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IZA Newsroom

IZA – Institute of Labor Economics

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Mark Fallak

Was sagen Tattoos und Piercings über Stellenbewerbende aus?

July 19, 2023 by Mark Fallak

Menschen, die als attraktiver wahrgenommen werden, haben nachweislich bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Die umfangreiche Forschung zu diesem Thema konzentriert sich allerdings primär auf Aspekte wie Schönheit oder Übergewicht, die nicht ohne Weiteres zu ändern sind. Ein aktuelles IZA-Forschungspapier beleuchtet nun die Bedeutung eines selbst gewählten äußerlichen Merkmals: Körperschmuck in Form von Tattoos oder Piercings.

Die Studie von Stijn Baert, Philippe Sterkens und Jolien Herregods untersucht mithilfe einer Befragung von Personalverantwortlichen aus den USA, wie sich sichtbarer Körperschmuck auf die Einstellungschancen auswirkt und welche Eigenschaften damit verbunden werden. Dazu mussten die Befragten fiktive Bewerbungen von Personen bewerten, deren KI-generierte Fotos teils mit kleinen oder großen Tattoos und Piercings versehen waren. Zum Vergleich mit einem anderen äußeren Merkmal wurden die Fotos auch so variiert, dass die Personen übergewichtig wirkten, siehe Beispielbilder:

Die Recruiter mussten die Chance auf ein Vorstellungsgespräch ebenso bewerten wie die vermutete Persönlichkeit und Produktivität der abgebildeten Personen. Dabei zeigte sich, dass Bewerber mit Tattoos oder Piercings als weniger angenehm in der Zusammenarbeit empfunden werden, und zwar sowohl von den Personalverantwortlichen selbst als auch – nach deren Einschätzung – von Kolleginnen und Kunden.

Insgesamt wurden Menschen mit Körperschmuck als extrovertierter und aufgeschlossener für neue Erfahrungen wahrgenommen, allerdings wurde ihnen ein geringeres Maß an Ehrlichkeit, Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit attestiert – männlichen Bewerbern mit Tattoos zudem eine geringere emotionale Stabilität.

Unterm Strich ergab sich daraus eine geringere Einstellungswahrscheinlichkeit für Männer, nicht aber für Frauen mit Körperschmuck. Im Vergleich zu übergewichtigen Bewerbern hatten diejenigen mit Körperschmuck etwas bessere Einstellungschancen – bei den Persönlichkeitsmerkmalen wurden sie vorteilhafter beurteilt, bei der Bereitschaft anderer zur Zusammenarbeit ähnlich, allerdings bei den Produktivitätsfaktoren etwas schlechter.

Die Autoren raten daher Menschen mit Körperschmuck (oder Übergewicht), positive Persönlichkeitsmerkmale bei der Bewerbung besonders zu betonen. Beispielsweise sei es ratsam, im Anschreiben Beispiele für ein besonders hohes Maß an Gewissenhaftigkeit zu liefern, da diese Eigenschaft von Arbeitgebern besonders geschätzt werde. So lasse sich einer möglichen Stigmatisierung aufgrund des Aussehens entgegenwirken.

Filed Under: Research Tagged With: body art, discrimination, hiring, obesity, personality, stigma

Erfolgreiche IZA-Jubiläumsfeier in Berlin

July 7, 2023 by Mark Fallak

Anlässlich seines 25. Geburtstages richtete das IZA am 5. und 6. Juli eine zweitägige Jubiläumskonferenz in Berlin aus. Höhepunkt zum Abschluss war eine Podiumsdiskussion zum deutschen Arbeitsmarkt mit Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, Ökonomin Uta Schönberg, dem ehemaligen Obama-Berater Jason Furman sowie der „Wirtschaftsweisen“ Monika Schnitzer (siehe dazu auch den SPIEGEL-Artikel vom 8. Juli), moderiert von Economist-Journalist Christian Odendahl. Die Themen reichten von Verbesserungsvorschlägen zur Förderung der Frauenerwerbstätigkeit über Aspekte der Arbeitskräftemobilität bis hin zur Veränderung der Jobsuche im Rahmen der Digitalisierung.

