Ungleichheit ist ein heißes Thema, nicht nur unter Ökonomen. Ein möglicher Grund für den häufig beklagten Mangel an sozialer Mobilität liegt nach den Erkenntnissen eines Bonner Forschungsteams in der Persönlichkeitsentwicklung der Kinder, die in hohem Maße vom Elternhaus abhängt. Besser situierte Eltern können demnach mehr Ressourcen in die Herausbildung von Eigenschaften ihrer Kinder stecken, die für deren spätere Laufbahn von entscheidender Bedeutung sind. Dazu zählen Zeit- und Risikopräferenzen ebenso wie Altruismus und Intelligenz.
Für die Studie analysierten Thomas Deckers, Armin Falk, Fabian Kosse und Hannah Schildberg-Hörisch die in Interviews und Verhaltensexperimenten erhobenen Daten zu 732 Kindern im Alter von 7 bis 10 Jahren aus dem Köln-Bonner Raum. Kinder aus „bildungsfernen“ Elternhäusern zeigten sich dabei im Durchschnitt ungeduldiger und risikofreudiger. Zudem waren sie weniger altruistisch eingestellt und hatten einen niedrigeren IQ. In Kombination behindern diese Persönlichkeitsmerkmale den Bildungserfolg und die späteren Arbeitsmarktchancen der Kinder. Zugleich erhöhen sie die Anfälligkeit etwa für Suchtverhalten.
Welche Ursache könnten die beobachteten Unterschiede in den Persönlichkeitsmerkmalen haben?
Die Untersuchung des familiären Hintergrunds legt nahe, dass Bildung und Einkommen den Erziehungsstil der Eltern, die Familienstruktur und die Interaktion mit dem Nachwuchs beeinflussen. So sind gebildete und wohlhabendere Eltern insgesamt konsequenter in der Erziehung und verbringen zwar im Schnitt weniger, dafür aber intensiver Zeit mit ihren Kindern. Zudem sind Eltern mit hohem sozioökonomischem Status im Durchschnitt älter und somit in mancherlei Hinsicht reifer.
Die Ergebnisse sprechen einmal mehr dafür, dass ein qualitativ hochwertiges, flächendeckendes Betreuungsangebot für Kinder aus benachteiligten Elternhäusern zur Förderung von Chancengleichheit und sozialer Mobilität beitragen würde. Denn der Grundstein für die Persönlichkeitsentwicklung wird im frühen Kindesalter gelegt.