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Facebook-Experiment: Attraktives Profilbild erhöht die Jobchancen

January 14, 2016 by admin

Arbeitgeber suchen in sozialen Netzwerken nach Informationen zu Stellenbewerbern und lassen sich bei der Vorauswahl von Facebook-Profilbildern leiten. Das weist ein aktuelle Studie von IZA-Fellow Stijn Baert (Universität Gent) jetzt erstmals wissenschaftlich nach. In einem umfangreichen Feldversuch fand er heraus, dass der durch die Profilbilder vermittelte Eindruck von Aussehen und Charakter der Bewerber maßgeblich in die Entscheidung einfließt, wer zum Vorstellungsgespräch eingeladen wird.

Aus Umfragen ist bekannt, dass Personaler auch in sozialen Netzwerken wie Facebook nach Informationen über Bewerber suchen, um mehr über deren Persönlichkeit zu erfahren. Bislang gab es jedoch keine belastbaren Erkenntnisse darüber, welchen Einfluss der so gewonnene Eindruck tatsächlich auf die Auswahl von Kandidaten für ein Vorstellungsgespräch hat.

Um dieser Frage nachzugehen, verschickte ein Forscherteam der Uni Gent über 2.000 fiktive Bewerbungen auf echte Stellenanzeigen aus unterschiedlichen Branchen. Auf jede Ausschreibung wurden jeweils zwei inhaltlich gleichwertige Bewerbungen männlicher Hochschulabsolventen verschickt. Die Suche nach den Bewerber-Namen bei Google oder Facebok führte jeweils ausschließlich zu einem von vier Facebook-Profilen, das die Forscher angelegt hatten. Dabei waren nur die Profilbilder öffentlich sichtbar. Diese unterschieden sich im Hinblick auf körperliche Attraktivität und die durch das Foto vermittelten Charaktereigenschaften, die in einer vorangegangenen Studie bewertet worden waren.

Attraktivität öffnet Türen

Die Auswertung der Antworten zeigte, dass der Kandidat mit dem „attraktivsten“ Facebook-Profilbild über 20 Prozent mehr positive Rückmeldungen erhielt als der am wenigsten attraktive Mitbewerber. Eine direkte Einladung zum Vorstellungsgespräch erhielten die gut aussehenden Bewerber sogar um fast 40 Prozent häufiger. Die jeweiligen Fotos waren der Bewerbung nicht beigefügt, sondern nur über Facebook zu finden.

Die Ergebnisse zeigen auch, dass Facebook am ehesten bei Stellenausschreibungen mit höheren Qualifikationsanforderungen herangezogen wird. Entgegen den Erwartungen der Forscher spielte es allerdings keine Rolle, ob die zu besetzenden Stellen regelmäßigen Kundenkontakt beinhalteten.

Ehrlichere Selbstdarstellung

In einer Variante des Experiments fügten die Forscher die Profilbilder den Lebensläufen der Bewerber hinzu und wählten Namen aus, die nicht einem spezifischen Facebook-Profil zuzuordnen waren. Hierbei hatten die Attraktivität und die durch das Foto vermittelte Zuverlässigkeit der Person eine ähnliche Wirkung wie im Versuch mit den Facebook-Bildern.

Für Studienautor Stijn Baert ist daher klar: „Obwohl sicher nicht alle Arbeitgeber auf Facebook surfen, beeinflusst das Profilbild die Chancen auf ein Vorstellungsgespräch in gleichem Maße wie ein Bild im Lebenslauf. Denn die Selbstdarstellung auf Facebook gilt im Vergleich zur idealisierten Darstellung im Lebenslauf als realistischer und ehrlicher.“

Aus diesem Grund hält der Ökonom die Suche nach Zusatzinformationen auf Facebook für wirtschaftlich durchaus effizient. Ob der „Bewerber-Check“ über das private Netzwerk auch ethisch vertretbar ist, will Baert dagegen nicht beurteilen, verweist jedoch darauf, dass jeder Nutzer seine Privatsphäre-Einstellungen selbst in der Hand habe.

Bildquelle: pixabay

Filed Under: Research Tagged With: attractiveness, callback, discrimination, facebook, hiring, job applications, profile picture, resume

Preisgekrönte Studie zu den Arbeitsmarktkosten umweltpolitischer Maßnahmen

January 8, 2016 by admin

Reed Walker

Strengere Emissionsgrenzwerte wirken sich positiv auf die Volksgesundheit aus, sind für die betroffenen Unternehmen jedoch mit Kosten verbunden, die zur Verlagerung von Produktion und Beschäftigung in weniger stark regulierte Branchen und Standorte führen. Wie sich die Arbeitsmarktkosten dieses Strukturwandels beziffern lassen, zeigt eine Studie von IZA-Fellow Reed Walker (Unversity of California, Berkeley), die in dieser Woche in San Francisco mit dem IZA Young Labor Economist Award für die beste Veröffentlichung eines Ökonomen unter 40 Jahren ausgezeichnet wurde.

