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IZA – Institute of Labor Economics

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Senken bedingungslose Sozialtransfers die Arbeitsanreize?

April 25, 2023 by Mark Fallak

Bei staatlichen Unterstützungsleistungen stellt sich oft die Frage, inwieweit Geldzahlungen an bestimmte Bedingungen wie die Bereitschaft zur Arbeitsaufnahme geknüpft werden sollten. Gerade viele Entwicklungsländer setzen bei der Armutsbekämpfung inzwischen zunehmend auf bedingungslose Sozialtransfers, auch um den bürokratischen Aufwand gering zu halten und das Selbstwertgefühl der Menschen zu stärken.

Die Forschung zeigt, dass solche Programme positive Effekte auf den Bildungserfolg sowie die körperliche und seelische Gesundheit haben können, ohne sich maßgeblich auf das Arbeitsangebot auszuwirken. Allerdings konzentriert sich die wissenschaftliche Evidenz dazu bislang auf Entwicklungsländer mit meist weniger komplexen Arbeitsmarktinstitutionen und schwächer ausgeprägten sozialen Sicherungssystemen.

In einem aktuellen IZA-Forschungspapier liefern Timo Verlaat, Federico Todeschini und Xavier Ramos neue Erkenntnisse aus Spanien. Die Studie evaluiert das Pilotprojekt B-MINCOME, das relativ großzügige, bedingungslose Geldzahlungen an bedürftige Haushalte in sozial benachteiligten Stadtvierteln Barcelonas gewährte.

Abhängig von Einkommen und Familienstand erhielten die Haushalte im Schnitt 500 Euro monatlich, was etwa der Hälfte des Mindestlohneinkommens und 90 Prozent des bisherigen Einkommens der betreffenden Haushalte entspricht. Um die Beschäftigungseffekte messen zu können, wurden teilnehmende Haushalte im Rahmen einer zweijährigen randomisierten Kontrollstudie zufällig ausgewählt und verschiedene Aspekte wie Hinzuverdienstregelungen und Maßnahmen zur Arbeitsmarktaktivierung variiert.

So konnten die Forscher signifikante negative Effekte auf die Arbeitsmarktteilnahme ermitteln, die bei Bezug des bedingungslosen Sozialtransfers um 20 Prozent geringer ausfiel als in vergleichbaren Haushalten ohne Leistungsbezug. Auch die Wahrscheinlichkeit, dass mindestens ein Haushaltsmitglied erwerbstätig war, sank gegenüber der Kontrollgruppe um 14 Prozent. Großzügigere Hinzuverdienstregelungen, bei denen jeder zusätzlich verdiente Euro nur zu 25 bis 35 Prozent statt vollumfänglich auf die Transferzahlung angerechnet wurde, konnten den Rückgang der Erwerbsbeteiligung zwar abschwächen, nicht jedoch verhindern. Besonders bemerkenswert: Die negativen Beschäftigungseffekte hielten selbst sechs Monate nach Programmende noch an.

Diese Ergebnisse stehen in scheinbarem Widerspruch zu Befunden aus Finnland und Italien, wo für ähnliche Programme kaum negative Beschäftigungseffekte gemessen wurden. Ein Hauptunterschied besteht nach Einschätzung der Forscher in der Höhe der Transferleistungen: Während die B-MINCOME-Transfers je nach Haushaltszusammensetzung bis zu 130 Prozent des Mindestlohneinkommens ausmachen konnten, belief sich das bedingungslose Grundeinkommen im finnischen Experiment lediglich auf den Grundbetrag der Arbeitslosenunterstützung, während es im italienischen Beispiel um noch geringere Beträge von maximal 3.600 Euro im Jahr ging. Erschwerend kam bei B-MINCOME hinzu, dass ein mögliches Erwerbseinkommen zum Teil auf die Transferleistungen angerechnet wurde, was die Arbeitsanreize zusätzlich reduzierte.