Hier die gesamte Diskussionsrunde im Video:

Den wissenschaftlichen Teil der Konferenz hatte zuvor IZA-Chef Simon Jäger eröffnet. Neben 15 Kurzpräsentationen und einer Poster Session gab es Impulsvorträge von Aysegül Sahin (University of Texas at Austin) zur Dualität des US-Arbeitsmarktes sowie von Patrick Kline (University of California, Berkeley), der eine innovative Bewertungsmethode für die Diskriminierungspraxis von Unternehmen vorstellte.

 
(von links nach rechts: Simon Jäger, Aysegül Sahin, Patrick Kline)

Neben dem vollständigen Programm der Veranstaltung finden Sie hier eine Fotogalerie mit allen Vortragenden und weiteren Eindrücken des gelungenen Events!

Den  Auftakt der Jubiläumswoche hatte die jährliche IZA Summer School in Labor Economics gebildet, die erstmalig ebenfalls in der Nähe von Berlin stattfand. Rund 25 internationale Nachwuchsforschende konnten sich hier im Rahmen von Vorlesungen, Präsentationen und Diskussionen mit etablierten Arbeitsmarktökonominnen und -ökonomen austauschen:

Insgesamt lieferte die hochkarätige Veranstaltung einen Ausblick auf die exzellente Arbeitsmarktforschung und evidenzbasierte Politikberatung, die auch in den nächsten 25 Jahren vom IZA zu erwarten sein wird.

Filed Under: IZA News

Warum der Aufstieg aus der Armut in den USA besonders schwer ist

June 28, 2023 by Mark Fallak

Kinder, die in Armut aufwachsen, bleiben häufig auch als Erwachsene arm. Die Wahrscheinlichkeit unterscheidet sich jedoch deutlich zwischen den reichen Industrienationen, wie ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Zachary Parolin, Rafael Pintro Schmitt, Gøsta Esping-Andersen und Peter Fallesen veranschaulicht.

Die Forscher vergleichen die USA, Großbritannien, Australien, Deutschland und Dänemark: Das Risiko einer Verfestigung der Armut über Generationen hinweg ist in den USA viermal größer als in Deutschland oder Dänemark und mindestens doppelt so hoch wie in Australien oder dem Vereinigten Königreich. Wie die Grafik zeigt, bedeutet durchgängige Armut im Kindesalter eine um 42 Prozentpunkte erhöhte Wahrscheinlichkeit, auch im jungen Erwachsenenalter von 25 bis 35 Jahren Armut zu erleiden.

Anm.: Die schwarzen Balken zeigen den Gesamtwert für die intergenerationale Persistenz von Armut (IGPov) an, der sich aus den separat aufgeführten Komponenten zusammensetzt. Details siehe Studie.

Die Autoren schlüsseln den Gesamtwert in verschiedene Komponenten auf. Bemerkenswert aus deutscher Sicht: Der Analyse zufolge spielt der familiäre Hintergrund (dunkelgrauer Balken), also etwa Bildungsstand und Erwerbstätigkeit der Eltern, hierzulande eine vergleichsweise geringe Rolle. Allerdings bezieht sich die Studie allein auf die Persistenz von Armut, nicht den sozialen Aufstieg insgesamt.

Unter den „Mediationseffekten“ (hellgrau) sind verschiedene Faktoren zusammengefasst, die erst nach der Kindheit zum Tragen kommen und zum Teil mit dem sozioökonomischen Hintergrund zusammenhängen, beispielsweise Bildungszugang, Arbeitsmarkterfolg sowie die familiäre Situation im Erwachsenenalter.

