Immer mehr Unternehmen in Deutschland setzen auf Arbeitszeitkonten, auf die die Beschäftigten je nach Modell kurz- oder auch langfristig ihre geleisteten Überstunden „einzahlen“ und das Guthaben bei Bedarf für Auszeiten nutzen können. Dieses Instrument hat nicht nur zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf beigetragen, sondern dient in Krisenzeiten auch zur Vermeidung von Kurzarbeit und Entlassungen.
Mit den Auswirkungen von mehr zeitlicher Flexibilität für Arbeitnehmer haben sich Ökonomen wie auch Psychologen und Soziologen bereits eingehend beschäftigt. Empirisch kaum erforscht ist dagegen die Frage, ob auch die Unternehmen von Arbeitszeitkonten wirtschaftlich profitieren. Diese Lücke füllen Lutz Bellmann (Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Nürnberg) und Olaf Hübler (Leibniz Universität Hannover) mit einem aktuellen Beitrag im IZA Journal of European Labor Studies, der die Auswirkungen von Arbeitszeitkonten auf Produktivität, Löhne, Investitionen und Gewinne deutscher Unternehmen untersucht.
Die praktischen Vorteile von Arbeitszeitkonten für Beschäftigte wie Unternehmen liegen auf der Hand: Arbeitnehmer haben die Möglichkeit, mit Blick auf ihre „Work-Life-Balance“ den Arbeitsalltag flexibler zu gestalten. Arbeitgeber wiederum sind daran interessiert, die tägliche oder wöchentliche Arbeitszeit an den aktuellen Bedarf anzupassen und etwa Schwankungen im Auftragsvolumen abzufedern, ohne an der Personalschraube drehen zu müssen.
Um die Auswirkung dieser Flexibilisierung auf den Unternehmenserfolg zu bewerten, analysieren Bellmann und Hübler Umfragedaten deutscher Unternehmen aus den Jahren 2008 bis 2014. Dieser Zeitraum beinhaltet sowohl Krisen- als auch Wachstumsphasen. Die Analyse zeigt, dass Unternehmen mit Arbeitszeitkonten produktiver sind und mehr Investitionen tätigen. Dies hat jedoch keinen nennenswerten Einfluss auf Löhne und Betriebsergebnis. Die Gewinne gehen sogar nach der Einführung von Arbeitszeitkonten tendenziell zurück.
Die Forscher erklären diesen Befund damit, dass Arbeitszeitkonten zunächst Kosten verursachen, die den Gewinn schmälern, und dass besonders produktive, hochqualifizierte Mitarbeiter die Einführung solcher Konten am ehesten durchsetzen können. Auch wenn dieses Instrument also nicht der unmittelbaren Gewinnsteigerung dient, ist es nach Einschätzung der Autoren dennoch sinnvoll insbesondere für exportorientierte Unternehmen mit hohem Fachkräfteanteil sowie Betriebe mit starken Auftrags- bzw. Absatzschwankungen.