Allerdings betraf der Rückgang der Erwerbsbeteiligung fast ausschließlich Haushalte mit Kindern. Die Studienautoren weisen daher darauf hin, dass ein solcher Effekt sogar gesellschaftlich erwünscht sein könne, wenn Eltern dadurch in die Lage versetzt würden, sich intensiver um ihre Kinder zu kümmern. Langzeitauswertungen sollten daher neben den Beschäftigungswirkungen auch etwaige positive Effekte auf Bildung, Gesundheit oder Risikoverhalten der Kinder aus sozial benachteiligten Familien in den Blick nehmen.

Filed Under: Research Tagged With: cash transfer, labor force participation, poverty, social inclusion, unconditional basic income, welfare

Bessere Gesundheit durch modernisierten Wohnraum

March 31, 2023 by Mark Fallak

Ein wichtiger Bestandteil der Energiewende in Europa und den USA ist die umfassende Sanierung und Modernisierung bestehenden Wohnraums. Die EU stellt im Rahmen des European Green Deal das sogenannte Renovation Wave Program mit einer Fördersumme von 275 Milliarden Euro bereit. Auch in der aktuellen US-Gesetzgebung zur Ausbau der Infrastruktur und Abbau der Inflation sind umfangreiche öffentliche Mittel zur Verbesserung der Energieeffizienz von Wohngebäuden vorgesehen.

Bei der Kosten-Nutzen-Analyse solcher staatlichen Förderprogramme stehen meist ökologische Aspekte im Vordergrund. Dabei können effiziente Dämmung oder moderne Heizungen auch das körperliche Wohlbefinden verbessern – mit immensem Einsparungspotenzial bei den Gesundheitskosten, wie ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Steffen Künn und Juan Palacios belegt.

Fallstudie zum Aufbau Ost

Die Forscher berechnen am Beispiel der Renovierungswelle in den neuen Bundesländern nach der Wiedervereinigung, wie sich das groß angelegte KfW-Programm zur Wohnraummodernisierung auf die Gesundheit der Menschen ausgewirkt hat. Über einen Zeitraum von sieben Jahren wurden mit 40 Milliarden Euro an Fördermitteln 3,6 Millionen Wohnungen – etwa die Hälfte des gesamten ostdeutschen Wohnungsbestandes – saniert. Im Mittelpunkt stand dabei die Instandsetzung von Dächern, Fassadendämmungen und Heizsystemen.

Gute Gebäudedämmungen und funktionierende Heiz- und Klimasysteme können sich positiv auf die Gesundheit insbesondere älterer Menschen auswirken. So kann ein stabileres Innenraumklima und damit ein verbesserter Schutz gegen extreme Außentemperaturen Probleme mit dem Herz-Kreislauf-System verhindern. Die Forscher untersuchen daher, ob sich die Krankheitskosten durch die Wohnraummodernisierung verringert haben könnten.

Um einen solchen Effekt nachweisen zu können, nutzten die Studienautoren neben repräsentativen Daten aus dem sozioökonomischen Panel (SOEP) auch Verwaltungsdaten zu Krankenhauseinweisungen sowie detaillierte Wetterdaten.

Bessere Heizung und Dämmung schützt die Gesundheit Älterer

Die Auswertung zeigt: In der Altersgruppe der über 45-Jährigen ging die Anzahl der kreislaufbedingten Krankenhauseinweisungen deutlich zurück – pro zusätzlich ausgeschütteten 100 Euro an Fördergeld im Schnitt um zwei Prozent. Hochgerechnet ergibt sich daraus eine Summe von etwa 180 Millionen Euro an eingesparten Gesundheitskosten aufgrund des KfW-Programms.

Die Forscher ermitteln außerdem, dass der verbesserte Schutz gegen extreme Kälte und Hitze maßgeblich zum Rückgang an Krankenhausaufenthalten beigetragen hat. In der Altersgruppe der 45- bis 64-Jährigen ist der Effekt in Zeiträumen mit extremen Temperaturen besonders ausgeprägt.

Nach Einschätzung der Autoren kommt der gesundheitliche Aspekt in der Diskussion um Kosten und Nutzen staatlicher Förderprogramme zu kurz. Neben dem Energiesparen sei die Kostenersparnis im Gesundheitssystem – ganz abgesehen vom individuellen Nutzen besserer Gesundheit – nicht zu unterschätzen.

