programm zur Wohnraummodernisierung auf die Gesundheit der Menschen ausgewirkt hat. Über einen Zeitraum von sieben Jahren wurden mit 40 Milliarden Euro an Fördermitteln 3,6 Millionen Wohnungen – etwa die Hälfte des gesamten ostdeutschen Wohnungsbestandes – saniert. Im Mittelpunkt stand dabei die Instandsetzung von Dächern, Fassadendämmungen und Heizsystemen.
Gute Gebäudedämmungen und funktionierende Heiz- und Klimasysteme können sich positiv auf die Gesundheit insbesondere älterer Menschen auswirken. So kann ein stabileres Innenraumklima und damit ein verbesserter Schutz gegen extreme Außentemperaturen Probleme mit dem Herz-Kreislauf-System verhindern. Die Forscher untersuchen daher, ob sich die Krankheitskosten durch die Wohnraummodernisierung verringert haben könnten.
Um einen solchen Effekt nachweisen zu können, nutzten die Studienautoren neben repräsentativen Daten aus dem sozioökonomischen Panel (SOEP) auch Verwaltungsdaten zu Krankenhauseinweisungen sowie detaillierte Wetterdaten.
Bessere Heizung und Dämmung schützt die Gesundheit Älterer
Die Auswertung zeigt: In der Altersgruppe der über 45-Jährigen ging die Anzahl der kreislaufbedingten Krankenhauseinweisungen deutlich zurück – pro zusätzlich ausgeschütteten 100 Euro an Fördergeld im Schnitt um zwei Prozent. Hochgerechnet ergibt sich daraus eine Summe von etwa 180 Millionen Euro an eingesparten Gesundheitskosten aufgrund des KfW-Programms.
Die Forscher ermitteln außerdem, dass der verbesserte Schutz gegen extreme Kälte und Hitze maßgeblich zum Rückgang an Krankenhausaufenthalten beigetragen hat. In der Altersgruppe der 45- bis 64-Jährigen ist der Effekt in Zeiträumen mit extremen Temperaturen besonders ausgeprägt.
Nach Einschätzung der Autoren kommt der gesundheitliche Aspekt in der Diskussion um Kosten und Nutzen staatlicher Förderprogramme zu kurz. Neben dem Energiesparen sei die Kostenersparnis im Gesundheitssystem – ganz abgesehen vom individuellen Nutzen besserer Gesundheit – nicht zu unterschätzen.