Klamme öffentliche Kassen und fehlende Pflegefachkräfte führen in vielen alternden Gesellschaften dazu, dass immer mehr pflegebedürftige Menschen durch Angehörige betreut werden. In England und Wales beispielsweise sind rund 5,8 Millionen Menschen (etwa jeder zehnte Bürger) in die Pflege von Familienmitgliedern eingebunden. Insbesondere die Rund-um-die-Uhr-Betreuung hat im letzten Jahrzehnt massiv zugenommen – mit immensen Kosten für die Betroffenen.
Zu den direkten monetären Kosten in Form von zusätzlichen Aufwendungen und entgangenem Arbeitseinkommen kommen die psychologischen und emotionalen Kosten der Betreuung, die schwer in Geld zu bemessen sind.
Rebecca McDonald (University of Birmingham) und IZA-Fellow Nattavudh Powdthavee (Warwick Business School) nutzen daher die sogenannte „Wellbeing-Valuation“-Methode, um den „Schattenpreis“ der Pflege zu ermitteln. Mit diesem statistischen Verfahren lässt sich das fiktive zusätzliche Einkommen berechnen, dass notwendig wäre, um den Verlust an Lebensqualität auszugleichen, der durch die Pflege von Angehörigen entsteht.
Um den direkten Effekt der Pflegetätigkeit zu messen, konzentrieren sich die Forscher auf Fälle, bei denen infolge eines Unfalls ein akuter und unerwarteter Pflegebedarf auftrat. Anhand von umfangreichen Befragungsdaten zu Wohlbefinden und Lebenszufriedenheit errechnen die Autoren, dass die pflegenden Angehörigen im Schnitt rund 115.000 Euro an Zusatzeinkommen pro Jahr benötigen würden, um den Verlust an subjektivem Wohlbefinden auszugleichen, der durch die Pflegesituation entsteht und über die emotionale Belastung durch das Unfallereignis selbst hinausgeht.
Auch wenn es sich bei dieser Summe um einen statistischen Wert handelt, raten die Autoren, die versteckten Kosten nicht zu unterschätzen, wenn es etwa darum geht, durch eine stärkere Einbeziehung der Angehörigen die finanziellen Kosten der Pflege einzudämmen.