Filed Under: Research Tagged With: health, housing quality, renovation, weather

Mehr Bildung, besserer Klimaschutz?

March 16, 2023 by Mark Fallak

Dass ein besseres Verständnis der Auswirkungen und Gefahren des menschengemachten Klimawandels die individuellen Einstellungen zum Klimaschutz beeinflusst, liegt auf der Hand. Doch in der politischen Debatte zeigt sich, dass „klimaskeptische“ Einstellungen nicht unbedingt auf einen geringen  Bildungsstand zurückzuführen sind. Kann mehr Bildung also überhaupt zum Klimaschutz beitragen?

Dieser Frage widmet sich ein IZA-Forschungspapier von Noam Angrist, Kevin Winseck, Harry A. Patrinos und Joshua Graff Zivin. Die Autoren verknüpfen Befragungsdaten zu Klimawandel und Klimaschutz aus dem European Social Survey (ESS) mit Wahlergebnissen in 16 europäischen Ländern, in denen die Schulpflicht ausgeweitet wurde, was den Verbleib im Bildungssystem im Schnitt um rund ein Jahr verlängerte.

Die Analyse zeigt, dass dieses zusätzliche Bildungsjahr unter den Befragten die Wahrscheinlichkeit erhöhte, die Existenz des Klimawandels anzuerkennen, nachhaltige Produkte zu kaufen und politische Maßnahmen für mehr Klimaschutz zu befürworten. Die Bereitschaft, eine grüne Partei zu wählen, erhöhte sich sogar um mehr als ein Drittel. Der Effekt ist nicht notwendigerweise auf die zusätzliche Bildung als solche zurückzuführen, sondern kann auch aus den dadurch gestiegenen Arbeitsmarkt- und Einkommenschancen resultieren.

Nach Einschätzung der Forscher wird die Bedeutung von Bildungsinvestitionen für die Eindämmung des Klimawandels bislang unterschätzt. In Europa seien auch nach den betrachteten Reformen im Schnitt nur zehn Schuljahre verpflichtend, in den geringer entwickelten Ländern der Welt noch deutlich weniger. Hier liege großes Potenzial, um mehr öffentliche Unterstützung für die sozialökologische Transformation zu gewinnen.

Filed Under: Research Tagged With: climate change, compulsory schooling, education, human capital, voting

Wie sich die EU-Freizügigkeit auf Häuserpreise auswirkt

March 3, 2023 by Mark Fallak

Explodierende Wohnkosten sind nicht nur in Deutschland ein heißes politisches Thema. Auch in der Schweiz haben sich die Preise für Einfamilienhäuser und selbstgenutzte Wohnungen zwischen 1985 und 2016 etwa verdoppelt. Die Mietpreise bei Neuvermietung zeigen ebenfalls seit 1999 einen klaren Aufwärtstrend. Inwieweit das Freizügigkeitsabkommen (FZA) mit der EU dazu beigetragen haben könnte, untersucht ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Fabienne Helfer, Volker Grossmann und Aderonke Osikominu.

Das seit Juni 2002 geltende Abkommen erleichtert den Zuzug von Erwerbstätigen aus der EU, die im Vergleich zu anderen Einwanderergruppen meist besser qualifiziert sind und mehr verdienen. Historisch betrachtet ziehen Einwanderer bevorzugt in Regionen, wo bereits viele ihrer Landsleute heimisch sind. Die Studie macht sich diesen Umstand zunutze, um den Effekt des erleichterten Zuzugs auf die Entwicklung der Wohnungspreise in den 106 sogenannten MS-Regionen der Schweiz zu messen (hier mehr zur Methodik).

Demnach führte ein jährlicher Bevölkerungszuwachs um 1% durch EU-Ausländer zu einem Anstieg der Preise für Einfamilienhäuser um 4,3% und für Eigentumswohnungen um 5,9%. Schätzungen auf Basis von Daten auf Kantonsebene deuten darauf hin, dass die Zuwanderung die Mietpreise noch stärker erhöht hat. Betrachtet man die Nettozuwanderung, fällt der Anstieg etwas geringer, aber dennoch substanziell aus.