Der blaue Balken zeigt an, in welchem Maße steuerliche Begünstigung oder sozialstaatliche Transferleistungen das Armutsrisiko senken helfen. Orange eingezeichnet ist schließlich der Restwert, der sich aus verschiedenen unbeobachtbaren oder schwer zu messenden Faktoren ergibt.

Ein Grund dafür, dass dieser Wert in den USA besonders hoch ausfällt, könnte nach Einschätzung der Forscher in der großen sozialen Ungleichheit beim Vermögen (das im Gegensatz zum Einkommen nicht systematisch erfasst wird) sowie beim Zugang zu Gesundheitsleistungen liegen. Ethnische Diskriminierung oder der Einfluss des Wohnumfeldes spielen der Studie zufolge keine maßgebliche Rolle.

Die aus Sicht der Autoren entscheidende Erkenntnis ist, dass staatliche Leistungen in den USA kaum einen Beitrag dazu leisten, der Persistenz von Armut entgegenzuwirken. Hätten die USA einen Sozialstaat nach britischem Vorbild, würde sich die Chance auf einen Aufstieg aus der Armut heraus um rund ein Drittel verbessern.

Filed Under: Research Tagged With: poverty, social mobility

Waldbrände mit weitreichenden Folgen für den Arbeitsmarkt

June 16, 2023 by Mark Fallak

New York im Smog – die Bilder der rauchverhüllten US-Metropole nach den jüngsten Waldbränden im kanadischen Quebec veranschaulichen auf dramatische Weise, was ein IZA-Forschungspapier aus dem vergangenen Jahr mit wissenschaftlichen Daten und Fakten untermauert hat: Die massive Luftverschmutzung durch Waldbrände belastet selbst weit von den Brandherden entfernte Regionen.

In den USA verursachen Waldbrände rund 20 Prozent der gesamten Feinstaubemissionen. Die gesundheitlichen Folgen lassen sich an der Zunahme von Atenwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie einer erhöhten Sterblichkeit ablesen. Doch Luftverschmutzung kann auch das Arbeitsangebot und die Produktivität verringern, und zwar nicht nur durch krankheitsbedingte Fehltage, sondern auch durch reduzierte Arbeitszeiten, die Verlagerung von Tätigkeiten in Innenräume oder aufwändige Maßnahmen zur Luftreinhaltung.

Eine Frage der Kausalität

Die Herausforderung für die arbeitsökonomische Forschung besteht darin, Kausalität nachzuweisen – also die Luftverschmutzung als ursächlich zu identifizieren und andere mögliche Einflussfaktoren auszuschließen. Beispielsweise kann die Errichtung einer neuen Fabrik Arbeitsplätze schaffen, aber auch die Luftqualität verschlechtern. Ein einfacher Vergleich von Beschäftigung und Luftverschmutzung vor und nach dem Bau der Fabrik würde daher die negativen Arbeitsmarktwirkungen der Luftverschmutzung unterschätzen.

Die IZA-Studie von Mark Borgschulte, David Molitor und Eric Zou nutzt daher das klar eingrenzbare und von wirtschaftlichen Faktoren unabhängige Auftreten von Waldbrand-Rauch, um den kausalen Effekt auf Einkommen und Beschäftigung zu berechnen. Die Analyse betrachtet die Jahre 2007 bis 2019 und stützt sich auf drei verschiedene Datenquellen: hochauflösende Satellitendaten zu Rauchwolken infolge von Waldbränden, Messdaten zur lokalen Luftqualität sowie Arbeitsmarktdaten für alle Landkreise in den kontinentalen USA.

Einkommenseinbußen von um zwei Prozent

Auf diese Weise ermitteln die Forscher statistisch und wirtschaftlich signifikante Rückgänge von Arbeitseinkommen und Beschäftigung aufgrund der Luftverschmutzung. Die Berechnungen zeigen, dass jeder zusätzliche Tag mit Rauchbelastung das Pro-Kopf-Einkommen um etwa 0,10 Prozent reduziert. Multipliziert mit der durchschnittlichen Anzahl von „Rauchtagen“ pro Jahr ergeben sich gesamtwirtschaftliche Einkommenseinbußen um etwa 2 Prozent (rund 125 Milliarden US-Dollar, bezogen auf den Dollarwert von 2018). Rund 13 Prozent des Einkommenseffekts lassen sich durch einen Rückgang der Beschäftigung erklären. Ältere Beschäftigte sind von den negativen Auswirkungen besonders betroffen.

