Einstellungstests und Assessment-Center sind inzwischen gängige Praxis bei Neueinstellungen in Unternehmen und Behörden. Dadurch soll eine möglichst objektive Vergleichbarkeit der Qualifikationsprofile gewährleistet und Diskriminierung entgegengewirkt werden. Dennoch kann es bei diesen Verfahren zu systematischer Benachteiligung bestimmter Bewerbergruppen kommen, wenn beispielsweise Wissen abgefragt wird, das für die praktische Berufseignung keine unmittelbare Relevanz hat. Darauf weist ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Dominique Meurs und Patrick A. Puhani hin.
Die Forscher von der Universität Paris-Nanterre und der Leibniz-Universität Hannover analysieren den Einstellungsprozess im öffentlichen Dienst Frankreichs (concours), in dem ähnlich wie bei der Bewerbung für EU-Institutionen Prüfungen abgelegt werden müssen. Die Studie vergleicht die Einstellungsprüfungen für höhere regionale Verwaltungsbeamte mit den Evaluierungen und Tests, die nach einem einjährigen Trainee-Programm durchgeführt werden. Das Trainee-Programm ist deutlich praxisnäher als die Einstellungsprüfungen und enthält auch eine Praktikumskomponente.
Frauen mit gleichen Prüfungsleistungen schneiden im Job besser ab
Der Vergleich zeigt, dass Frauen im Trainee-Programm besser abschneiden als Männer, selbst bei gleichen Ergebnissen in der Einstellungsprüfung. Offenbar werden also bei den Prüfungen berufsrelevante positive Eigenschaften von Bewerberinnen übersehen, was zur Bevorzugung von Männern führt. Dies geschieht, obwohl die Tests anonym bewertet und Frauen im persönlichen Einstellungsgespräch tendenziell sogar leicht bevorzugt werden.
Der Analyse zufolge entsteht die Benachteiligung von Frauen durch eine Aufsatzprüfung zu kulturellem Allgemeinwissen (culture générale), die keinen direkten Zusammenhang mit der Leistung im Trainee-Programm aufweist. Nach Einschätzung der Autoren ist eine solche „systemische Diskriminierung“ nicht beabsichtigt und auch nicht sehr ausgeprägt, aber dennoch statistisch signifikant nachweisbar.
Für diese bislang kaum untersuchte Form von Diskriminierung wollen Meurs und Puhani mit ihrer Studie sensibilisieren. Einstellungstests sollten sich auf berufsrelevante Inhalte konzentrieren, die Aufschluss über die zu erwartende Produktivität der Bewerberinnen und Bewerber im betreffenden Tätigkeitsfeld geben. Gerade wenn kulturelle Fragen zum Einstellungskriterium würden, nähre sich sonst der Verdacht, dass Eliten dieses Instrument nutzen könnten, um möglichst „unter sich“ zu bleiben.