Die Studie weist darauf hin, dass trotz der unbestritten positiven Arbeitsmarktwirkungen der Zuwanderung von Hochqualifizierten der damit verbundene Anstieg der Wohnungspreise insbesondere einkommensschwachen Personen schaden könnte, die kein Wohneigentum besitzen. Die Politik sollte daher durch staatliche Unterstützungsmaßnahmen und geförderten Wohnungsbau gegensteuern, um die Akzeptanz der EU-Freizügigkeit in der Bevölkerung zu erhalten.

Filed Under: Research Tagged With: EU, freedom of movement, housing, immigration, Switzerland

Ersetzen oder fördern neue Technologien betriebliche Weiterbildung?

February 15, 2023 by Mark Fallak

Theoretisch kann die Einführung moderner digitaler Technologien wie Augmented Reality oder 3D-Drucker zwei gegenläufige Effekte auf Investitionen in die betriebliche Weiterbildung haben: Müssen die Mitarbeiter im Umgang mit den neuen Technologien geschult werden, steigt der Bedarf. Werden ihre Tätigkeiten automatisiert oder qualifiziertes Personal neu eingestellt, sinkt der Bedarf an Weiterbildung. Gleiches gilt, wenn sich durch den vermehrten Technikeinsatz die menschlichen Tätigkeiten dahingehend verändern, dass etwa soziale Kompetenzen wichtiger werden als technisches Knowhow.

Um diesen Zusammenhang empirisch zu überprüfen, hat ein Forschungsteam um IZA-Fellow Giorgio Brunello einen umfangreichen Datensatz der Europäischen Investitionsbank ausgewertet, der repräsentative Unternehmensdaten aus der EU und den USA zur betrieblichen Investitionstätigkeit enthält. Die Analyse zeigt, dass die Investition pro Mitarbeiter tendenziell zurückgeht, je mehr neue Technologien eingeführt und je intensiver sie genutzt werden.

Allerdings zeigen sich deutliche Länderunterschiede, abhängig von den politischen Rahmenbedingungen: In Ländern mit schwachem Kündigungsschutz, also potenziell höherer Mitarbeiterfluktuation, gehen die Investitionen pro Kopf deutlich zurück. Umgekehrt steigen sie dort, wo betriebliche Weiterbildung staatlich stärker gefördert wird. Hier sehen die Autoren wichtige Synergieeffekte, um möglichst vielen Beschäftigten den Übergang in die digitale Industriegesellschaft zu erleichtern.

Die ebenfalls analysierten Produktivitätsdaten legen nahe, dass durch den Einsatz neuer Technologien ein ähnlich hoher Produktivitätszuwachs erzielt werden kann wie durch Investitionen in Weiterbildung. Zugleich bestätigt die Unteruchung die Ergebnisse früherer Studien, nach denen die vermehrte Technologienutzung insgesamt nicht zum Beschäftigungsabbau führt.

Eine ausführlichere Zusammenfassung finden Sie hier in englischer Sprache.

Filed Under: Research Tagged With: automation, digitalization, productivity, training

Bedroht die Zuwanderung Geflüchteter den gesellschaftlichen Zusammenhalt?

January 23, 2023 by Mark Fallak

Weltweit hat die Fluchtmigration In den letzten Jahren traurige Rekordwerte erreicht. Allein im vergangenen Jahr flohen innerhalb kurzer Zeit über fünf Millionen Menschen aus der Ukraine, nachdem bereits 2021 rund eine Million Menschen aufgrund der Verschlechterung der politischen und wirtschaftlichen Lage Afghanistan verlassen hatten.

Die Integration einer hohen Zahl von Geflüchteten stellt die Aufnahmeländer vor große Herausforderungen. Durch vermehrte Spannungen zwischen den Neuankömmlingen und der einheimischen Bevölkerung droht ein Verlust von Solidarität und Vertrauen in die Gesellschaft. Doch lässt sich diese Einschätzung auch mit Daten belegen, oder beruht sie vielmehr auf anekdotischer Evidenz oder dem „Bauchgefühl“ der Menschen?

