Welcher Student kennt ihn nicht, den guten Rat der Eltern: „Sieh zu, dass du genug Schlaf bekommst, damit du fit bist für die Prüfungen.“ Was an dieser Binsenweisheit tatsächlich dran ist, haben belgische Wissenschaftler jetzt erstmals empirisch getestet. Besondere Relevanz haben die Erkenntnisse für Studenten, die sich in der bevorstehenden Klausurphase die Nächte mit der Fußball-WM um die Ohren schlagen.
Für ihre in der IZA-Reihe erschienene Studie befragten die Ökonomen Stijn Baert, Eddy Omey, Dieter Verhaest und Aurélie Vermeier insgesamt 621 Studienanfänger verschiedener Fachrichtungen zu ihren Schlafgewohnheiten und verglichen die Antworten der Probanden mit deren Abschneiden bei den Uni-Prüfungen. Um Vergleichbarkeit zu gewährleisten, flossen weitere Informationen etwa zum familiären Hintergrund und dem allgemeinen Gesundheitszustand der Studenten in die Untersuchung ein.
Als Maß für die Schlafqualität legten die Forscher den international anerkannten „Pittsburgh Schlafqualitätsindex“ (PSQI) zugrunde. Rund 30% der befragten Studenten lagen auf diesem Index über dem Wert 5 – was als „schlechte Nachtruhe“ gilt. Von den weiblichen Studenten klagten 35% über unruhige Nächte, während Männer (26%) insgesamt etwas besser schliefen.
Der elterliche Einfluss spielt hier übrigens eine interessante Rolle: Studenten, die davon berichteten, dass mindestens ein Elternteil häufig „schlecht“ oder „sehr schlecht“ schläft, hatten selber in 38% der Fälle unruhige Nächte – bei Kindern von Eltern ohne Schlafprobleme galt dies nur für 13%.
Die Verknüpfung mit den Prüfungsergebnissen ergab, dass schlecht schlafende Studenten bei Klausuren mit 20 möglichen Punkten im Schnitt fast einen vollen Punkt unter ihren vergleichbaren Kommilitonen abschnitten. Noch wichtiger als die Qualität des Schlafs scheint die Dauer zu sein: Würde ein Student seine durchschnittliche Nachtruhe etwa von 6 auf 7 Stunden steigern, so schätzen die Ökonomen, wären seine Klausurergebnisse um durchschnittlich 1,7 Punkte besser.
Auch wenn die optimale Schlafdauer individuell variiert: Nicht nur für den allgemeinen Gemütszustand und die Motivation ist Schlaf ungemein wichtig – eine gute Nachtruhe verbessert auch die kognitive Leistung. Denn neues Wissen wird im Schlaf verarbeitet und mit dem vorhandenen Wissen verbunden. Die Schlafdauer ist insofern von hoher Bedeutung, als unser Gehirn alte Informationen mit neuen offenbar erst in der zweiten Hälfte der Schlafperiode miteinander verknüpft, in der es häufiger und länger zum so genannten REM-Schlaf kommt. Je weniger dieser Tiefschlafphasen, so vermuten die Autoren, desto größer der negative Effekt mangelnder Schlafqualität auf die Prüfungsnoten.
(Dieser Beitrag ist auch auf faz.net erschienen.)