Die wirtschaftlichen Vorteile eines Hochschulabschlusses sind in den letzten Jahrzehnten erheblich gestiegen. Allerdings bestehen weiterhin deutliche Unterschiede in den Bildungsabschlüssen zwischen verschiedenen ethnischen und sozioökonomischen Gruppen – und diese haben sich in einigen Fällen sogar verschärft.
Ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Riley Acton, Kalena E. Cortes, Lois Miller und Camila Morales beleuchtet einen entscheidenden, aber oft übersehenen Faktor: den geografischen Zugang zu Bildungseinrichtungen. Die Ergebnisse zeigen, wie die Nähe zu Hochschulen die Bildungsentscheidungen und Abschlüsse junger Menschen in den USA beeinflusst – mit negativen Folgen für unterrepräsentierte Gruppen.
Was sind „Community Colleges“ – und warum sind sie wichtig?
In den USA spielen sogenannte Community Colleges eine zentrale Rolle im Bildungssystem. Diese öffentlichen Hochschulen bieten zwei Jahre dauernde Associate Degrees (vergleichbar mit einem Fachhochschulabschluss) sowie Kurse an, die auf einen späteren Wechsel an eine Universität vorbereiten. Im Gegensatz zu Universitäten, die oft größere finanzielle und zeitliche Verpflichtungen erfordern, sind Community Colleges kostengünstiger, flexibler und oft näher am Wohnort der Studierenden gelegen. Sie dienen insbesondere einkommensschwachen und ethnischen Minderheiten als Einstieg in die Hochschulbildung und ermöglichen es vielen, später einen Bachelor-Abschluss an einer Universität zu erlangen.
Bildungswüsten: Wo Hochschulen fehlen
Die Studie untersuchte, wie sich das Leben in sogenannten „Community College Deserts“ – Gebieten ohne ein Community College in 30 Minuten Fahrdistanz – auf die Studienentscheidungen auswirkt. Mit Daten von texanischen Schulabsolvent:innen aus den Jahren 2013 bis 2017 zeigt die Analyse, dass junge Menschen in diesen Bildungswüsten erhebliche Nachteile haben. Die Wahrscheinlichkeit, innerhalb von sechs Jahren nach dem Schulabschluss einen Associate Degree zu erwerben, sinkt für sie um 2,7 Prozentpunkte. Dieser Rückgang ist auf niedrigere Einschreibungsquoten und eine geringere Anzahl an während des Studiums erworbenen Kreditpunkten zurückzuführen.
Wer leidet am meisten unter fehlendem Zugang?
Die Auswirkungen eines begrenzten Zugangs zu Community Colleges sind stark von der ethnischen und sozioökonomischen Zugehörigkeit der Studierenden abhängig. Wohlhabendere weiße Studierende und solche asiatischer Herkunft kompensieren den Mangel an Community Colleges oft durch die direkte Einschreibung an Universitäten. Für sie bleibt Hochschulabschlussquote insgesamt stabil.
Einkommensschwache, schwarze und hispanische Studierende hingegen verzichten oft vollständig auf ein Studium, wenn kein Community College in der Nähe verfügbar ist. Dies führt dazu, dass sie sowohl seltener Associate Degrees als auch Bachelor-Abschlüsse erreichen. Community Colleges fungieren hier als entscheidender Zugangspunkt, der ohne Alternativen zu erheblichen Bildungsdefiziten führen kann.
Insgesamt sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass Studierende aus unterrepräsentierten Minderheiten (Black, Hispanic, Native American) einen Hochschulabschluss erlangen, um 3,3 Prozentpunkte, wenn sie in einer Community College Desert leben. Für einkommensschwache Studierende beträgt dieser Rückgang 2,6 Prozentpunkte. Dieser negative Effekt lässt sich bis zu acht Jahre nach Schulabschluss nachweisen.
Community Colleges als Motor für Chancengleichheit
Die Ergebnisse unterstreichen die „demokratisierende“ Rolle der Community Colleges im amerikanischen Bildungssystem. Sie bieten einkommensschwachen und ethnischen Minderheiten oft den einzigen Zugang zu höherer Bildung und dienen als Brücke zu einem späteren Bachelor-Abschluss.
Um bestehende Bildungsungleichheiten zu verringern, empfiehlt die Studie, den geografischen Zugang zu Community Colleges zu verbessern. Dies könnte durch den Ausbau von Standorten in wirtschaftlich und ethnisch diverseren Regionen geschehen. Ebenso könnten gezielte politische Maßnahmen, wie kostenlose Transportmöglichkeiten oder finanzielle Unterstützung für den Wohnortwechsel, dazu beitragen, den Zugang zu Hochschulbildung zu erleichtern.