Dieser Frage gehen Emanuele Albarosa und Benjamin Elsner in einem aktuellen IZA-Forschungspapier nach, das die Auswirkungen des massiven Zustroms von Geflüchteten nach Deutschland in den Jahren 2015 und 2016 auf die Einstellungen und Wahrnehmungen der Menschen gegenüber der Gesellschaft untersucht.

In diesem Zeitraum suchten mehr als eine Million Menschen Asyl in Deutschland, vor allem aus Syrien, Afghanistan und dem westlichen Balkan. Die anfänglich gefeierte „Willkommenskultur“ kippte unvermittelt, als es in der Silvesternacht 2015/2016 zu gewalttätigen Übergriffen kam, an denen kurz zuvor eingereiste Migranten beteiligt waren. Dieser ungewöhnlich plötzliche und deutliche Wandel in der öffentlichen Meinung ist für die Forschung besonders aufschlussreich, um Zusammenhänge zwischen Einstellungen gegenüber Geflüchteten und der Gesellschaft zu ermitteln.

Auf Basis umfangreicher Daten aus dem Sozioökonomischen Panel (SOEP), einer repräsentativen Wiederholungsbefragung der deutschen Bevölkerung, analysieren die Forscher verschiedene gesellschaftliche Indikatoren wie Vertrauen, Fairnessempfinden, Sorge über die Entwicklung der Kriminalität sowie Spendenbereitschaft für wohltätige Zwecke. Die Analyse vergleicht dabei Personen, die vor dem Flüchtlingszustrom ähnliche Einstellungen hatten, jedoch in Regionen mit unterschiedlich hoher Zahl aufgenommener Geflüchteter wohnten.

Insgesamt fanden die Autoren kaum Hinweise darauf, dass der Flüchtlingszustrom die Einstellungen und Wahrnehmungen der Menschen maßgeblich beeinflusst hätte. Die roten Punkte in Abbildung 1 zeigen die geschätzte Auswirkung einer Verdoppelung der lokalen Anzahl von Flüchtlingen im Vergleich zu 2014 auf die Wahrscheinlichkeit, dass Befragte einer Aussage wie „Im Allgemeinen kann man den Menschen vertrauen“ oder „Wenn man mit Fremden zu tun hat, ist es besser vorsichtig zu sein, bevor man ihnen vertraut“ stark zustimmen.

Ein Effekt von 0,01 bedeutet, dass sich die Wahrscheinlichkeit um einen Prozentpunkt erhöht. Die Auswirkungen auf die allgemeine Wahrnehmung der Gesellschaft sowie die Besorgnis über Kriminalität und Zuwanderung sind gering und statistisch nicht signifikant. Ein signifikanter Effekt zeigt sich nur bei der Spendenbereitschaft für wohltätige Zwecke, die bei einem lokalen Anstieg der Flüchtlingszahlen zurückgeht.

Dieser Effekt geht offenbar zum Großteil auf Regionen mit hohem Stimmenanteil für die AfD zurück, wo darüber hinaus auch zunehmende Besorgnis über Kriminalität und Zuwanderung zu verzeichnen ist (siehe Abbildung 2).

Als besonders beunruhigend bewerten die Forscher die Ergebnisse ihrer Analyse fremdenfeindlicher Gewalt (siehe Abbildung 3). Die Auswertung von Daten der Amadeu Antonio Stiftung ergab, dass es in zwei Jahren nach der Flüchtlingskrise in Kommunen mit hohen Geflüchtetenzahlen vermehrt zu fremdenfeindlichen Straftaten kam, während in den Vorjahren kein solcher Zusammenhang erkennbar war.

Das Fazit der Studienautoren: Trotz des Wandels der öffentlichen Meinung im Laufe der Flüchtlingskrise haben sich die Wahrnehmung und Einstellungen der Deutschen zu ihrer Gesellschaft weit weniger verändert als oft beklagt. Dennoch belegen die deutlich messbaren Auswirkungen auf fremdenfeindliche Gewalt die gesellschaftlichen Spannungen, die mit der Aufnahme einer großen Zahl von Geflüchteten verbunden sind.

Filed Under: Research Tagged With: anti-immigrant violence, forced migration, social attitudes

Roboter statt Zuwanderung?