Für seine Studie nutzt Walker neuartige Längsschnittdaten zu den Erwerbsbiografien von Arbeitnehmern aus Branchen, die von einer Verschärfung der US-Gesetze zur Luftreinhaltung in den 1990er Jahren betroffen waren. Nach seinen Berechnungen ergeben sich durch den Arbeitsplatzverlust bzw. Wechsel in schlechter bezahlte Branchen langfristige Lohneinbußen von durchschnittlich 20 Prozent. Diese Anpassungskosten machen jedoch nur einen Bruchteil der geschätzten Einsparungen im Gesundheitsbereich durch die Verbesserung der Luftqualität aus.

Weitere Details zur Studie finden Sie im englischsprachigen Newsroom.

Filed Under: Research Tagged With: CAAA, Clean Air Act, environment, environmental policy, pollution, reallocative costs, sectoral shift, workforce

Lottogewinner arbeiten auch weiterhin, nur weniger

December 8, 2015 by admin

Nach einem Millionengewinn lautet eine beliebte Frage: „Was machen Sie mit dem Geld? Sie brauchen doch jetzt nicht mehr zu arbeiten, oder?“ Tatsächlich aber gibt kaum jemand seinen Job infolge eines hohen Lottogewinns auf. Eine Reduzierung der Stundenzahl ist dagegen eine typische Reaktion. Das zeigt ein aktuelles IZA-Diskussionspapier aus den Niederlanden.

Die Autoren verfolgten die Erwerbsbiografie von Lottogewinnern über mehrere Jahre und fanden heraus: Gemessen an einem Gewinn von 100.000 Euro reduziert sich das durchschnittliche Arbeitseinkommen um nur 50 Euro im ersten Jahr. Offenbar dauert es eine Zeit, bis sich das Beschäftigungsverhältnis an die geänderten Arbeitszeitpräferenzen anpassen lässt. Denn in den drei Folgejahren ist der Gehaltsrückgang mit rund 1.500 Euro deutlich höher.

Hintergrund der Studie ist die Frage, wie sich das individuelle Arbeitsangebot bei Einkommenssteigerungen verändert. Die Wirtschaftstheorie hat darauf nämlich keine eindeutige Antwort: Erhöht sich der reale Stundenlohn, kann man es sich einerseits eher „leisten“, weniger zu arbeiten, andererseits steigen die „Opportunitätskosten“ (also das entgangene Entgelt) für jede nicht geleistete Arbeitsstunde. Zudem spiegeln Lohnerhöhungen in der Regel Produktivitätssteigerungen wider, so dass sich die Wirkungszusammenhänge empirisch schwer nachweisen lassen.

Hier setzt die Lotto-Studie an: Da ein solch unerwarteter Geldsegen nichts mit der Arbeitsproduktivität zu tun hat, lassen sich die Veränderungen des Arbeitsangebots auf den reinen Einkommenseffekt zurückführen. Weitere methodische Details zur Studie finden Sie in der englischsprachigen Fassung.

Bildquelle: pixabay

Filed Under: Research Tagged With: labor productivity, labor supply, lottery, wage setting, wage shocks

Weniger Studienanfänger nach Turbo-Abitur

December 7, 2015 by admin

Die Verkürzung der Schulzeit bis zum Abitur von 13 auf 12 Jahre führt dazu, dass Abiturientinnen und Abiturienten im ersten Jahr nach dem Schulabschluss seltener ein Studium aufnehmen. Stattdessen nutzen sie das Jahr häufiger für einen Freiwilligendienst oder einen Auslandsaufenthalt.

Zu diesem Ergebnis kommen Tobias Meyer, Stephan Thomsen (beide NIW Hannover) und Heidrun Schneider (DZHW Hannover) in einem aktuellen IZA-Diskussionspapier.

Die meisten Bundesländer haben im vergangenen Jahrzehnt die Länge der Schulzeit bis zum Abitur um ein Jahr verkürzt, ohne dabei die Anzahl der Unterrichtsstunden zu reduzieren. Dadurch müssen Gymnasiasten den gleichen Lernstoff nun in kürzerer Zeit aufnehmen. Ziel der Reform war, das gleiche Bildungsniveau in kürzerer Zeit zu erreichen, damit die Abiturienten ihre nachschulische Bildung und den Berufseinstieg ein Jahr früher beginnen können.

