Die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen – der „Gender Pay Gap“ – zählt zu den wohl meistdiskutierten Themen der empirischen Arbeitsmarktforschung. Auch aus dem IZA-Netzwerk gibt es zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten zur Rolle von Diskriminierung, strukturellen Unterschieden, Gehaltserwartungen und anderen Einflussfaktoren. Drei aktuelle Forschungspapiere gehen aus verschiedenen Perspektiven der Frage nach, warum Frauen offenbar weniger Wert auf die Bezahlung legen als Männer.
Warum Frauen seltener wegen schlechter Bezahlung kündigen
Männer wechseln ihren Job häufiger, wenn sie anderswo mehr verdienen können. Um männliche Arbeitskräfte zu halten, müssen Unternehmen daher potenziell tiefer in die Tasche greifen – was wiederum die Lohnungleichheit zwischen den Geschlechtern verschärft.
Dass Frauen einen rein finanziell motivierten Jobwechsel eher scheuen, lässt sich laut einer aktuellen Studie von Christian Bredemeier nicht etwa durch Geschlechterunterschiede bei der Risiko- oder Veränderungsbereitschaft erklären. Vielmehr deutet seine Analyse von US-Haushaltsdaten darauf hin, dass Männer mehr auf die Bezahlung schauen, weil sie nach wie vor meist die Hauptverdiener sind. Nicht-finanzielle Jobaspekte wie Arbeits- oder Pendelzeiten spielen eine geringere Rolle, je mehr das Gehalt zum Haushaltseinkommen beiträgt.
Wenn Männer und Frauen innerhalb von Unternehmen mit Blick auf die Mitarbeiterbindung ungleich entlohnt würden, sei das also nicht unbedingt eine reine Frage des Geschlechts, sondern auch des „Verdienerstatus“. Eine gleichberechtigtere Rollenverteilung im Haushalt könne daher einen wichtigen Beitrag zum Abbau des Gender Pay Gap leisten.
Warum Frauen zufriedener mit ihrem Job sind
Trotz Nachteilen bei den Gehalts- und Karrierechancen geben Frauen im Schnitt eine höhere Jobzufriedenheit an als Männer. Eine in der Forschung vielzitierte These besagt, dass Frauen insgesamt geringere Erwartungen an ihren Job haben und sich daher auch mit objektiv schlechteren Bedingungen eher zufrieden geben. Laut einer neuen Studie von Paul Redmond and Seamus McGuinness greift dieser Erklärungsansatz jedoch zu kurz.
Anhand von detaillierten Daten aus den 28 EU-Ländern untersuchen die Forscher den Einfluss diverser Jobpräferenzen. Demnach legen Frauen bei der Arbeitsplatzwahl mehr Wert auf die Work-Life-Balance und eine „sinnstiftende“ Tätigkeit als Männer. Diese beiden Aspekte schlagen sich besonders in der Arbeitszufriedenheit nieder.
Warum Frauen bevorzugt im öffentlichen Sektor arbeiten
Unterschiedliche Jobpräferenzen können auch erklären, warum Frauen im öffentlichen Dienst überrepräsentiert sind. Geringere Gehaltsunterschiede zwischen den Geschlechtern, höhere Arbeitsplatzsicherheit, bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie die Gemeinwohlorientierung der Tätigkeit zählen zu den Merkmalen, die den öffentlichen Sektor gegenüber der Privatwirtschaft für Frauen potenziell attraktiver machen.
Eine Studie von Pedro Maia Gomes und Zoë Kuehn ermittelt auf Basis von Daten aus vier Ländern, welche Bedeutung diese Aspekte für die Berufswahl haben. (Detaillierte Ergebnisse finden Sie in der englischsprachigen Zusammenfassung.) Unter anderem errechnen die Autoren, wie hoch die Gehaltseinbußen sind, die Beschäftigte in der Privatwirtschaft statistisch in Kauf zu nehmen bereit sind, um von den Vorteilen des öffentlichen Dienstes zu profitieren.
Hier zeigt sich, dass Frauen eine höhere „Zahlungsbereitschaft“ für familienfreundliche Arbeitszeiten haben, während Männer mehr Wert auf Beschäftigungssicherheit legen. Den Autoren zufolge lässt sich dieser Befund wiederum darauf zurückführen, dass Männer mehr zum Haushaltseinkommen beisteuern (siehe dazu auch die erstgenannte Studie), was einen Jobverlust vergleichsweise schmerzlicher macht.