Besonders bemerkenswert: Die gemessene Variation der Feinstaubbelastung bewegte sich noch unterhalb der gesetzlichen Grenzwerte. Die Autoren plädieren dafür, Arbeitsmarktfolgen stärker als bisher bei der Umweltgesetzgebung zur berücksichtigen.

Umweltaspekte und insbesondere die Folgen des Klimawandels spielen in der Arbeitsmarktforschung des weltweiten IZA-Netzwerks eine zunehmende Rolle. So hatte eine frühere IZA-Studie aus Kalifornien nachgewiesen, dass steigende Temperaturen zu mehr Arbeitsunfällen führen.

Filed Under: Research Tagged With: air pollution, climate change, labor income, wildfires

Führt der Mindestlohn zur Verlagerung von Beschäftigung in produktivere Betriebe?

June 12, 2023 by Mark Fallak

Entgegen verbreiteter Befürchtungen hat die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns in Deutschland zum 1. Januar 2015 nicht zu größeren Beschäftigungsverlusten geführt. Zu den möglichen Erklärungen neben der günstigen konjunkturellen Lage zählen, dass die höheren Lohnkosten von den Unternehmen in Form geringerer Gewinne oder von den Verbrauchern in Form höherer Preise getragen wurden. Denkbar ist aber auch, dass die höheren Stundenlöhne durch eine gesteigerte Produktivität aufgefangen wurden.

So kam eine der prominentesten Mindestlohn-Studien der letzten Jahre zu dem Schluss, dass der Mindestlohn die „allokative Effizienz“ erhöht habe: Beschäftigte wechselten demnach in größere, besser entlohnende und produktivere Unternehmen. Die betriebliche Produktivität wurde hier jedoch nicht gemessen, sondern anhand von Kriterien wie Branche, Unternehmensgröße und Lohnniveau geschätzt.

Auf Basis von konkreten Produktivitätsdaten aus der Verdienststrukturerhebung gelangt ein aktuelles IZA-Diskussionpapier der am IWH forschenden Mirja Hälbig, Matthias Mertens und Steffen Müller zu einem etwas anderen Ergebnis. Zwar bestätigt die Studie frühere Ergebnisse zu Löhnen und Beschäftigung und attestiert ebenfalls eine höhere gesamtwirtschaftliche Produktivität aufgrund des Mindestlohns. Allerdings sei diese nicht etwa auf den Wechsel von Beschäftigten zu produktiveren Unternehmen zurückzuführen, sondern vielmehr auf deutliche Produktivitätssteigerungen innerhalb der vom Mindestlohn betroffenen Unternehmen.

[weitere Details zu Methodik und Ergebnissen hier in englischer Sprache]

Filed Under: Research Tagged With: factor reallocation, firm productivity, Germany, minimum wage, output prices

Forschungsförderung als Karrierebooster?

May 15, 2023 by Mark Fallak

Es ist zwar kein Nobelpreis, aber auch die Zusage für ein Forschungsstipendium des European Research Council (ERC) löst an Universitäten und Forschungsinstituten großen Jubel aus. Denn die begehrten ERC-Grants spülen nicht nur bis zu 3,5 Millionen Euro in die Forschungskasse, sondern bringen auch jede Menge Prestige innerhalb der betreffenden Wissenschaftsdisziplin mit sich.