Studienaufnahme direkt nach Abitur geht um 15 Prozent zurück

Ob und inwieweit dieses Ziel tatsächlich erreicht wird, ist bislang empirisch kaum erforscht. Das aktuelle IZA-Diskussionspapier untersucht mögliche Auswirkungen der Reform auf die nachschulischen Bildungsentscheidungen männlicher und weiblicher Abiturienten in einer Reihe von Bundesländern. Die Studie basiert auf Daten des DZHW-Studienberechtigtenpanels für die Abiturjahrgänge 2006 bis 2012.

Da die Reform nicht gleichzeitig, sondern sukzessive in den einzelnen Bundesländern eingeführt wurde, lassen sich die Bildungsentscheidungen in Ländern mit und ohne „Turbo-Abitur” vergleichen. Durch mehrere Analysen unterschiedlicher Jahre und Bundesländer überprüften die Autoren, inwieweit sich die Reformwirkungen in den einzelnen Bundesländern unterscheiden.

Der Untersuchung zufolge ist die Wahrscheinlichkeit, direkt im Anschluss an das Abitur ein Studium aufzunehmen, infolge der Schulzeitverkürzung um rund 15 Prozent zurückgegangen. Dieser Effekt ist in allen untersuchten Bundesländern zu finden und betrifft nicht nur die erste von der Reform betroffene Kohorte, sondern auch die nachfolgenden Jahrgänge.

Unterschiede zwischen Ost und West

Interessanterweise zeigt sich jedoch ein Unterschied zwischen den westdeutschen und ostdeutschen Bundesländern bei der Ursache für die reduzierte bzw. verzögerte Studienaufnahme: Während westdeutsche Abiturientinnen häufiger ein Freiwilliges Jahr absolvieren oder ein Jahr im Ausland verbringen, um im Anschluss ein Hochschulstudium zu beginnen, nehmen die Abiturientinnen in Ostdeutschland deutlich häufiger eine Berufsausbildung anstelle eines Studiums auf.

Dadurch ist die Studierneigung im zweiten Jahr nach dem Abitur in Westdeutschland nicht mehr geringer als vor der Reform, während sie in Ostdeutschland auch über das erste Jahr hinaus reduziert bleibt. Bei Abiturientinnen und Abiturienten aus nicht-akademischem Elternhaus sowie bei männlichen Abiturienten ist die Studierneigung im zweiten Jahr nach dem Schulabschluss jedoch auch in Westdeutschland verringert.

Lernstress und Unsicherheit mögliche Ursachen

Die Autoren der Studie sehen mögliche Erklärungen darin, dass sich Abiturienten nach der kürzeren, lernintensiveren Schulzeit von 12 Jahren schlechter auf ein Studium vorbereitet fühlen, sich unsicherer über ihren weiteren Bildungs- und Berufsweg sind oder vor der Aufnahme einer nachschulischen Bildung erst einmal andere Erfahrungen sammeln wollen.

Daher sollte die Bildungspolitik darauf hinarbeiten, die verkürzte Schulzeit so zu organisieren, dass die Abiturientinnen und Abiturienten gleichermaßen auf ein Hochschulstudium vorbereitet und dazu motiviert sind wie nach 13 Schuljahren, fordern die Autoren. Außerdem gelte es sicherzustellen, dass genügend Angebote zur beruflichen Orientierung bereitgestellt und auch genutzt werden.

Bildquelle: pixabay

Filed Under: Research

Wie Internet-Suchergebnisse gegen Stau helfen können

December 2, 2015 by admin

Die Staus auf deutschen Autobahnen nehmen weiter zu. Im Jahr 2014 registrierte der ADAC rund 475.000 Staus mit einer Gesamtlänge von 960.000 Kilometern. Zu den Folgen zählen (neben gestressten Autofahrern) erhöhte CO2-Emissionen, zusätzliche Transport- und Produktionskosten, vergeudete Arbeitszeit sowie Lieferverzögerungen. INVENT schätzt den wirtschaftlichen Schaden auf etwa 250 Millionen Euro pro Tag.

Da Staus aus einem komplexen Zusammenspiel verschiedener Faktoren entstehen, sind Verkehrsprognosen methodisch anspruchsvoll. In einem aktuellen IZA Discussion Paper stellt Nikos Askitas eine elegante und zugleich simple Methode vor, mit der zu erwartende Verkehrsbelastungen erfasst werden können, noch bevor sich der Stau bildet. Der Big-Data-Experte nutzt dabei aus, dass sich viele Autofahrer vor ihrer Fahrt online über die Verkehrssituation informieren – und somit ihre geplante Route teilweise offenlegen.

Seine Ergebnisse zeigen, dass sich allein auf Basis der allgemein zugänglichen Google-Suchstatistiken rund 80% der Variation in den ADAC-Staumeldungen zwei Stunden vorab vorhersagen lassen. So führt ein einprozentiger Anstieg der Suchhäufigkeit nach dem Begriff „Stau“ zwei Stunden später zu einem Anstieg der Staumeldungen um 0,4 Prozent.

Anhand der Google-Suchanfragen um 7:00 und 16:00 Uhr lässt sich also (unter Berücksichtigung des Wochentags und anderer Faktoren) relativ gut ablesen, wie schlimm die Rush Hour um 9:00 bzw. 18:00 Uhr wird. Geografische Informationen wie Autobahnnummern und Städtenamen in den Suchanfragen verbessern die Qualität der Vorhersagen zusätzlich.

Askitas empfiehlt Verkehrsplanern daher, Google-Suchstatistiken bei der Entwicklung von Modellen für Verkehrsprognosen und Stauprävention stärker mit einzubeziehen. Die Treffsicherheit ließe sich durch präzisere Zieldaten, etwa durch GPS-Informationen zu den Nutzern von Suchmaschinen, weiter steigern.

Bildquelle: pixabay

Filed Under: Research Tagged With: congestion, forecasting, google, internet search, traffic jams, traffic planning

Geschlechteridentitäten beeinflussen Arbeitsangebot von Frauen in Westdeutschland

November 25, 2015 by admin

Ungleiche Bezahlung von Männern und Frauen für die gleiche Arbeit bleibt ein in vielen Ländern verbreitetes Phänomen. Trotz mancher Fortschritte ist es bislang auch in Deutschland nicht gelungen, die Lohnlücke zu schließen. Auf der Suche nach den Gründen für bislang unerklärte Lohnunterschiede zwischen den Geschlechtern haben sich Ökonomen zuletzt vermehrt der Rolle sozialer Normen bei der Arbeitsangebotsentscheidung von Frauen gewidmet.

So belegte eine viel beachtete, von IZA-Fellow Marianne Bertrand (Universität Chicago) mitverfasste Studie den Einfluss klassischer Rollenverteilungen und daraus resultierender Geschlechteridentitäten in den USA: Übersteigt das erzielbare Einkommen der Frau das ihres Partners, reduziert sie im Durchschnitt ihr Arbeitsangebot und verzichtet somit freiwillig auf Einkommen, um die „soziale Norm“ des männlichen Hauptverdieners nicht zu verletzen.

Diesen Zusammenhang weisen Anna Wieber und Elke Holst (DIW Berlin) in ihrem aktuellen IZA-Diskussionspapier nun zumindest teilweise auch für Deutschland nach. Den Hypothesen folgend würden Frauen, die ein höheres Einkommenspotenzial als ihr Partner haben, unter ihren Verdienstmöglichkeiten bleiben und ihre Tätigkeit im Haushalt verstärken, wenn sie tatsächlich ein höheres Einkommen erzielen. Die Studie bestätigt, dass zumindest in Westdeutschland die traditionelle Rollenverteilung einen Einfluss auf Verdienste von Vollzeit beschäftigten Frauen hat.

Die Analyse basiert auf Einkommensdaten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) in Ost- und Westdeutschland. Anhand dieser Daten berechnen die Autorinnen den Anteil der Ehefrau am gemeinsamen Verdienst. Die folgende Grafik zeigt die Einkommensverteilung innerhalb westdeutscher Haushalte.

Einkommensverteilung innerhalb westdeutscher Haushalte

Auffällig ist der scharfe Bruch in der Häufigkeitsverteilung um die rote Linie bei 50%. Die starke Abnahme der Häufigkeit rechts von der 50%-Marke spricht dafür, dass Frauen mit höherem Einkommenspotenzial geringere Verdienst in Kauf nehmen, um der traditionellen Geschlechterrolle zu entsprechen.

Insgesamt zeigt sich nur bei rund 11 Prozent aller westdeutschen Paare, dass die Frau mehr verdient als ihr Mann. In Ostdeutschland, wo die Vollzeitbeschäftigung beider Geschlechter in Zeiten des Sozialismus das Familienideal darstellte, ist dieses Muster deutlich geringer ausgeprägt: Hier tragen rund 27 Prozent der Frauen den größeren Teil zum Haushaltseinkommen bei.

