Trotz der häufiger gezeichneten Horrorszenarien von wachsender Altersarmut und kollabierendem Rentensystem sieht eine große Mehrheit der deutschen Bevölkerung ihre künftige Rentensituation recht entspannt. Allerdings erwartet rund ein Viertel der Personen mittleren Alters, ihren Lebensstandard im Alter stark einschränken zu müssen. Das sind zentrale neue Ergebnisse der breit angelegten Studie „Arbeiten in Deutschland“, die das IZA gemeinsam mit der XING AG durchführt. Die aktuelle Auswertung basiert auf einer repräsentativen Stichprobe von rund 1.650 Befragten zwischen 25 und 54 Jahren – also einer Personengruppe, die noch „mitten im Erwerbsleben“ steht.
Der Traum vom frühen Ruhestand lebt weiter
Dabei zeigt sich zunächst, dass 83% der Befragten noch keine konkreten Pläne haben, wann sie in Rente gehen werden. Bei den jüngeren Personen im Alter von 25 bis 39 Jahren liegt dieser Anteil sogar bei fast 90%, während er in der älteren Altersgruppe von 40 bis 54 Jahren immer noch 78% beträgt.
Der Traum vom frühen Ruhestand scheint allerdings nach wie vor weit verbreitet. Bei den Personen, die dazu Angaben gemacht haben, liegt das geplante Renteneintrittsalter im Durchschnitt bei 62,6 Jahren. Hier gibt es keine auffallenden Unterschiede zwischen den betrachteten Altersgruppen. Nach Ansicht der Forscher zeigt dieser Befund, dass sich die vorgesehene Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre noch nicht in den individuellen Planungen und Erwartungen der betroffenen Arbeitnehmer widerspiegelt.
Die Jugend baut fürs Alter vor
Die jüngere Generation ist sich jedoch bewusst, dass die gesetzliche Rente keine ausreichende finanzielle Absicherung im Alter bieten wird. Nur jeder vierte Befragte gibt an, bei den Alterseinkünften ausschließlich auf die gesetzliche Rente zu setzen. Unter den 25- bis 39-Jährigen beträgt dieser Anteil 20%. Gleichzeitig erwarten in dieser Altersgruppe mehr als 40% der Befragten, dass die gesetzliche Rente nur eine untergeordnete Rolle bei ihren Alterseinkünften spielen wird. Bei den Personen im Alter von 40 bis 54 Jahren beläuft sich dieser Anteil auf etwa 35%.
Somit wird die gesetzliche Rente zwar mehrheitlich weiterhin als zentraler Baustein für die Altersvorsorge angesehen, doch mehr als ein Drittel der Menschen geht inzwischen nicht mehr davon aus, ihre Einkünfte im Alter ausschließlich oder überwiegend daraus zu beziehen.
Mehrheit erwartet kaum Einschränkungen im Alter
Trotz des verbreiteten Wunsches nach einem frühen Renteneintritt und der Skepsis gegenüber der gesetzlichen Rente ist die jüngere Generation grundsätzlich optimistisch und vertritt mehrheitlich die Auffassung, ihren Lebensstandard im Alter voll oder annähernd erhalten zu können. Insgesamt 74% der Personen im Alter von 25 bis 54 Jahre gehen davon aus, sich nach ihrem Ruhestand materiell nicht stark einschränken zu müssen. Umgekehrt heißt das aber auch, dass etwa jeder vierte Befragte starke Einschränkungen beim Lebensstandard im Alter erwartet. Dies gilt insbesondere für Haushalte mit geringem Einkommen, wobei Frauen in dieser Frage insgesamt pessimistischer sind als Männer.
Darüber hinaus zeigt sich, dass Personen im Alter von 25 bis 39 Jahren die Entwicklung ihres Lebensstandards grundsätzlich positiver einschätzen als die Gruppe im Alter von 40 bis 54 Jahren. So fällt der Anteil der Personen, die vom Erhalt ihres Lebensstandards im Alter ausgehen, in der jüngeren Altersgruppe um rund 10 Prozentpunkte höher aus als bei älteren Personen.
Konzentration auf wirkliche Problemlagen geboten
Nicht die gesamte Gesellschaft ist also von materiellen Verlustängsten im Alter betroffen, und auch die verbreiteten Katastrophenszenarien führen nicht zu einer allgemeinen Verunsicherung der Bevölkerung in der Rentenfrage. Dennoch deuten sich Probleme an, die genau analysiert werden müssen.
Prof. Dr. Hilmar Schneider, Leiter des Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA): „Die Konzentration auf wirkliche Problemlagen ist das Gebot der Stunde. Unsere Ergebnisse zeigen deutlich, dass nicht die Gesellschaft insgesamt mit Blick auf ihre finanzielle Lage im Alter verunsichert ist, sondern dass dies tatsächlich nur einen eher kleinen Personenkreis betrifft. Genau für diese Menschen gilt es, Lösungen zu entwickeln.“
Weitere Ergebnisse der IZA/XING-Studie: