Die globale Finanzkrise hat die aufstrebenden Volkswirtschaften auf sehr unterschiedliche Weise getroffen. Während einige Transformations- und Schwellenländer in eine tiefe Rezession rutschten, mit gravierenden Folgen für Arbeitsmärkte, Humankapital und Wachstum, blieben andere aufgrund ihrer Wirtschaftsstruktur und geeigneter Politikmaßnahmen von langfristigen Negativeffekten verschont.
Ein vom IZA gemeinsam mit der Higher School of Economics in Moskau ausgerichteter Workshop zog eine Bilanz der Arbeitsmarkttrends und Anpassungsprozesse in Russland, China sowie ausgewählten Volkswirtschaften Mittel- und Osteuropas ein Jahrzehnt nach der Krise.
Bildung und Einkommensungleichheit
Am Beispiel Sloweniens identifizierte die von Peter F. Orazem vorgestellte Studie die „Gewinner und Verlierer“ des 25 Jahre währenden Übergangs zur Marktwirtschaft. Insgesamt ist der durch Bildungsabschlüsse und Arbeitserfahrung erzielbare Lohnvorteil in dieser Zeit deutlich angestiegen. Zuletzt hat jedoch der wachsende Anteil von Hochschulabsolventen die Bildungsrendite geschmälert, was einen dämpfenden Effekt auf die Lohnungleichheit hat.
Handelsliberalisierung und Arbeitsmarktflexibilität
In China war die Mobilität von Arbeitskräften lange durch die staatliche Wohnsitzkontrolle („Hukou“) eingeschränkt. Eine teilweise Lockerung dieses Systems versetzte Unternehmen in den betreffenden Regionen in die Lage, flexibler auf Veränderungen ihres Arbeitskräftebedarfs zu reagieren, die sich insbesondere aus der Handelsliberalisierung ergaben, so der Befund des von Feicheng Wang mitverfassten Forschungspapiers.
Mindestlohneffekte
Bislang existieren kaum empirische Erkenntnisse zu den Auswirkungen von Mindestlöhnen in Transformationsländern. Anna Lukyanova zeigt mit ihrer Analyse der Mindestlohnerhöhungen in Russland zwischen 2005 und 2015, dass sich die Ungleichheit am unteren Ende der Lohnskala insbesondere dort verringert hat, wo der reale Wert des Mindestlohns vergleichsweise stark gestiegen ist. Davon profitierten vor allem Frauen.