Die Studie wird in einem weiteren aktuellen IZA Discussion Paper (No. 9533) zitiert, das den gleichen Zusammenhang für Schweden untersucht, allerdings keine Hinweise darauf findet, dass Geschlechteridentitäten bei der Einkommensverteilung in schwedischen Haushalten eine Rolle spielen:

  • Gender Identity and Relative Income within Households: Evidence from Sweden
Bildquellen: pixabay, IZA DP No. 9471

Filed Under: Research

Früherer Renteneintritt für belastete Berufsgruppen?

November 17, 2015 by admin

Demografischer Wandel und steigende Lebenserwartung machen in vielen Industrienationen eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit unausweichlich, will man die Tragfähigkeit des Rentensystems nicht aufs Spiel setzen. Mit jeder Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters werden jedoch Forderungen nach Ausnahmen für besonders belastete Berufsgruppen wie den viel zitierten „Dachdecker“ laut. Das war auch in den Niederlanden so, als dort 2012 die Rente mit 67 beschlossen wurde.

Wie aber lassen sich entsprechende Ausnahmen sinnvoll definieren, und wie steht es mit der Bereitschaft der Allgemeinheit, den früheren Renteneintritt bestimmter Berufsgruppen aus Steuermitteln zu finanzieren? Diesen Fragen geht ein aktuelles IZA-Diskussionspapier der niederländischen Ökonomen Niels Vermeer, Mauro Mastrogiacomo und Arthur van Soest nach. Sie verwendeten Daten des CentERpanel, das im Jahr 2012 rund 1.800 Niederländer nach den Kriterien für „belastete“ Berufe, dem als angemessen empfundenen Renteneintrittsalter sowie der persönlichen Bereitschaft zur Finanzierung von Vorruhestandsregelungen befragt hat.

Die Ergebnisse zeigen, dass in der öffentlichen Wahrnehmung fast ausschließlich körperlich anstrengende Tätigkeiten etwa im Baugewerbe als belastend gelten, während psychische Belastung und andere Stressfaktoren in der Bewertung kaum eine Rolle spielen. So wird beispielsweise der Lehrerberuf als vergleichsweise wenig belastend wahrgenommen, und auch Krankenschwestern oder Feuerwehrleute landen nur im oberen Mittelfeld.

Zudem mussten die Befragten angeben, welchen Berufsgruppen es nach ihrer Meinung ermöglicht werden sollte, früher in Rente zu gehen. Büroangestellten wurde dabei das höchste Rentenalter zugemutet, während ein relativ hoher Anteil der Befragten bei Feuerwehrleuten und Bauarbeitern einen Renteneintritt bereits mit 60 bzw. 61 Jahren für vertretbar hielt (siehe Abbildung).

Ergebnis einer Befragung von 1.840 Niederländern. Quelle: IZA DP No. 9462, S. 11

Entsprechend verhält sich auch die Bereitschaft, Vorruhestandsregelungen für einzelne Berufsgruppen über Steuergelder mitzutragen. Für Bauarbeiter und Feuerwehrleute würden die Befragten am ehesten einen Beitrag leisten, für Büroangestellte und Lehrer am wenigsten – und zwar unabhängig davon, welcher Berufsgruppe sie selbst angehören.

Die niederländische Regierung kam zu dem Schluss, dass berufsgruppenbezogene Ausnahmen vom gesetzlichen Renteneintrittsalter nicht praktikabel seien. Unabhängig von der Definitionsfrage senken Ausnahmeregelungen die Anreize für Arbeitgeber, in neue Technologien für altersgerechte Arbeitsplätze zu investieren, und für Arbeitnehmer, mit steigendem Alter in Tätigkeiten mit geringerer Belastung zu wechseln.

Nach Einschätzung der Autoren macht es jedoch Sinn, das frühestmögliche Renteneintrittsalter an die Anzahl der geleisteten Arbeitsjahre (unter Berücksichtigung von Arbeitslosigkeit, Arbeitsunfähigkeit und Erziehungszeiten) zu koppeln, wie es etwa Deutschland mit der abschlagsfreien Rente ab 63 nach 45 Beitragsjahren geregelt hat. Davon würden Arbeitnehmer in körperlich anspruchsvollen Berufen tendenziell profitieren, da sie aufgrund kürzerer Ausbildungszeiten meist früher ins Erwerbsleben eintreten als etwa Akademiker.

Bildquelle: pixabay und IZA DP No. 9462

Filed Under: Research Tagged With: early retirement, Netherlands, pension, pension schemes, physically demanding jobs, population aging, retirement, statutory retirement age

Korruption fördert Abwanderung Hochqualifizierter ins Ausland

November 10, 2015 by admin

Dass persönliche Erfahrungen mit Korruption nicht nur frustrierend sind und Arbeitsmotivation wie Steuermoral beeinträchtigen, sondern auch die Auswanderungsbereitschaft steigern, zeigt ein aktueller Beitrag von Friedrich Schneider (JKU Linz und IZA) für IZA World of Labor.