December 19, 2022 by Mark Fallak

In vielen Industrienationen haben Unternehmen aktuell große Schwierigkeiten, offene Stellen zu besetzen. Zu den Gründen zählen restriktive Einwanderungsregelungen, der bevorstehende Renteneintritt der Babyboomer-Generation sowie pandemiebedingte Job- und Branchenwechsel.

Eine naheliegende Strategie, dem Arbeitskräftemangel zu begegnen, ist die zunehmende Automatisierung von Produktionsschritten, etwa durch den Einsatz von Industrierobotern. Bislang ist jedoch wissenschaftlich kaum belegt, inwieweit ein knappes Arbeitsangebot zu mehr Automatisierung führt, da ein kausaler Zusammenhang in der Praxis schwer nachzuweisen ist.

Ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Katja Mann und Dario Pozzoli zeigt nun erstmals auf Basis umfangreicher dänischer Daten, dass zufällig auftretende Schwankungen im lokalen Arbeitsangebot des Niedriglohnsektors tatsächlich Auswirkungen auf die Einführung von Robotertechnik in den örtlichen Unternehmen haben.

Die zentrale Hypothese der Studie lautet: Der Zustrom von Arbeitsmigranten aus nicht-westlichen Ländern seit den 1980er Jahren hat das Angebot an geringqualifizierten Arbeitskräften erhöht, was die Arbeitskosten und damit auch den Automatisierungsdruck in Unternehmen verringert hat. In Gemeinden mit hoher Zuwanderung müssten demnach weniger Roboter in Betrieb gegangen sein – und umgekehrt.

Um einen solchen kausalen Zusammenhang zu belegen, nutzten die Forschenden den Umstand, dass Zuwanderer bevorzugt dort hinziehen, wo bereits viele Menschen aus ihrem Heimatland leben und arbeiten. In Dänemark ließen sich viele nicht-westliche Zuwanderer in Gemeinden nieder, wo Landsleute zuvor nach einem staatlichen Verteilungsschlüssel für Geflüchtete – ohne Berücksichtigung ökonomischer Kriterien – angesiedelt worden waren. Dementsprechend „zufällig“ wirkte sich ein verstärkter Zustrom von Niedriglohn-Kräften auf die lokalen Arbeitsmärkte aus.

So konnten die Autoren ermitteln, dass eine Zunahme des Anteils nicht-westlicher Migranten um einen Prozentpunkt die Wahrscheinlichkeit, dass ein in der betreffenden Gemeinde ansässiges Unternehmen Roboter einsetzt, um sieben Prozent verringert. Zudem importieren Unternehmen weniger oder billigere Robotertechnik, wenn der Anteil nicht-westlicher Arbeitskräfte höher ist. Bei steigendem Lohnniveau unter den Migranten nimmt der Automatisierungsdruck wiederum zu, was ebenfalls die Hypothese der „Substituierbarkeit“ stützt.

Vor dem Hintergrund des zunehmenden Arbeitskräftemangels legen die Forschungserkenntnisse nahe, dass sich die Automatisierungstendenzen auch in Deutschland in den nächsten Jahrzehnten massiv verstärken könnten, sofern es nicht gelingt, das Arbeitsangebot durch Zuwanderung adäquat zu ergänzen. Für die Autoren ist der Befund daher auch ein Auftrag an die Bildungspolitik, künftige Berufseinsteiger in die Lage zu versetzen, mit technologischer Unterstützung zu arbeiten, statt gegen die Technologie zu konkurrieren.

Filed Under: Research Tagged With: automation, Denmark, immigration, labor supply, robots

Zuwanderung steigert die Innovationskraft

November 16, 2022 by Mark Fallak

Die Zuwanderung hochqualifizierter Fachkräfte hilft nicht nur offene Stellen zu füllen, sondern steigert auch die Innovationskraft der heimischen Wirtschaft. Was bislang schon für die USA wissenschaftlich belegt war, konnten Anna Maria Mayda, Gianluca Orefice und Gianluca Santoni in ihrem aktuellen IZA-Forschungspapier jetzt auch für Frankreich nachweisen.

