Menschen, die als attraktiver wahrgenommen werden, haben nachweislich bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Die umfangreiche Forschung zu diesem Thema konzentriert sich allerdings primär auf Aspekte wie Schönheit oder Übergewicht, die nicht ohne Weiteres zu ändern sind. Ein aktuelles IZA-Forschungspapier beleuchtet nun die Bedeutung eines selbst gewählten äußerlichen Merkmals: Körperschmuck in Form von Tattoos oder Piercings.
Die Studie von Stijn Baert, Philippe Sterkens und Jolien Herregods untersucht mithilfe einer Befragung von Personalverantwortlichen aus den USA, wie sich sichtbarer Körperschmuck auf die Einstellungschancen auswirkt und welche Eigenschaften damit verbunden werden. Dazu mussten die Befragten fiktive Bewerbungen von Personen bewerten, deren KI-generierte Fotos teils mit kleinen oder großen Tattoos und Piercings versehen waren. Zum Vergleich mit einem anderen äußeren Merkmal wurden die Fotos auch so variiert, dass die Personen übergewichtig wirkten, siehe Beispielbilder:
Die Recruiter mussten die Chance auf ein Vorstellungsgespräch ebenso bewerten wie die vermutete Persönlichkeit und Produktivität der abgebildeten Personen. Dabei zeigte sich, dass Bewerber mit Tattoos oder Piercings als weniger angenehm in der Zusammenarbeit empfunden werden, und zwar sowohl von den Personalverantwortlichen selbst als auch – nach deren Einschätzung – von Kolleginnen und Kunden.
Insgesamt wurden Menschen mit Körperschmuck als extrovertierter und aufgeschlossener für neue Erfahrungen wahrgenommen, allerdings wurde ihnen ein geringeres Maß an Ehrlichkeit, Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit attestiert – männlichen Bewerbern mit Tattoos zudem eine geringere emotionale Stabilität.
Unterm Strich ergab sich daraus eine geringere Einstellungswahrscheinlichkeit für Männer, nicht aber für Frauen mit Körperschmuck. Im Vergleich zu übergewichtigen Bewerbern hatten diejenigen mit Körperschmuck etwas bessere Einstellungschancen – bei den Persönlichkeitsmerkmalen wurden sie vorteilhafter beurteilt, bei der Bereitschaft anderer zur Zusammenarbeit ähnlich, allerdings bei den Produktivitätsfaktoren etwas schlechter.
Die Autoren raten daher Menschen mit Körperschmuck (oder Übergewicht), positive Persönlichkeitsmerkmale bei der Bewerbung besonders zu betonen. Beispielsweise sei es ratsam, im Anschreiben Beispiele für ein besonders hohes Maß an Gewissenhaftigkeit zu liefern, da diese Eigenschaft von Arbeitgebern besonders geschätzt werde. So lasse sich einer möglichen Stigmatisierung aufgrund des Aussehens entgegenwirken.