Börsenkurse beeinflussen die ökonomischen Entscheidungen der Anleger in vielerlei Hinsicht – vom Konsum- und Sparverhalten bis hin zum Arbeitsangebot. Aber auch andere Lebensbereiche können von täglichen Kursschwankungen betroffen sein, wie eine aktuelle Studie der Ökonomen Corrado Giulietti, Mirco Tonin und Michael Vlassopoulos zeigt. Anhand von umfangreichen US-Daten der Jahre 1990 bis 2015 können die Autoren belegen, dass ein einprozentiger Rückgang des S&P-500-Aktienindex statistisch zu einem Anstieg tödlicher Verkehrsunfälle um 0,5% am Tag des Kursverfalls führt.
Korrelation oder Kausalität?
Die Forscher finden eine ganze Reihe von Anhaltspunkten dafür, dass es sich hierbei um eine ursächliche Wirkung der Börsenschwankungen und nicht um eine bloße Korrelation handelt: Erstens tritt der Zusammenhang nur an Börsentagen auf. Zweitens sind fast ausschließlich Fahrer betroffen, die vom Alter, Einkommen und der Automarke her mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Gruppe der Aktienbesitzer zählen. Drittens ist der Effekt am deutlichsten ausgeprägt im Zeitraum zwischen Mitte 1997 und Anfang 2001, als der private Aktienbesitz in den USA boomte. Und viertens geht der Anstieg der Unfallhäufigkeit primär auf Fälle von rücksichtsloser Fahrweise zurück, während andere Unfallursachen nicht mit den Börsenkursen korrelieren.
Aktienvermögen und Fahrvermögen
Ihre Ergebnisse erklären die Autoren damit, dass der Kursverfall an der Börse negative Emotionen hervorruft, die irrationales Verhalten begünstigen. Dies gelte insbesondere für unerfahrene Anleger, die mit den Hochs und Tiefs der Börse noch nicht so vertraut sind und daher zu Überreaktionen neigen. Wie die Studie am Beispiel des Straßenverkehrs mit konkreten Zahlen untermauert, können persönliche finanzielle Verluste teils dramatische Konsequenzen nicht nur für das eigene Umfeld, sondern mitunter auch für Unbeteiligte haben.