Korruption schreckt Arbeitnehmer aller Bildungsschichten ab und veranlasst sie in letzter Konsequenz dazu, im Ausland nach Arbeit zu suchen. Jedoch hat der Grad an Korruption unterschiedliche Auswirkungen auf einzelne Gruppen von Arbeitnehmern. Bei Arbeitskräften mit geringer oder mittlerer Qualifikation steigt die Auswanderungsbereitschaft zwar zunächst mit wachsender Korruption, geht jedoch ab einem gewissen Korruptionsniveau wieder zurück.

Internationale Forschungsergebnisse zeigen, dass sich dieses Phänomen mit der steigenden Einkommensungleichheit in korrupten Ländern erklären lässt. Da in stark korrupten Staaten die Einkommen der Mittel- und Niedrigqualifizierten oft massiv gesunken sind, verfügen sie schlicht nicht mehr über die finanziellen Mittel, um auswandern zu können.

Im hochqualifizierten Bereich stellen Studien hingegen eine lineare Entwicklung fest. Steigt die Korruption, kommt es zu mehr Auswanderung, was wiederum eine Kette von Negativfolgen nach sich zieht: Der zunehmende Fachkräftemangel bremst das Wirtschaftswachstum, was zu steigender Arbeitslosigkeit führt, die wiederum die Auswanderungsbereitschaft befördert. Darüber hinaus führt Korruption dazu, dass öffentliche Ausgaben von Gesundheit und Bildung auf andere weniger transparente Bereiche wie Verteidigung verlagert werden, was Niedrigqualifizierte oftmals zusätzlich benachteiligt und sie zum Auswandern ermutigt.

Mit mehr Transparenz und Partizipation gegen den Brain Drain

Mit Blick auf diese negativen Auswirkungen sollten Regierungen, insbesondere in den stark von „Brain Drain“ betroffenen Entwicklungsländern, verstärkt auf Maßnahmen zur Bekämpfung von Korruption setzen, betont Schneider. Wie das Beispiel der Schweiz zeigt, kann eine stärkere öffentliche Beteiligung an der Haushaltsplanung („participatory budgeting“) zu mehr Transparenz und geringerer Korruption führen. Die in der Alpenrepublik fest verankerte direkte Demokratie sowie der Fiskalföderalismus, d.h. eine dezentrale Organisation der Haushalte, beinhalten Elemente der partizipativen Haushaltsplanung und tragen nach Einschätzung Schneiders mit dazu dabei, dass die Schweiz vergleichsweise sehr niedrige Korruptionswerte aufweist.

Einkommensgerechtigkeit spielt eine zentrale Rolle bei der Bekämpfung von Korruption – und damit mittelbar auch hinsichtlich der Emigrationsbereitschaft. Sie kann durch ein als gerechter empfundenes Lohnsystem in Verbindung mit geringeren Korruptionserlebnissen einerseits die Wanderungsbereitschaft reduzieren. Andererseits kann eine sich stärker schließende Einkommensschere aber auch dazu beitragen, dass zusätzliche Bevölkerungsgruppen materiell in die Lage versetzt werden, ihre Emigration zu betreiben.

Die Politik muss sich dessen bewusst sein, darf aber Anstrengungen, durch Umverteilungsmaßnahmen gezielt die Schere zwischen Arm und Reich zu verringern, deshalb nicht unterlassen. Weiterhin sollten Regierungen stärker in Bildung und Berufsförderung investieren, um das Humankapital ihrer Länder zu stärken. In Verbindung mit geringerer Korruption kann verbesserte Bildung den Arbeitsmarkt dahingehend stabilisieren, dass nicht persönliche und politische Kontakte, sondern individuelle Eignung das Weiterkommen begünstigt. Unabhängig von den potenziellen Wanderungseffekten sollte dies das zentrale Ziel auch der internationalen Entwicklungszusammenarbeit sein.

Bildquellen: pixabay, IZA World of Labor 2015: 192

Filed Under: Research

Söhne übernehmen rechtsextreme Einstellungen der Eltern häufiger als Töchter

November 5, 2015 by admin

Die Sozialisierung der Eltern spielt für die Entwicklung ihrer Kinder eine erhebliche Rolle. Auch politische Präferenzen werden oft von den Eltern an die Kinder übertragen. Doch gilt dies auch für rechtsextreme und tendenziell ausländerfeindliche Ansichten?