Aber beflügelt diese Auszeichnung auch langfristig die Produktivität der geförderten Forschenden? Dieser Frage sind  Corinna Ghirelli, Enkelejda Havari, Elena Meroni und Stefano Verzillo in einem aktuellen IZA-Forschungspapier nachgegangen.  Konkret wollten die Autorinnen wissen: Steigern ERC-Grants den Publikationsoutput? Und erhöhen sie die Erfolgschancen beim Einwerben weiterer Fördergelder?

Um einen kausalen Effekt nachweisen zu können, macht sich die Studie das ERC-Vergabeprinzip zunutze: Die Förderanträge werden von einem wissenschaftlichen Gremium bewertet und je nach Qualität in eine Rangliste eingeordnet, die dann von oben abgearbeitet wird, bis der Fördertopf leer ist. Das letzte geförderte Forschungsprojekt ist also qualitativ vergleichbar mit dem ersten, das nicht mehr zum Zuge kommt. Sollte der ERC-Grant also einen Produktivitätseffekt entfalten, müsste sich die Produktivität der Forschenden knapp über bzw. unter dieser Förderschwelle in den Folgejahren deutlich voneinander unterscheiden.

Wer hat, dem wird gegeben

Gemessen an wissenschaftlichen Veröffentlichungen laut Publikationsdatenbank Scopus im Zeitraum von neun Jahren nach der Förderzusage finden die Autorinnen keinen positiven Produktivitätseffekt – mit Ausnahme des Fachbereichs Physik. Allerdings erhöht sich insgesamt die Wahrscheinlichkeit, bei der Einwerbung weiterer EU-Fördergelder erfolgreich zu sein. Dieses Phänomen wird in der Wissenschaft auch als Matthäus-Effekt bezeichnet (nach dem Prinzip „Wer hat, dem wird gegeben“).

In der Gesamtbetrachtung zeigt sich zwar bei den ERC-geförderten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern eine höhere Veröffentlichungsquote in den führenden Fachzeitschriften, doch geht dieser Effekt fast ausschließlich auf die Topplatzierten im Vergaberanking zurück (siehe engl. Zusammenfassung für weitere Details zu Methodik und Ergebnissen).

Da die ERC-Grants also offenbar rund um die Förderschwelle kaum Einfluss auf die Produktivität der Forschenden haben, stellen die Studienautorinnen die rein ranglistenbasierte Vergabepraxis in Frage und halten es für überlegenswert, das System zumindest teilweise auf ein Losverfahren umzustellen.

Filed Under: Research Tagged With: ERC, EU funds, research grants, scientific productivity

Einwanderung klug, einfach und fair gestalten

April 28, 2023 by Mark Fallak

Der deutsche Arbeitsmarkt steuert aufgrund der demografischen Entwicklung und dem damit einhergehenden schrumpfenden inländischen Erwerbspersonenpotenzial auf größere Fachkräfte- und Arbeitskräfteengpässe zu. Eine höhere Erwerbsmigration, insbesondere aus Nicht-EU-Staaten wird für die Stabilisierung des Erwerbspersonenpotenzials ein wichtiger Faktor sein. Doch die auf dem Papier recht großzügigen Einwanderungsangebote für Fachkräfte außerhalb Europas stoßen bislang nur auf geringe Resonanz.

In einem aktuellen Policy Brief schlagen Expertinnen und Experten des IZA aus Bonn, Berlin und dem internationalen Netzwerk daher eine deutliche Vereinfachung der Einwanderungsbedingungen für Drittstaatsangehörige nach Deutschland vor, die die Erteilung einer befristeten Arbeitserlaubnis für diese Zielgruppe an ein vorliegendes Ausbildungs- oder Arbeitsplatzangebot in einem tarifgebundenen Unternehmen koppelt. Diese Kopplung setzt wichtige Anreize für die Stärkung des Tarifsystems in Deutschland und des deutschen Modells der Sozialpartnerschaft – einem zentralen Pfeiler der Sozialen Marktwirtschaft.

