Der Nutzen hochqualifizierter Zuwanderung für die heimische Wirtschaft ist wissenschaftlich vielfach belegt und angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels weitgehend unumstritten. Weniger Einigkeit besteht hinsichtlich der Arbeitsmarktwirkungen ungelernter Arbeitskräfte aus dem Ausland. Nehmen sie Einheimischen die Jobs weg und drücken die Löhne? Oder stellen sie eine wertvolle Ergänzung dar, indem sie Tätigkeiten übernehmen, für die sich nicht ausreichend einheimisches Personal finden lässt?
Neue Antworten auf diese Fragen liefert ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Michael Clemens und Ethan Lewis auf der Grundlage von US-Unternehmensdaten. In den USA können Unternehmen temporäre Arbeitsgenehmigungen für geringqualifizierte Arbeitskräfte aus dem Ausland im Rahmen einer Visa-Lotterie erhalten. Die rund 100.000 Visa pro Jahr sind nutzbar beispielsweise für Hilfstätigkeiten im Gastgewerbe, in der Forstwirtschaft, auf dem Bau oder in der industriellen Fertigung. Ausgenommen ist der Agrarsektor – für saisonale Erntehelfer gibt es Sonderregelungen.
Ob ein Unternehmen ausländische Arbeitskräfte einstellen darf, ist somit eine Frage des „Losglücks“. Dank dieses Zufallsprinzips können die Forscher einen kausalen Zusammenhang ermitteln, indem sie ähnliche Unternehmen vergleichen, die Arbeitsgenehmigungen erhalten – oder eben nicht. Die Analyse zeigt zunächst: Ein um 50 Prozent geringeres Kontingent an ausländischen Arbeitskräften, die ein Unternehmen einstellen darf, führt zu Produktionseinbußen von neun Prozent. Vor allem aber wird anhand des Vergleichs deutlich, dass Unternehmen mit „Lospech“ bei der Visa-Lotterie die Lücke nicht etwa mit einheimischen Arbeitskräften füllen. Tendenziell stellen sie sogar eher weniger Personal aus dem Inland ein.
Die Autoren schließen daraus, dass auch geringqualifizierte Zuwanderer auf dem Arbeitsmarkt komplementär wirken. Das heißt, sie schaden den Jobaussichten der einheimischen Erwerbsbevölkerung nicht, sondern verbessern sie allenfalls. Ein gesamtwirtschaftlicher Effekt auf die Produktion lässt sich anhand der Daten jedoch nicht ermitteln, da die Studie nur Unternehmen untereinander vergleicht. Auch auf Deutschland sind die Ergebnisse angesichts der unterschiedlichen arbeits- und sozialrechtlichen Rahmenbedingungen nicht ohne Weiteres übertragbar.