Ein aktuelles IZA-Diskussionspapier von Alexandra Avdeenko (Universität Mannheim) und Thomas Siedler (Universität Hamburg und IZA) ist dieser Frage nachgegangen. Die Studie untersucht den Zusammenhang von rechtsextremen Parteipräferenzen und Einstellungen zur Zuwanderung zwischen Eltern und deren erwachsenen Kindern in Deutschland.

Bei den Ansichten zum Thema Zuwanderung findet die Studie in der Tat einen starken Zusammenhang zwischen den Generationen. Darüber hinaus werden rechtsextreme Parteipräferenzen der Eltern an ihre Söhne weitergeben, nicht jedoch an die Töchter.

Grundlage der Untersuchung waren Interviewdaten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) des DIW Berlin. Für die Untersuchung wurden die Daten seit 1990 genutzt, die jährlich erhoben werden und es den Forschern ermöglichten, die Einstellungen der Eltern mit denen ihrer Kinder über einen langen Zeitraum zu vergleichen.

Um sicherzustellen, dass die Beeinflussung von den Eltern ausgeht und nicht etwa die erwachsenen Kinder ihre Eltern beeinflussen, wurden die Einstellungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten gemessen. Ebenso wurden sozio-ökonomische und lokale Einflussfaktoren berücksichtigt.

Der Studie zufolge liegt die Wahrscheinlichkeit, dass junge Erwachsene einer rechtsextremen Partei zuneigen, im Durchschnitt um sechs Prozentpunkte höher, wenn ihre Eltern es während der Kindheit der Nachkommen ebenfalls taten. Betrachtet man Töchter separat, so ist bei ihnen kein Zusammenhang mit den Präferenzen der Eltern feststellbar. Bei Söhnen jedoch erhöht sich die Wahrscheinlichkeit sogar um rund 13 Prozentpunkte.

Besorgnis über Zuwanderung auch unter Töchtern

Gleichauf liegen beide Geschlechter, wenn es um die Übertragung von Sorgen über Immigration nach Deutschland geht: Bei Söhnen und Töchtern erhöht sich die Besorgnis um 27 Prozentpunkte (60 Prozent), wenn deren Eltern ebenfalls zuwanderungsskeptisch eingestellt waren.

Bei Analysen auf der Basis von Bevölkerungsbefragungen ist zu berücksichtigen, dass die Teilnehmer falsche Angaben machen können und ihre wahren Ansichten verschleiern. Dies gilt umso mehr, wenn es sich um extreme Positionen handelt. Um diesem Problem zu begegnen, haben Avdeenko und Siedler die Angaben zu rechtsextremen Parteipräferenzen mit den Wahlergebnissen dieser Parteien bei Bundestagswahlen auf Kreisebene verglichen. Es zeigte sich, dass die Angaben aus den Interviews mit den Wahlergebnissen von NPD, DVU und Republikanern stark übereinstimmen.

Die Forscher berücksichtigen eine Reihe an beobachtbaren Einflussfaktoren, etwa Einkommen, Bildungsstand und Arbeitslosigkeit der Eltern, aber auch die Stärke der rechtsextremen Parteien im jeweiligen Wahlkreis, in dem das Kind aufgewachsen ist. Allerdings heben die Ökonomen hervor, dass sie keine kausalen Effekte feststellen, sondern lediglich „intergenerationale Korrelationen“. Andere Faktoren, die sich anhand der Daten nicht bewerten lassen, könnten das Weiterreichen der Einstellungen ebenfalls beeinflussen.

Auch ein anderes Phänomen bleibt unerklärt: Geschlechterunterschiede bei der intergenerationalen Weitergabe von parteipolitischen Präferenzen waren nur im rechtsextremen Bereich zu beobachten. Bei anderen Parteien sind ähnliche Unterschiede zwischen der Beeinflussbarkeit von Töchtern und Söhnen nicht festzustellen.

Bildquelle: pixabay

Filed Under: Research

Futur und Geduld: Sprache beeinflusst ökonomische Entscheidungen von Kindern

October 22, 2015 by admin

Geduld ist ein Charakterzug mit Auswirkungen auf viele Lebensbereiche. Auch Ökonomen untersuchen daher neben Forschern anderer Disziplinen, wie Geduld in intertemporalen Entscheidungen – also die Neigung, „mehr Ertrag morgen“ gegenüber „weniger Ertrag heute“ vorzuziehen – mit Gesundheit und Wohlstand zusammenhängen.

Die Forschung zeigt: Geduldige Erwachsene bringen im Job bessere Leistungen, behalten ihre Stelle länger, überziehen Kreditkarten weniger stark und rauchen seltener. Bei Jugendlichen geht Geduld mit besseren schulischen Leistungen und einem gesünderen Lebensstil einher. Langzeitstudien haben eindrucksvoll belegt, dass sich ein hohes Maß an Geduld bei Kindern im späteren Leben auszahlt – durch höheren Bildungsstand, mehr Einkommen, bessere Gesundheit (weniger Fettleibigkeit, Alkoholismus und Tabakkonsum) und geringere Kriminalitätsraten.

