Die Beschäftigungslücke zwischen Männern und Frauen ist in den meisten Ländern noch nicht geschlossen. Zwar befinden sich die Frauen in vielen hochentwickelten Volkswirtschaften auf der Überholspur, was ihr Bildungsniveau angeht, aber mangelnde Kinderbetreuungs- und Teilzeitangebote hemmen nach wie vor die Arbeitsmarktbeteiligung von Frauen.
Zudem sorgen soziale und kulturelle Einflüsse dafür, dass selbst hochqualifizierte Frauen oft dem Arbeitsmarkt gar nicht oder nur stark eingeschränkt zur Verfügung stehen. Zuletzt hat sich der Aufholprozess bei der weiblichen Erwerbsbeteiligung sogar wieder verlangsamt.
Vor dem Hintergrund der demografischen Veränderungen, die in den meisten Industrienationen zu einer Schrumpfung der Erwerbsbevölkerung führen werden, sind Strategien zur weiteren Aktivierung von Frauen von großer Bedeutung. Ihr Erfolg wird dabei in doppelter Hinsicht von institutionellen Gegebenheiten wie flexiblen Arbeitszeiten oder ausgebauter Kinderbetreuung abhängen.
Neben der unmittelbaren Wirkung auf das Erwerbsverhalten beeinflussen institutionelle Reformen indirekt auch das jeweilige soziale Umfeld, indem dort der Anteil der berufstätigen Frauen zu- oder abnimmt. Wie stark dieses Umfeld auf die Erwerbsentscheidungen von Frauen einwirkt, verdeutlichen zwei kürzlich erschienene IZA Discussion Papers.
Vorbilder im Bekanntenkreis
Die Studie von Nuno Mota (Fannie Mae), Eleonora Patacchini (Cornell University & IZA) und Stuart S. Rosenthal (Syracuse University) zieht umfangreiche Daten aus den USA heran, die Rückschlüsse auf den ökonomischen Effekt von Vorbildern und Informationsflüssen innerhalb der privaten Netzwerke von Frauen zulassen. Demnach passen sich insbesondere Mütter relativ stark an das Erwerbsverhalten von Frauen aus dem direkten Umfeld an, die Kinder im gleichen Alter haben.
Jede zusätzliche erwerbstätige Mutter im sozialen Umfeld erhöht rein rechnerisch die Wahrscheinlichkeit um 4,5 Prozentpunkte, dass eine bislang nicht berufstätige Mutter auf dem Arbeitsmarkt aktiv wird. Der gegenteilige Effekt ist offenbar sogar doppelt so groß: Je fehlendem Vorbild in Form einer erwerbstätigen Bekannten oder Freundin verringert sich die Wahrscheinlichkeit selbst einen Job anzunehmen um 9 Prozentpunkte.
Bei Männern sind diese Effekte viel schwächer ausgeprägt. Mit anderen Worten: Eine nachhaltige Politik zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf kann dafür sorgen, dass über den Umweg des sozialen Umfelds eine nochmals verstärkte Arbeitsmarktaktivierung von Frauen gelingt.
Einfluss von Verwandten
Zu ähnlichen Resultaten gelangen auch Cheti Nicoletti und Emma Tominey (beide Universität New York) und Kjell G. Salvanes (NHH Bergen & IZA) in ihrem aktuellen IZA Discussion Paper. Während berufstätige Nachbarinnen der Studie zufolge einen vergleichsweise geringen Einfluss auf die Erwerbsentscheidung von Frauen haben, orientieren sich viele Mütter an Vorbildern in der Verwandtschaft.
So weisen die Autoren für norwegische Mütter nach, dass in den ersten sechs Jahren nach der Geburt des Kindes mit jeder Stunde, die andere Mütter aus dem erweiterten familiären Umfeld pro Woche mehr arbeiten, auch die eigene Arbeitszeit um eine halbe Stunde zunimmt.
Diese Effekte lassen sich auch nach der Geburt des zweiten Kindes noch beobachten und unterstreichen damit den Einfluss sozialer und kultureller Normen auf das Erwerbsverhalten von Frauen. Mütter mit Universitätsabschluss lassen sich den Analysen der Autoren zufolge weniger stark von ihrem Umfeld beeinflussen, während der Effekt bei weniger gebildeten Frauen besonders stark ausgeprägt zu sein scheint.
Beide Studien zeigen, welche Synergieeffekte einzelne Maßnahmen zur Förderung der Arbeitsmarktbeteiligung von Frauen entfalten können. Politikmaßnahmen wie etwa ein weiterer Ausbau flexibler Kinderbetreuungsangebote werden sich aufgrund des „sozialen Multiplikators“ mit doppeltem Effekt auf das Erwerbsverhalten der Mütter auswirken.