Der gute Chef weiß: Es muss nicht immer mehr Geld sein, um die Angestellten zu höherer Leistung zu motivieren. Auch anerkennende Worte und andere Formen der Wertschätzung wirken sich positiv auf die Produktivität aus. Aber was ist die effektivste Methode? Sollte man alle Beschäftigten mit Lob bedenken oder nur die Besten auszeichnen? Ein aktuelles IZA-Papier legt nahe: Der Mittelweg ist der profitabelste.
Für die Studie führten Christiane Bradler, Robert Dur, Susanne Neckermann und Arjan Non einen Feldversuch mit über 300 Studenten durch. Für eine feste Bezahlung von 25 Euro mussten die Teilnehmer drei Stunden lang Umfrageergebnisse in eine Datenbank eingeben. Jeweils acht Studenten teilten sich einen Raum, jeder arbeitete jedoch für sich allein.
Nach zwei Stunden getaner Arbeit verteilten die Versuchsleiter überraschend Dankeskarten, vom Institutschef persönlich unterzeichnet. Dabei variierten sie den Empfängerkreis: In einigen Gruppen erhielten alle acht Studenten die schriftliche Anerkennung, in anderen nur die drei bis dahin besten Arbeitskräfte bzw. allein der produktivste Mitarbeiter. Anschließend konnten die Forscher ermitteln, wie sich die Produktivität der jeweiligen Gruppen in der verbliebenen Arbeitsstunde entwickelte.
Das Ergebnis: Im Vergleich zur Kontrollgruppe (ganz ohne Dankeskarten) führte die immaterielle Anerkennung in jedem Fall zu einer deutlichen Leistungssteigerung von mindestens fünf Prozent. Erhielten alle acht Studenten eine Karte, arbeiteten sie anschließend um 5,2% produktiver. Die höchste Leistungssteigerung (7,3%) gab es in den Gruppen, deren drei beste Arbeitskräfte ausgezeichnet wurden. Erhielt nur der „Top-Performer“ eine Anerkennung, stieg die Produktivität der gesamten Gruppe um immerhin 5,6%.
Interessanterweise waren es stets die „nicht ausgezeichneten“ Mitarbeiter, die sich besonders ins Zeug legten – obwohl sie dadurch keine Möglichkeit mehr hatten, eine eigene Dankeskarte zu bekommen. Sie erhöhten ihre Leistung um durchschnittlich mehr als 10%, während es die Belobigten nur auf zusätzliche 3,3% brachten.
Die Autoren vermuten, dass die Leistungssteigerung der schwächeren Kollegen aus dem Bedürfnis nach „Konformität“ mit der gefühlten Arbeitsnorm der Gruppe entsteht. Aber auch „Reziprozität“ spielt eine Rolle: So lässt sich die erhöhte Produktivität der Gruppen, in denen alle Teilnehmer ausgezeichnet wurden, damit erklären, dass diese sich verpflichtet fühlen, den Dank in Form von erhöhter Anstrengung zurückzugeben.
Unerwartete Wertschätzung der geleisteten Arbeit erweist sich demnach als wirksames Instrument für Arbeitgeber und Führungskräfte, ihre Belegschaft – vor allem die leistungsschwächeren Mitarbeiter – zu motivieren und die Produktivität des Unternehmens insgesamt zu steigern. Letztlich heißt es aber auch hier: Auf die richtige Dosis kommt es an!