Staatliche Unterstützung für Menschen mit Erwerbsunfähigkeit oder Erwerbsminderung machen in den Mitgliedsstaaten der OECD rund 10 Prozent der Sozialausgaben aus. Ein naherliegender Ansatz, um Kosten zu sparen und Missbrauch entgegenzuwirken, ist die Herabsetzung der Verdienstgrenze, ab der Unterstützungsleistungen gezahlt werden.
Ob sich diese Maßnahme unterm Strich für den Staat rechnet, ist jedoch fraglich, wie ein aktuelles IZA Discussion Paper von Judit Krekó, Daniel Prinz und Andrea Weber belegt. Die Studie untersucht die Effekte einer Reform in Ungarn, nach der Leistungsempfänger nicht mehr maximal 80 Prozent ihres vorherigen Einkommens, sondern nur noch 80 Prozent des Mindestlohns verdienen durften, um zusätzlich Erwerbsminderungsrente zu erhalten.
Die Analyse zeigt, dass die Zahl der Leistungsbezieher infolge der Reform nicht zurückging, wohl aber deren Arbeitsangebot. Das heißt, die erwerbsgeminderten Personen arbeiteten weniger, um unterhalb der neuen Verdienstgrenze zu bleiben. Im Schnitt verringerte sich die Stundenzahl um 7 Prozent und die Einkommen um 18 Prozent.
Da sich bei der Mortalität keine nennenswerten Veränderungen ergaben, lässt sich eine gestiegene Schwere der Erwerbsminderung als Grund für das verringerte Arbeitsangebot weitgehend ausschließen. Auch die Wahrscheinlichkeit, aus dem Leistungsbezug auszusteigen, erhöhte sich nicht. Insfofern sprechen die Befunde dafür, dass die „optimale“ Verdienstgrenze höher liegt und die Absenkung weder dem Staat noch den Betroffenen zugutekam.