Die Zulassungsbeschränkungen für Vertragsärztinnen und Vertragsärzte in Deutschland zielen darauf ab, eine gleichmäßige Verteilung medizinischer Leistungen zu gewährleisten, indem Überversorgung in attraktiven städtischen Gebieten verhindert und die medizinische Versorgung in ländlichen Regionen gefördert wird. Allerdings können solche Beschränkungen unbeabsichtigt den Wettbewerb reduzieren und so die Servicequalität beeinträchtigen.
Ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Eduard Brüll, Davud Rostam-Afschar und Oliver Schlenker analysiert, wie die Verringerung des Wettbewerbsdrucks – also die Einschränkung des Marktzugangs für neue Hausärztinnen und Hausärzte – das Verhalten und die Versorgungsqualität bestehender Hausärzte beeinflusst.
Weniger Wettbewerbseinfluss, gleiche Anzahl an Hausärzten
Die Studie untersucht das deutsche Bedarfsplanungssystem, bei dem Planungsbereiche mit einem Versorgungsgrad von über 110 Prozent für neue Zulassungen gesperrt werden. Diese Regelung bewirkt, dass die Wahrscheinlichkeit für einen neuen Praxiseintritt um 20 Prozentpunkte abnimmt. Die tatsächliche Hausarztdichte pro Einwohner bleibt jedoch unverändert.
Lokale Monopolisten senken die Servicequalität
In Regionen ohne unmittelbare Konkurrenz – sogenannte lokale Monopole – reagieren Hausärzte auf die geringere Bedrohung durch Wettbewerb mit einer spürbaren Abnahme der Servicequalität. Patienten in diesen Gebieten bemängeln eine geringere Freundlichkeit und Aufmerksamkeit der Ärzte, kürzere Konsultationszeiten sowie eine niedrigere Qualität der ärztlichen Beratung. In ohnehin wettbewerbsintensiven Regionen bleibt das Verhalten der Ärzte hingegen weitgehend unverändert, da dort trotz Zulassungsbeschränkungen weiterhin direkte Konkurrenz herrscht.
Keine Auswirkungen auf Arbeitszeiten oder Gesundheitsindikatoren
Die Zulassungsbeschränkungen haben weder Auswirkungen auf die Arbeitszeiten der Hausärzte noch auf die Menge der von ihnen erbrachten Leistungen. Dies ist vor allem dem Vergütungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) geschuldet. Auch die soziodemografischen Merkmale der Hausärzte, wie Alter, Geschlecht oder Beschäftigungsform, bleiben unverändert.
Gesundheitsindikatoren auf überregionaler Ebene, etwa Hospitalisierungs- oder Sterberaten, zeigen ebenfalls keine signifikanten Veränderungen. Der Grund dafür dürfte darin liegen, dass lediglich rund 20 Prozent der Hausärzte in Regionen ohne Konkurrenz tätig sind, wodurch der gesamtgesellschaftliche Einfluss dieser Regelungen begrenzt bleibt.
Politische Implikationen: Zugang und Qualität in Einklang bringen
Die Ergebnisse verdeutlichen einen zentralen Zielkonflikt: Zwar tragen Zulassungsbeschränkungen dazu bei, die regionale Versorgung zu sichern, doch in Gebieten mit geringem Wettbewerb führen sie häufig zu einer Abnahme der Servicequalität. Um diesen Konflikt zu lösen, schlagen die Autoren verschiedene Maßnahmen vor:
- Leistungsbasierte Anreize einführen: Ärzte sollten für hohe Servicequalität belohnt werden, auch in Regionen mit geringem Wettbewerb.
- Unterstützung für unterversorgte Gebiete: Finanzielle Anreize, Weiterbildungsmöglichkeiten und Investitionen in die Infrastruktur könnten qualifizierte Ärzte in diese Regionen locken.
- Regelmäßige Überprüfung der Zulassungsbeschränkungen: Schwellenwerte sollten anhand von Patientenfeedback und Qualitätsindikatoren kontinuierlich angepasst werden.
- Wettbewerb innerhalb von Regionen fördern: Benchmarking oder die Zusammenarbeit zwischen Hausärzten könnte den Wettbewerb auch in Regionen mit Zulassungsbeschränkungen simulieren.
Fazit: Wettbewerb bleibt entscheidend für die Servicequalität
Zulassungsbeschränkungen erfüllen zwar das Ziel einer gleichmäßigen Versorgung, schwächen jedoch den Wettbewerb und ermöglichen es Ärzten in lokalen Monopolstellungen, ihre Servicequalität zu senken. Für eine hochwertige Gesundheitsversorgung ist es daher unerlässlich, die geeignete Balance zwischen Versorgungsgerechtigkeit und Wettbewerb zu schaffen. Denn auch in regulierten Märkten bleibt der Erhalt von Wettbewerbsanreizen ein zentraler Faktor, um hohe Standards in der Patientenversorgung zu gewährleisten.