Menschen neigen dazu, ihre eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten zu überschätzen. Beispielsweise hält sich eine große Bevölkerungsmehrheit für besonders gute Autofahrer, und viele Manager verzocken sich durch übermäßiges Selbstbewusstsein – mit weitreichenden wirtschaftlichen Folgen. Aber auch für Schüler kann eine allzu optimistische Selbsteinschätzung langfristige Konsequenzen haben, wenn sie zu falschen Bildungsentscheidungen führt.
In einem aktuellen IZA-Forschungspapier untersuchen Matteo Bobba und Veronica Frisancho auf Basis eines groß angelegten Feldversuchs mit über 2.500 Neuntklässlern in Mexico City, wie die Schüler ihre Chancen beim anstehenden Eingangstest für die weiterführenden Schulen einschätzten und inwieweit sie ihr Selbstbild anpassten, wenn sie über ihr Abschneiden in einem Übungstest informiert wurden.
Vor und nach dem Übungstest, der inhaltlich eng an den offiziellen Eingangstest angelehnt war, mussten die Schüler angeben, welche Punktzahl sie mit welcher Wahrscheinlichkeit zu erreichen glaubten. Nur eine zufällig ausgewählte Gruppe von Schülern bekam das eigene Testergebnis mitgeteilt. So konnten die Forscher messen, welchen Einfluss das individuelle Leistungsfeedback auf die Selbsteinschätzung hatte.
Leistungsstärkere Schüler verarbeiten Feedback effektiver
Dabei zeigte sich zunächst, dass der Großteil der Schüler – insbesondere am unteren Rand des Leistungsspektrums – die eigenen Fähigkeiten im Vorfeld klar überschätzte. Nur acht Prozent der Schüler schnitten im Test besser ab als sie erwartet hatten.
Mit den Ergebnissen konfrontiert, gelangten die Schüler insgesamt zu einer deutlich realistischeren Selbsteinschätzung. Allerdings offenbarten sich große Unterschiede in der Fähigkeit, die Informationen über die eigene Leistung zu verwerten und zu internalisieren. Jungen gelang dies im Schnitt besser als Mädchen. Am effektivsten bei der Anpassung des Selbstbildes waren Schüler aus Familien mit höherem sozioökonomischem Status und von besseren Schulen.
So kann Leistungsfeedback zwar einerseits Selbstüberschätzung und damit verbundene Fehlentscheidungen reduzieren helfen, andererseits aber auch zur Verfestigung bestehender Ungleichheiten beitragen, wenn leistungsschwächere Schüler in geringerem Maße davon profitieren.