In der Öffentlichkeit sind weibliche Stimmen zu Wirtschaftsthemen nach wie vor unterrepräsentiert. Studien zeigen, dass Ökonominnen das mediale Rampenlicht eher scheuen und sich zu umstrittenen Themen zurückhaltender äußern. Trotzdem – oder vielleicht gerade deswegen – sind sie offenbar besonders überzeugend, wenn sie zu ökonomischen Fragen Stellung beziehen. Das zeigt ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Hans H. Sievertsen und Sarah Smith.
Die Studie aus den USA nutzt ein Befragungsexperiment, in dem Aussagen zu diversen wirtschaftlichen Fragestellungen – von Künstlicher Intelligenz über Klimawandel bis zur Wirtschaftspolitik – bewertet wurden. Zum Beispiel: “Bemühungen, das Ziel der Netto-Null-Emissionen von Treibhausgasen bis 2050 zu erreichen, werden das globale Wirtschaftswachstum erheblich bremsen.”
Zunächst hatten die Forschenden die Einschätzungen von renommierten Ökonominnen und Ökonomen sowie von 100 repräsentativen Testpersonen zu zehn solcher Aussagen ermittelt. Im Hauptteil des Experiments bekamen dann 3.000 Testpersonen zu jeder dieser Aussagen eine Experteneinschätzung angezeigt, wobei das Geschlecht variiert wurde.
Die Auswertung ergab, dass die Befragten die Experteneinschätzung im Schnitt rund 20 Prozent häufiger übernahmen, wenn die Aussage von einer weiblichen Forscherpersönlichkeit stammte. Wie der folgenden Grafik zu entnehmen ist, spielten Geschlecht, Hautfarbe und Bildungsstand der Befragten dabei kaum eine Rolle. Eine Ausnahme bildeten allerdings Anhänger der republikanischen Partei und ältere Personen ab 65 Jahren, die sich eher von männlichen Experten beeinflussen ließen.
Insgesamt werten die Forschenden ihren Befund als Beleg dafür, dass renommierte Ökonominnen in der öffentlichen Wahrnehmung nicht – wie oft vermutet – mit einer „Autoritätslücke“ gegenüber männlichen Kollegen konfrontiert sind, sondern im Gegenteil sogar als glaubwürdiger wahrgenommen werden. Offenbar wird nach wie vor davon ausgegangen, dass Frauen vergleichsweise kompetenter sein müssen, um eine Professur an einer Top-Universität zu erreichen. Zugleich ergibt sich daraus aber auch die Chance für Ökonominnen, mehr Einfluss auf die öffentliche Debatte zu nehmen.