Die Fluchtmigration der Jahre 2015/2016 hat die Arbeitsmarktpolitik in Deutschland vor große Herausforderungen gestellt. Um die Integration der Geflüchteten in den Arbeitsmarkt zu unterstützen, wurden verschiedene gesetzliche Fördermaßnahmen genutzt und zum Teil entsprechend angepasst.
Haben sich die Maßnahmen – und die involvierten institutionellen Akteure – in dieser außerordentlichen Belastungsprobe bewährt, oder sind Fehlentwicklungen und politischer Korrekturbedarf festzustellen? Sind die einzelnen Instrumente effektiv in dem Sinne, dass sie bei den geförderten Personen zu stärkeren Verbesserungen der Integration in Arbeitsmarkt und die Gesellschaft führen als bei ungeförderten Geflüchteten? Und ist ihr Einsatz wirtschaftlich effizient, oder übersteigen die Kosten den Nutzen?
Diese Aspekte standen im Zentrum eines vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) in Auftrag gegebenen Forschungsprojekts. Jetzt hat die damit befasste Forschungsgruppe unter Federführung des IZA und Beteiligung von IAB, IAQ, IAW und RWI den Schlussbericht zur „Begleitevaluation der arbeitsmarktpolitischen Integrationsmaßnahmen für Geflüchtete“ vorgelegt. Analysiert wurde neben den Fördermaßnahmen nach SGB II (Jobcenter) und SGB III (Agenturen für Arbeit) auch, ob Faktoren wie die Sprachförderung oder organisatorische Merkmale die Maßnahmenwirksamkeit verstärken oder hemmen.
Die Gesamtschau der Evaluationsergebnisse zeigt: Der Einsatz der arbeitsmarktpolitischen Integrationsmaßnahmen hat die Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten zwischen September 2017 und Dezember 2020 – trotz der Corona-Pandemie – deutlich vorangebracht. Dabei sind insbesondere betriebsnahe Maßnahmen wie Eingliederungszuschüsse (EGZ), Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung bei einem Arbeitgeber (MAG) oder die Einstiegsqualifizierung (EQ) sehr wirksam und begünstigen die Eingliederung von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt (siehe Abbildung). Auch die soziale Teilhabe hat sich deutlich verbessert, da mit der Teilnahme an den meisten Integrationsmaßnahmen auch weitere Fortschritte etwa beim Erwerb der deutschen Sprache verbunden waren.
Am Beispiel der EGZ wird das arbeitsmarktpolitische Potenzial der Maßnahmen deutlich: Über einen Zeitraum von 40 Monaten hinweg waren so geförderte Geflüchtete 14 Monate länger in Arbeit und benötigten fast acht Monate früher als Nicht-Geförderte keine sozialen Hilfen mehr. Andere Maßnahmen wie EQ und FbW haben einen starken Investitionscharakter gerade im Hinblick auf Geflüchtete mit geringerer Arbeitsmarktnähe und lassen auf längere Sicht klare Integrationsvorteile erwarten. Nur die so genannten Arbeitsgelegenheiten schneiden in der Evaluation auffallend schlecht ab.
Stärkere Förderung geflüchteter Frauen erforderlich
Weibliche Geflüchtete stehen häufig vor besonders gravierenden Hemmnissen bei der Arbeitsmarktintegration, sei es durch fehlende Alternativen zur privaten Kinderbetreuung oder auch aufgrund kultureller Rollenbilder. Hier zeigt die Studie einerseits, dass geförderte Frauen die erhebliche Geschlechterdifferenz der Beschäftigungsquoten unter den Geflüchteten zumindest merklich verringern können. Andererseits sind sie bislang stark unterproportional unter den Teilnehmenden vertreten. Eine stärkere Genderperspektive der Fördermaßnahmen für Geflüchtete erscheint deshalb sinnvoll, da Frauen mindestens ebenso sehr wie Männer davon profitieren können.
Positive Kosten-Nutzen-Bilanz
Die Evaluation zeigt auch, dass der Maßnahmeneinsatz insgesamt wirtschaftlich ist. Bereits in einer eher kurzen Frist von 40 Monaten erreichen EGZ und die Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung – hier insbesondere die MAG – eine positive gesamtfiskalische Kosten-Nutzen-Bilanz: Einsparungen bei Sozialtransfers und Zusatzeinnahmen an Sozialbeiträgen aufgrund von Erwerbstätigkeit überwiegen die Kosten der Fördermaßnahmen. Bei den anderen Maßnahmen mit positiven Beschäftigungswirkungen werden die Kosten-Nutzen-Bilanzen voraussichtlich über einen Horizont von fünf Jahren nach Maßnahmenbeginn ins Positive drehen.
Empfehlungen an die Politik
Aus ihren Befunden leiten die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine Reihe von Handlungsempfehlungen für die Politik ab. Dazu zählen neben der gezielten Frauenförderung eine systematische Ansprache von Arbeitgebern, um den Erfolg von MAG weiter auszubauen, sowie die Förderung der beruflichen Weiterbildung wo möglich mit einem konkreten Arbeitsangebot zu verbinden. Empfohlen werden auch durchgängig vorgeschaltete Sprachkurse, um die Maßnahmen zur Arbeitsmarktintegration noch effizienter gestalten zu können. Der Betreuungsschlüssel für erwachsene Geflüchtete in der regulären Arbeitsvermittlung sollte angepasst werden, um die Beratungsqualität weiter zu verbessern. Auch eine beschleunigte Anerkennung von formellen und informellen Qualifikationen ist im Kontext der Fluchtmigration von besonderer Bedeutung.