Was hat Sprache damit zu tun?

Nach der von Keith Chen entwickelten „linguistic savings“-Hypothese rufen Sprachen, die Futur und Präsens grammatikalisch klar unterscheiden, weniger zukunftsorientiertes Verhalten hervor als solche, in denen Präsens anstelle des Futurs gebräuchlich ist. So ist etwa in der englischen Sprache die Futur-Form für zukünftige Ereignisse verpflichtend. Ein Beispiel: Es muss heißen „tomorrow it will rain“ (nicht „tomorrow it rains“), während im Deutschen die Formulierung „morgen regnet es“ gebräuchlich ist.

Durch den Verzicht auf die Futur-Form rückt die Zukunft näher an die Gegenwart. Wenn somit das Eintreten zukünftiger Ereignisse sicherer erscheint, sollte zukunftsorientiertes Verhalten an Attraktivität gewinnen. Der grammatikalische Unterschied könnte also ökonomisches Verhalten insbesondere dann beeinflussen, wenn es um Entscheidungen mit intertemporalen Konsequenzen geht.

Experiment mit Südtiroler Grundschülern

Ein Verhaltensexperiment von IZA-Fellow Matthias Sutter (Universität Köln), Silvia Angerer (IHS Kärnten), Daniela Glätzle-Rützler (Universität Innsbruck) und Philipp Lergetporer (ifo-Institut) stützt diese Hypothese. Durchgeführt wurde das Experiment mit Grundschülern im norditalienischen Meran, dessen rund 38,000 Einwohner jeweils zur Hälfte deutsch- bzw. italienischsprachig sind. Beide Sprachgruppen leben Tür an Tür, aber die Schulen mit gleichem Einzugsgebiet sind nach Sprachen getrennt.

Aufgrund dieser Besonderheit konnten die Forscher 860 Kinder im Alter von 6 bis 11 Jahren untersuchen, die bis auf die Sprache in vergleichbaren „Verhältnissen“ aufwachsen. In dem Experiment analysierten sie die Zeitpräferenzen der Kinder anhand von simplen Entscheidungen: Die Kinder konnten wählen, wenige kleine Geschenke sofort oder eine größere Anzahl an Geschenken in wenigen Wochen zu erhalten.

Deutsche Sprache regt eher zu Geduld an

Die Ergebnisse zeigen, dass deutschsprachige Kinder deutlich geduldiger sind als ihre italienischsprachigen Altersgenossen: Sie sind eher bereit, für mehr Geschenke länger zu warten. Bereits im Alter von sechs Jahren lässt sich ein klarer Unterschied beobachten, der sich über alle Altersgruppen hinweg fortsetzt (siehe Abbildung).

Relative Häufigkeit von geduldigen Entscheidungen

Die Autoren können ausschließen, dass dieser Befund auf den soziodemografischen Hintergrund der Kinder oder Unterschiede bei Intelligenz und Risikoeinstellungen zurückzuführen ist. Besonders bemerkenswert: Kinder, in deren Haushalt beide Sprachen gesprochen werden, liegen auf der „Geduld-Skala“ genau zwischen den beiden einsprachigen Gruppen.

Geduld trainieren: Zukunftsorientierte Entscheidungsfindung stärken

Wie aber lassen sich solche scheinbar sprachlich bedingten „Geduldsdefizite“ abbauen? Neuere Studien aus der Verhaltensökonomik legen drei mögliche Ansatzpunkte zur Förderung zukunftsorientierten Verhaltens nahe: das Setzen geeigneter Standards („Defaults“) für Entscheidungen, das Bestärken einer aktiven Entscheidungsfindung (durch möglichst transparente Gestaltung von Wahlmöglichkeiten und das Erzwingen von Entscheidungen) oder die Einführung von verbindlichen Selbstverpflichtungen.

Künftige Studien könnten untersuchen, ob diese Instrumente in verschiedenen Sprachgruppen gleich gut funktionieren und wie sie genutzt werden können, um Kinder in Geduld zu trainieren. Mit Blick auf den nachweislich langfristigen Nutzen von Geduld könnten Individuen und Gesellschaft gleichermaßen davon profitieren.

Bildquelle: pixabay, IZA DP No. 9383

Filed Under: Research Tagged With: behavior, German, health, intertemporal choice, Italian, language, linguistic savings, patience, wealth

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