Beim Lehrpersonal an Universitäten stehen Professoren an der Spitze der Rangordnung – nicht nur von der Gehaltsklasse her. Sie gelten meist als fachlich kompetenter im Vergleich zu Doktoranden und anderen Dozenten. Aber bedeutet das auch, dass sie effektiver unterrichten und die Studierenden besser auf die Anforderungen des Arbeitsmarkts vorbereiten?
Ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Jan Feld, Nicolás Salamanca und Ulf Zölitz widmet sich dieser Frage mit Blick auf Tutorien – also Lehrveranstaltungen, die der Wiederholung, Vertiefung und praktischen Anwendung des in Vorlesungen vermittelten Lernstoffs dienen. Die Autoren nutzen umfangreiche Daten einer niederländischen Universität, an der Studierende nach dem Zufallsprinzip verschiedenen Lehrkräften mit und ohne Professorentitel zugewiesen wurden. Das Ergebnis ist eindeutig: Die von Professoren unterrichteten Studierenden erzielten weder bessere Noten noch bessere Leistungen in weiterführenden Kursen. Auch nach dem Uni-Abschluss hatten sie keinerlei Vorteile bei Löhnen und Jobzufriedenheit.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Debatte über die Kosten der Hochschulbildung sprachen wir mit Ulf Zölitz, Assistenzprofessor an der Universität Zürich:
Wie kamen Sie darauf, die Lehrtätigkeit von Professoren genauer unter die Lupe zu nehmen?
An vielen Universitäten werden Tutorien und vergleichbare Lehrveranstaltungen wie Übungen oder Laborpraktika gleichermaßen von Studierenden und Professoren unterrichtet – im Prinzip also die gleiche Arbeit bei sehr unterschiedlicher Bezahlung. Wir haben uns beide Varianten angeschaut und praktisch keinen Qualitätsunterschied festgestellt. Da es schon überraschend wäre, wenn die geballte Fachkompetenz und der Erfahrungsschatz von Professoren keinerlei Vorteil für die Teilnehmer der Tutorien bieten würde, haben wir Kosten und Nutzen im Detail verglichen.
Was ist das Neue an Ihrer Studie? Gibt es nicht schon Forschung zum Thema?
Die bisherige Forschung konzentriert sich primär auf die Effektivität von Vorlesungen, während die praxisorientierteren Tutorien komplett vernachlässigt wurden. Das ist insofern erstaunlich, als nach unseren Schätzungen über 60 Prozent der Universitäten in den OECD-Ländern Tutorien für Bachelor- und Masterstudiengänge anbieten. Mindestens jede zweite dieser Unis spannt dafür eine Mischung aus Professoren und anderen Lehrkräften ein. Außerdem untersuchen wir in unserer Studie nicht nur den unmittelbaren Effekt auf den Studienerfolg, sondern auch den späteren Arbeitsmarkterfolg der Absolventen einschließlich Gehaltsaussichten und Jobzufriedenheit. Es gibt übrigens nur einen Aspekt, in dem Professoren besser abschneiden: Sie erhalten minimal positivere Bewertungen durch die Kursteilnehmer. Das allein scheint uns aber kein gutes Argument, Tutorien und Übungen von Professoren unterrichten zu lassen.
Wenn aber Professoren dafür offenbar zu „teuer“ sind, ist das nicht eine beunruhigende Nachricht für Sie und Ihre Professorenkollegen?
Im Gegenteil! Unsere Ergebnisse zeigen zwar, dass es Sinn machen würde, fortgeschrittene Studierende und Doktoranden stärker als bisher zum Unterrichten von Tutorien heranzuziehen. Aber das macht Professoren ja nicht überflüssig, sondern sie sollten vielmehr in die Lage versetzt werden, mehr Zeit in das zu investieren, was sie am besten können – zum Beispiel Forschen.
Diese Schlussfolgerung würden die meisten Ihrer Kollegen sicher unterschreiben… Danke für das Interview!