Die Analyse umfangreicher Unternehmensdaten der Jahre 1995 bis 2010 zeigt: Stieg der Anteil hochqualizierter Zuwanderer innerhalb eines Verwaltungsbezirks um 10 Prozent, wurden pro 10.000 Beschäftigte in der Industrie im Schnitt 2,6 mehr Patente angemeldet. Eine Erhöhung der Anteils einheimischer Hochqualifizierter führte nicht zu einem vergleichbaren Innovationsschub.

Der positive Effekt der Zuwanderung ergibt sich offenbar aus einer effizienzsteigernden und innovationsfreundlichen Veränderung der Aufgabenverteilung innerhalb von Unternehmen: Hochqualifizierte Zuwanderer finden sich überwiegend in technischen, forschungsintensiven Tätigkeiten, während sich hochqualifizierte Einheimische verstärkt auf Management- und Kommunikationsaufgaben fokussieren.

Diese Aufteilung dürfte zum einen mit den unterschiedlich ausgeprägten Sprachkenntnissen zusammenhängen, zum anderen damit, dass der Managementnachwuchs in Frankreich nach wie vor primär aus heimischen Elite-Universitäten rekrutiert wird.

Trotz der französischen Besonderheiten halten die Forscher ihre Erkenntnisse für international übertragbar, zumal laut einem Bericht der Weltbank auch in anderen europäischen Ländern eine ähnliche Spezialisierung innerhalb der Belegschaften zu beobachten sei. Die Politik sollte sich daher noch intensiver um hochqualifizierte Zuwanderung bemühen, die nicht nur wirtschaftlich unverzichtbar sei, sondern zudem eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung erfahre.

Filed Under: Research Tagged With: innovation, patents, skilled immigration

Wenn ausländische Arbeitskräfte für einfache Tätigkeiten fehlen

November 11, 2022 by Mark Fallak

Der Nutzen hochqualifizierter Zuwanderung für die heimische Wirtschaft ist wissenschaftlich vielfach belegt und angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels weitgehend unumstritten. Weniger Einigkeit besteht hinsichtlich der Arbeitsmarktwirkungen ungelernter Arbeitskräfte aus dem Ausland. Nehmen sie Einheimischen die Jobs weg und drücken die Löhne? Oder stellen sie eine wertvolle Ergänzung dar, indem sie Tätigkeiten übernehmen, für die sich nicht ausreichend einheimisches Personal finden lässt?

Neue Antworten auf diese Fragen liefert ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Michael Clemens und Ethan Lewis auf der Grundlage von US-Unternehmensdaten. In den USA können Unternehmen temporäre Arbeitsgenehmigungen für geringqualifizierte Arbeitskräfte aus dem Ausland im Rahmen einer Visa-Lotterie erhalten. Die rund 100.000 Visa pro Jahr sind nutzbar beispielsweise für Hilfstätigkeiten im Gastgewerbe, in der Forstwirtschaft, auf dem Bau oder in der industriellen Fertigung. Ausgenommen ist der Agrarsektor – für saisonale Erntehelfer gibt es Sonderregelungen.

Ob ein Unternehmen ausländische Arbeitskräfte einstellen darf, ist somit eine Frage des „Losglücks“. Dank dieses Zufallsprinzips können die Forscher einen kausalen Zusammenhang ermitteln, indem sie ähnliche Unternehmen vergleichen, die Arbeitsgenehmigungen erhalten – oder eben nicht. Die Analyse zeigt zunächst: Ein um 50 Prozent geringeres Kontingent an ausländischen Arbeitskräften, die ein Unternehmen einstellen darf, führt zu Produktionseinbußen von neun Prozent. Vor allem aber wird anhand des Vergleichs deutlich, dass Unternehmen mit „Lospech“ bei der Visa-Lotterie die Lücke nicht etwa mit einheimischen Arbeitskräften füllen. Tendenziell stellen sie sogar eher weniger Personal aus dem Inland ein.