Dadurch würden genau solche Unternehmen einen zusätzlichen Anreiz zum Eintritt in einen Arbeitgeberverband erhalten, für die ein Beitritt ohnehin nur mit geringen Kosten verbunden sein sollte: hoch produktive und innovative Betriebe, die expandieren, Personal suchen und höhere Löhne zahlen. Auch die sich durch den Beitritt dieser Unternehmen verändernde Dynamik der Arbeitgeberverbände kann positive Auswirkungen auf Innovation und Wachstum entfalten.

Durch die Verknüpfung einer vereinfachten Einwanderung an die Tarifbindung können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer direkt von der Wachstumsdividende durch vermehrte Zuwanderung von Arbeits- und Fachkräften profitieren. Mindeststandards bei Lohn und Arbeitsbedingungen beugen auch der Gefahr einer Arbeitsmarktsegregation vor, also der Ausübung bestimmter Tätigkeiten nur bzw. überwiegend durch Einwanderinnen und Einwanderer bei niedrigen Löhnen und prekären Arbeitsbedingungen.

Der Vorschlag, mit dem das IZA-Team einen Beitrag zur Erwerbszuwanderung und zugleich zur fairen Teilhabe auf dem Arbeitsmarkt leisten möchte, ist in der Reihe IZA Standpunkte erschienen. Die Süddeutsche Zeitung berichtete vorab.

Filed Under: IZA News

Senken bedingungslose Sozialtransfers die Arbeitsanreize?

April 25, 2023 by Mark Fallak

Bei staatlichen Unterstützungsleistungen stellt sich oft die Frage, inwieweit Geldzahlungen an bestimmte Bedingungen wie die Bereitschaft zur Arbeitsaufnahme geknüpft werden sollten. Gerade viele Entwicklungsländer setzen bei der Armutsbekämpfung inzwischen zunehmend auf bedingungslose Sozialtransfers, auch um den bürokratischen Aufwand gering zu halten und das Selbstwertgefühl der Menschen zu stärken.

Die Forschung zeigt, dass solche Programme positive Effekte auf den Bildungserfolg sowie die körperliche und seelische Gesundheit haben können, ohne sich maßgeblich auf das Arbeitsangebot auszuwirken. Allerdings konzentriert sich die wissenschaftliche Evidenz dazu bislang auf Entwicklungsländer mit meist weniger komplexen Arbeitsmarktinstitutionen und schwächer ausgeprägten sozialen Sicherungssystemen.

In einem aktuellen IZA-Forschungspapier liefern Timo Verlaat, Federico Todeschini und Xavier Ramos neue Erkenntnisse aus Spanien. Die Studie evaluiert das Pilotprojekt B-MINCOME, das relativ großzügige, bedingungslose Geldzahlungen an bedürftige Haushalte in sozial benachteiligten Stadtvierteln Barcelonas gewährte.

Abhängig von Einkommen und Familienstand erhielten die Haushalte im Schnitt 500 Euro monatlich, was etwa der Hälfte des Mindestlohneinkommens und 90 Prozent des bisherigen Einkommens der betreffenden Haushalte entspricht. Um die Beschäftigungseffekte messen zu können, wurden teilnehmende Haushalte im Rahmen einer zweijährigen randomisierten Kontrollstudie zufällig ausgewählt und verschiedene Aspekte wie Hinzuverdienstregelungen und Maßnahmen zur Arbeitsmarktaktivierung variiert.

So konnten die Forscher signifikante negative Effekte auf die Arbeitsmarktteilnahme ermitteln, die bei Bezug des bedingungslosen Sozialtransfers um 20 Prozent geringer ausfiel als in vergleichbaren Haushalten ohne Leistungsbezug. Auch die Wahrscheinlichkeit, dass mindestens ein Haushaltsmitglied erwerbstätig war, sank gegenüber der Kontrollgruppe um 14 Prozent. Großzügigere Hinzuverdienstregelungen, bei denen jeder zusätzlich verdiente Euro nur zu 25 bis 35 Prozent statt vollumfänglich auf die Transferzahlung angerechnet wurde, konnten den Rückgang der Erwerbsbeteiligung zwar abschwächen, nicht jedoch verhindern. Besonders bemerkenswert: Die negativen Beschäftigungseffekte hielten selbst sechs Monate nach Programmende noch an.

