Gutes Aussehen erhöht die Jobchancen und schlägt sich in einem Einkommensplus von bis zu einem Fünftel nieder. Zu den Hauptgründen zählt die Diskriminierung durch Arbeitgeber und Kunden. Hinzu kommt, dass attraktive Menschen meist selbstbewusster auftreten und sich häufiger für besser bezahlte Jobs bewerben. Die Erkenntnisse der internationalen Wissenschaft zur Bedeutung von Schönheit im Job fasst Eva Sierminska in einem aktuellen Artikel für „IZA World of Labor“ zusammen.
Der „Schönheits-Bonus“ fällt in Deutschland besonders hoch aus: Schöne Frauen verdienen rund 20 Prozent mehr als der Durchschnitt, attraktive Männer immerhin etwa 14 Prozent. Viele Arbeitgeber, Kollegen und Kunden bevorzugen attraktive Mitarbeiter – nicht nur der Optik wegen, sondern auch, weil gut aussehende Menschen als vertrauenswürdiger, kompetenter und produktiver gelten. Körperliche Attraktivität spielt daher insbesondere in Berufen mit häufigem Kundenkontakt eine Rolle.
Auch Lehrer neigen dazu, hübsche Schüler bevorzugt zu behandeln. So wird bereits in jungen Jahren der Grundstein für die späteren Arbeitsmarktvorteile gelegt. Denn gut aussehende Jugendliche nehmen auch häufiger an sozialen und sportlichen Aktivitäten teil, die wiederum Selbstvertrauen, Teamgeist und weitere „Soft Skills“ fördern. Schöne Menschen streben daher auch von sich aus in besser bezahlte Jobs. Eine Untersuchung von Juristenkarrieren in den USA zeigt beispielsweise, dass attraktive Arbeitnehmer überdurchschnittlich oft aus dem öffentlichen Dienst in die besser bezahlte Privatwirtschaft wechseln.
In Deutschland weist hingegen ausgerechnet die Berufsgruppe der mittleren Beamten den höchsten Anteil an schönen Menschen auf. Das geht aus der sogenannten ALLBUS-Umfrage hervor, für die stichprobenartig 3.500 Männer und Frauen unter anderem zu Gehalt und Beruf befragt werden. Zu Beginn der persönlichen Befragung halten die Interviewer auf einer Skala von 1 bis 11 fest, wie attraktiv sie ihren Gesprächspartner finden. Über die Hälfte der mittleren Beamten erhält dabei eine Punktzahl von 8 bis 11. Ähnlich gut schneiden Manager und leitende Angestellte ab. Unter Landwirten und Arbeitern gilt nicht einmal jeder vierte als attraktiv.
Um die Benachteiligung weniger gut aussehender Menschen auf dem Arbeitsmarkt abzumildern, plädiert Eva Sierminska für die freiwillige Einführung anonymisierter Bewerbungsverfahren: „In Deutschland sind Bewerbungsfotos noch immer Standard. Wer vom ersten optischen Eindruck her nicht überzeugt, wird häufig gar nicht erst zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Anonymisierte Bewerbungen würden helfen, diese oft unbewusste Diskriminierung durch Personaler zu reduzieren.“ Im Vorstellungsgespräch und im betrieblichen Alltag gehe es dann nicht nur um Aussehen, sondern auch um Auftreten. „Bewerbercoachings und Mitarbeiterschulungen zu Kleidung, Styling und Verhalten können dazu beitragen, eine positivere Wirkung auf Arbeitgeber und Kunden zu erzielen“, empfiehlt die Ökonomin.