Die Autoren schließen daraus, dass auch geringqualifizierte Zuwanderer auf dem Arbeitsmarkt komplementär wirken. Das heißt, sie schaden den Jobaussichten der einheimischen Erwerbsbevölkerung nicht, sondern verbessern sie allenfalls. Ein gesamtwirtschaftlicher Effekt auf die Produktion lässt sich anhand der Daten jedoch nicht ermitteln, da die Studie nur Unternehmen untereinander vergleicht. Auch auf Deutschland sind die Ergebnisse angesichts der unterschiedlichen arbeits- und sozialrechtlichen Rahmenbedingungen nicht ohne Weiteres übertragbar.

Filed Under: Research Tagged With: labor migration, low-skilled workers, United States

Chancen und Risiken des digitalen Arbeitsmarktes

September 26, 2022 by Mark Fallak

Die zunehmende Nutzung digitaler Verfahren in der Personalrekrutierung liefert der Arbeitsmarktforschung eine immense Datenfülle und wirft zugleich eine Reihe neuer Fragen auf. Können Algorithmen die Arbeit von Personalverantwortlichen effizienter machen oder gar ersetzen? Wer profitiert in welchem Maße davon? Dieser Thematik widmete das IZA-Forschungsdatenzentrum IDSC in diesem Jahr bereits zum fünften Mal eine zweitägige Fachtagung zur Diskussion des neuesten Forschungserkenntnisse.

Screening von Bewerbungen

Getragen von der Digitalisierungswelle und dem Wunsch der Arbeitgeber nach schlankeren Einstellungsverfahren bieten immer mehr Dienstleister spezielle Algorithmen zur Unterstützung bei der Personalauswahl an. Wie Manish Raghavan in seinem Vortrag verdeutlichte, besteht die Herausforderung darin, solche Algorithmen mit den geeigneten Daten zu „füttern“, um einseitige Rekrutierungsmuster zu verhindern. Andernfalls bestehe die Gefahr, dass Bewerberdiskriminierung nicht verhindert, sondern womöglich sogar gefördert werde: Während persönliche Präferenzen und menschliche Fehler bei der Personalauswahl variieren, würde ein fehlerhaft programmierter Algorithmus bei allen Unternehmen, die ihn verwenden, das gleiche – möglicherweise diskriminierende – Ergebnis generieren.

Verzerrte Empfehlungslisten

Auf ein ähnliches Problem bei der Verwendung von Algorithmen in Suchmaschinen und Empfehlungsdiensten wies Thorsten Joachims im zweiten Impulsvortrag des Workshops hin. Wie bei Shopping-Portalen, Streaming-Diensten oder Dating-Apps beeinflussen Empfehlungslisten auch bei Online-Jobbörsen, wer welche Angebote erhält. Verzerrungen können hier ebenfalls durch Programmierfehler oder die Verwendung ungeeigneter Datensätze für das maschinelle Lernen entstehen.

Digitale Ärztevermittlung

Das effiziente Zusammenbringen von Angebot und Nachfrage hat auch im Gesundheitswesen großes Potenzial. Mit einer umfangreichen Analyse schwedischer Gesundheitsdaten konnte Amanda Dahlstrand-Rudin belegen, dass Patientinnen und Patienten von einer automatisierten Ärztevermittlung profitieren, weil Risikopatienten mit höherer Wahrscheinlichkeit geeigneten Spezialisten zugeteilt werden und sich unnötige Krankenhauseinweisungen um ein Fünftel reduzieren lassen. Zugleich ist das Verfahren gesellschaftlich fairer, da es die Behandlungsqualität weniger abhängig vom Einkommen macht.

Diversity als Selling Point

Soziale Vielfalt im Unternehmen ist ein Aspekt, auf den Beschäftigte zunehmend Wert legen, wie die von Jung Ho Choi präsentierte Feldstudie mit fast 180.000 Stellensuchenden zeigt. Die Forscher variierten in per Mail verschickten Jobausschreibungen die Informationen zum Unternehmen. Wurde der „Diversity-Score“ explizit genannt, erhielten die Anzeigen mehr Clicks, auch bei geringeren Gehaltsaussichten. Vor allem weibliche Bewerbende hatten eine erhöhte „Zahlungsbereitschaft“ für mehr Vielfalt im Unternehmen.

Weitere präsentierte Studien sind über die Workshop-Programmseite abrufbar.

Filed Under: IZA News, Research Tagged With: data, Internet, job platforms, matching

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