Diese Ergebnisse stehen in scheinbarem Widerspruch zu Befunden aus Finnland und Italien, wo für ähnliche Programme kaum negative Beschäftigungseffekte gemessen wurden. Ein Hauptunterschied besteht nach Einschätzung der Forscher in der Höhe der Transferleistungen: Während die B-MINCOME-Transfers je nach Haushaltszusammensetzung bis zu 130 Prozent des Mindestlohneinkommens ausmachen konnten, belief sich das bedingungslose Grundeinkommen im finnischen Experiment lediglich auf den Grundbetrag der Arbeitslosenunterstützung, während es im italienischen Beispiel um noch geringere Beträge von maximal 3.600 Euro im Jahr ging. Erschwerend kam bei B-MINCOME hinzu, dass ein mögliches Erwerbseinkommen zum Teil auf die Transferleistungen angerechnet wurde, was die Arbeitsanreize zusätzlich reduzierte.

Allerdings betraf der Rückgang der Erwerbsbeteiligung fast ausschließlich Haushalte mit Kindern. Die Studienautoren weisen daher darauf hin, dass ein solcher Effekt sogar gesellschaftlich erwünscht sein könne, wenn Eltern dadurch in die Lage versetzt würden, sich intensiver um ihre Kinder zu kümmern. Langzeitauswertungen sollten daher neben den Beschäftigungswirkungen auch etwaige positive Effekte auf Bildung, Gesundheit oder Risikoverhalten der Kinder aus sozial benachteiligten Familien in den Blick nehmen.

Filed Under: Research Tagged With: cash transfer, labor force participation, poverty, social inclusion, unconditional basic income, welfare

Bessere Gesundheit durch modernisierten Wohnraum

March 31, 2023 by Mark Fallak

Ein wichtiger Bestandteil der Energiewende in Europa und den USA ist die umfassende Sanierung und Modernisierung bestehenden Wohnraums. Die EU stellt im Rahmen des European Green Deal das sogenannte Renovation Wave Program mit einer Fördersumme von 275 Milliarden Euro bereit. Auch in der aktuellen US-Gesetzgebung zur Ausbau der Infrastruktur und Abbau der Inflation sind umfangreiche öffentliche Mittel zur Verbesserung der Energieeffizienz von Wohngebäuden vorgesehen.

Bei der Kosten-Nutzen-Analyse solcher staatlichen Förderprogramme stehen meist ökologische Aspekte im Vordergrund. Dabei können effiziente Dämmung oder moderne Heizungen auch das körperliche Wohlbefinden verbessern – mit immensem Einsparungspotenzial bei den Gesundheitskosten, wie ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Steffen Künn und Juan Palacios belegt.

Fallstudie zum Aufbau Ost

Die Forscher berechnen am Beispiel der Renovierungswelle in den neuen Bundesländern nach der Wiedervereinigung, wie sich das groß angelegte KfW-Programm zur Wohnraummodernisierung auf die Gesundheit der Menschen ausgewirkt hat. Über einen Zeitraum von sieben Jahren wurden mit 40 Milliarden Euro an Fördermitteln 3,6 Millionen Wohnungen – etwa die Hälfte des gesamten ostdeutschen Wohnungsbestandes – saniert. Im Mittelpunkt stand dabei die Instandsetzung von Dächern, Fassadendämmungen und Heizsystemen.

Gute Gebäudedämmungen und funktionierende Heiz- und Klimasysteme können sich positiv auf die Gesundheit insbesondere älterer Menschen auswirken. So kann ein stabileres Innenraumklima und damit ein verbesserter Schutz gegen extreme Außentemperaturen Probleme mit dem Herz-Kreislauf-System verhindern. Die Forscher untersuchen daher, ob sich die Krankheitskosten durch die Wohnraummodernisierung verringert haben könnten.

