Die fortschreitende Digitalisierung wird nicht zu Massenarbeitslosigkeit führen. Für solche Schreckensszenarien gebe es keine empirische Evidenz, und sie widersprächen zudem einfacher ökonomischer Logik, schreibt IZA-Fellow Jens Südekum (Düsseldorf Institute for Competition Economics) in einem aktuellen Beitrag zur Reihe „IZA Standpunkte“. Das wahre Problem der Digitalisierung bestehe vielmehr in einer stärkeren Ungleichheit der Lohn- und Einkommensverteilungen sowie in sinkenden Reallöhnen in der Mitte des Lohnspektrums.
In seinem Beitrag bezieht sich Südekum auf aktuelle Forschung zu den Arbeitsmarkteffekten einer konkreten neuen Technologie: dem Einsatz von Industrierobotern in Deutschland. Bislang wurden die Löhne durch Roboter nur schwach in Mitleidenschaft gezogen. Diese negativen Lohneffekte könnten zwar zunehmen, etwa durch das Voranschreiten künstlicher Intelligenz und anderer digitaler Technologien. Diesem Problem allein mit einer Ausweitung der Einkommensumverteilung über Steuer- und Transfersysteme begegnen zu wollen, dürfte jedoch langfristig zu kurz greifen, meint Südekum.
Bedingungsloses Grundeinkommen ist der falsche Ansatz
Insbesondere sei das bedingungslose Grundeinkommen (BGE) keine zielführende Lösung, zumal es auf der unzutreffenden Prämisse beruhe, dass das „Ende der Arbeit“ nah sei. Die Wirtschaftspolitik solle sich stattdessen auf die Primärverteilung der Markteinkommen konzentrieren. Das gesellschaftliche Ziel bestehe darin, dass die gesamtwirtschaftlichen Wachstumspotenziale der Digitalisierung möglichst gleichmäßig anfallen.
Die wichtigsten Instrumente zur Erreichung dieses Ziels sind nach Südekums Einschätzung eine produktivitätsorientierte Lohnpolitik und massive Investitionen in die Wissensinfrastruktur zur Förderung von Produktivitätsdiffusion und beruflicher Weiterbildung sowie adäquater Ausbildung insgesamt. Statt über Robotersteuern sollte vielmehr über Modelle der Mitarbeiterbeteiligung nachgedacht werden. Denn die zentrale Frage der Digitalisierung laute: Wem gehören die Roboter?
Die gleiche Schlussfolgerung hatte zuvor bereits IZA-Fellow Richard Freeman (Harvard University) in einem vielbeachteten Beitrag für das Online-Kompendium IZA World of Labor auf den Punkt gebracht: „Who owns the robots rules the world“.