Bei staatlichen Unterstützungsleistungen stellt sich oft die Frage, inwieweit Geldzahlungen an bestimmte Bedingungen wie die Bereitschaft zur Arbeitsaufnahme geknüpft werden sollten. Gerade viele Entwicklungsländer setzen bei der Armutsbekämpfung inzwischen zunehmend auf bedingungslose Sozialtransfers, auch um den bürokratischen Aufwand gering zu halten und das Selbstwertgefühl der Menschen zu stärken.
Die Forschung zeigt, dass solche Programme positive Effekte auf den Bildungserfolg sowie die körperliche und seelische Gesundheit haben können, ohne sich maßgeblich auf das Arbeitsangebot auszuwirken. Allerdings konzentriert sich die wissenschaftliche Evidenz dazu bislang auf Entwicklungsländer mit meist weniger komplexen Arbeitsmarktinstitutionen und schwächer ausgeprägten sozialen Sicherungssystemen.
In einem aktuellen IZA-Forschungspapier liefern Timo Verlaat, Federico Todeschini und Xavier Ramos neue Erkenntnisse aus Spanien. Die Studie evaluiert das Pilotprojekt B-MINCOME, das relativ großzügige, bedingungslose Geldzahlungen an bedürftige Haushalte in sozial benachteiligten Stadtvierteln Barcelonas gewährte.
Abhängig von Einkommen und Familienstand erhielten die Haushalte im Schnitt 500 Euro monatlich, was etwa der Hälfte des Mindestlohneinkommens und 90 Prozent des bisherigen Einkommens der betreffenden Haushalte entspricht. Um die Beschäftigungseffekte messen zu können, wurden teilnehmende Haushalte im Rahmen einer zweijährigen randomisierten Kontrollstudie zufällig ausgewählt und verschiedene Aspekte wie Hinzuverdienstregelungen und Maßnahmen zur Arbeitsmarktaktivierung variiert.
So konnten die Forscher signifikante negative Effekte auf die Arbeitsmarktteilnahme ermitteln, die bei Bezug des bedingungslosen Sozialtransfers um 20 Prozent geringer ausfiel als in vergleichbaren Haushalten ohne Leistungsbezug. Auch die Wahrscheinlichkeit, dass mindestens ein Haushaltsmitglied erwerbstätig war, sank gegenüber der Kontrollgruppe um 14 Prozent. Großzügigere Hinzuverdienstregelungen, bei denen jeder zusätzlich verdiente Euro nur zu 25 bis 35 Prozent statt vollumfänglich auf die Transferzahlung angerechnet wurde, konnten den Rückgang der Erwerbsbeteiligung zwar abschwächen, nicht jedoch verhindern. Besonders bemerkenswert: Die negativen Beschäftigungseffekte hielten selbst sechs Monate nach Programmende noch an.
Diese Ergebnisse stehen in scheinbarem Widerspruch zu Befunden aus Finnland und Italien, wo für ähnliche Programme kaum negative Beschäftigungseffekte gemessen wurden. Ein Hauptunterschied besteht nach Einschätzung der Forscher in der Höhe der Transferleistungen: Während die B-MINCOME-Transfers je nach Haushaltszusammensetzung bis zu 130 Prozent des Mindestlohneinkommens ausmachen konnten, belief sich das bedingungslose Grundeinkommen im finnischen Experiment lediglich auf den Grundbetrag der Arbeitslosenunterstützung, während es im italienischen Beispiel um noch geringere Beträge von maximal 3.600 Euro im Jahr ging. Erschwerend kam bei B-MINCOME hinzu, dass ein mögliches Erwerbseinkommen zum Teil auf die Transferleistungen angerechnet wurde, was die Arbeitsanreize zusätzlich reduzierte.
Allerdings betraf der Rückgang der Erwerbsbeteiligung fast ausschließlich Haushalte mit Kindern. Die Studienautoren weisen daher darauf hin, dass ein solcher Effekt sogar gesellschaftlich erwünscht sein könne, wenn Eltern dadurch in die Lage versetzt würden, sich intensiver um ihre Kinder zu kümmern. Langzeitauswertungen sollten daher neben den Beschäftigungswirkungen auch etwaige positive Effekte auf Bildung, Gesundheit oder Risikoverhalten der Kinder aus sozial benachteiligten Familien in den Blick nehmen.