Um einen solchen Effekt nachweisen zu können, nutzten die Studienautoren neben repräsentativen Daten aus dem sozioökonomischen Panel (SOEP) auch Verwaltungsdaten zu Krankenhauseinweisungen sowie detaillierte Wetterdaten.

Bessere Heizung und Dämmung schützt die Gesundheit Älterer

Die Auswertung zeigt: In der Altersgruppe der über 45-Jährigen ging die Anzahl der kreislaufbedingten Krankenhauseinweisungen deutlich zurück – pro zusätzlich ausgeschütteten 100 Euro an Fördergeld im Schnitt um zwei Prozent. Hochgerechnet ergibt sich daraus eine Summe von etwa 180 Millionen Euro an eingesparten Gesundheitskosten aufgrund des KfW-Programms.

Die Forscher ermitteln außerdem, dass der verbesserte Schutz gegen extreme Kälte und Hitze maßgeblich zum Rückgang an Krankenhausaufenthalten beigetragen hat. In der Altersgruppe der 45- bis 64-Jährigen ist der Effekt in Zeiträumen mit extremen Temperaturen besonders ausgeprägt.

Nach Einschätzung der Autoren kommt der gesundheitliche Aspekt in der Diskussion um Kosten und Nutzen staatlicher Förderprogramme zu kurz. Neben dem Energiesparen sei die Kostenersparnis im Gesundheitssystem – ganz abgesehen vom individuellen Nutzen besserer Gesundheit – nicht zu unterschätzen.

Filed Under: Research Tagged With: health, housing quality, renovation, weather

Mehr Bildung, besserer Klimaschutz?

March 16, 2023 by Mark Fallak

Dass ein besseres Verständnis der Auswirkungen und Gefahren des menschengemachten Klimawandels die individuellen Einstellungen zum Klimaschutz beeinflusst, liegt auf der Hand. Doch in der politischen Debatte zeigt sich, dass „klimaskeptische“ Einstellungen nicht unbedingt auf einen geringen  Bildungsstand zurückzuführen sind. Kann mehr Bildung also überhaupt zum Klimaschutz beitragen?

Dieser Frage widmet sich ein IZA-Forschungspapier von Noam Angrist, Kevin Winseck, Harry A. Patrinos und Joshua Graff Zivin. Die Autoren verknüpfen Befragungsdaten zu Klimawandel und Klimaschutz aus dem European Social Survey (ESS) mit Wahlergebnissen in 16 europäischen Ländern, in denen die Schulpflicht ausgeweitet wurde, was den Verbleib im Bildungssystem im Schnitt um rund ein Jahr verlängerte.

Die Analyse zeigt, dass dieses zusätzliche Bildungsjahr unter den Befragten die Wahrscheinlichkeit erhöhte, die Existenz des Klimawandels anzuerkennen, nachhaltige Produkte zu kaufen und politische Maßnahmen für mehr Klimaschutz zu befürworten. Die Bereitschaft, eine grüne Partei zu wählen, erhöhte sich sogar um mehr als ein Drittel. Der Effekt ist nicht notwendigerweise auf die zusätzliche Bildung als solche zurückzuführen, sondern kann auch aus den dadurch gestiegenen Arbeitsmarkt- und Einkommenschancen resultieren.

Nach Einschätzung der Forscher wird die Bedeutung von Bildungsinvestitionen für die Eindämmung des Klimawandels bislang unterschätzt. In Europa seien auch nach den betrachteten Reformen im Schnitt nur zehn Schuljahre verpflichtend, in den geringer entwickelten Ländern der Welt noch deutlich weniger. Hier liege großes Potenzial, um mehr öffentliche Unterstützung für die sozialökologische Transformation zu gewinnen.

Filed Under: Research Tagged With: climate change, compulsory schooling, education, human capital, voting

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