Für eine wirksame Dekarbonisierung der Wirtschaft sind effektive Finanzmärkte essenziell. Deren Bewertung von Klimarisiken bestimmt maßgeblich mit, inwieweit Kapital weiterhin in klimaschädliche Wirtschaftsaktivitäten fließt oder für nachhaltigere Geschäftsmodelle zur Verfügung steht.
Laut einer aktuellen Studie, die IZA-Forschungsdirektor Florian Zimmermann gemeinsam mit Rob Bauer, Katrin Gödker und Paul Smeets verfasst hat, geht zwar ein Großteil der Finanzwelt davon aus, dass die Klimarisiken in den Börsenkursen nur unzureichend widergespiegelt werden. Über Ursachen und künftige Entwicklungen besteht jedoch große Uneinigkeit. Die Untersuchung basiert auf einer umfangreichen Online-Befragung von rund 2.000 Mitgliedern des Finanzexpertenverbandes CFA.
Klimarisiken sind nicht vollständig eingepreist – aber warum?
Rund 68 Prozent der Befragten teilen die Auffassung, Klimarisiken seien in den Börsenkursen unzureichend eingepreist. Doch während ein Viertel der Expertinnen und Experten die Einbeziehung der Klimarisiken für mindestens „sehr wichtig“ hält, erscheint sie einem Drittel der Befragten eher unwichtig:
Bei der Angabe von Gründen sind zwei unterschiedliche Denkmodelle besonders verbreitet (siehe Grafik unten): Knapp die Hälfte der Befragten nennt Informationsdefizite aufgrund fehlender oder ungeeigneter Daten als Begründung. Etwa ebenso häufig wird angeführt, dass die Risiken von anderen Marktteilnehmern falsch eingeschätzt werden und deshalb unzureichend in die Preisbildung eingehen.
Politische Orientierung beeinflusst Einschätzungen von US-Experten
Hier zeigt sich bei den Befragten aus den USA ein großer Einfluss der politischen Orientierung: Wer sich als eher links bezeichnet, denkt häufiger, dass andere Marktteilnehmer Klimarisiken unterschätzen. Wer sich auf der rechten Seite des politischen Spektrums sieht, geht eher davon aus, dass andere die Klimarisiken überbewerten.
Daran orientieren sich auch die Renditeerwartungen der Experten: Ein Teil der Befragten, die im Verlauf der Befragung darüber informiert wurden, dass andere Finanzexperten Klimarisiken für unterschätzt halten, änderte ihre Prognose für die relative Performance „klimafreundlicher“ Aktien nach oben.
Allerdings bleibt die Mehrheit der Experten skeptisch, dass sich die Klimarisiken im Laufe der nächsten zehn Jahre adäquat in den Börsenkursen widerspiegeln werden. Rund 30 Prozent gehen sogar davon aus, dass dies niemals geschehen wird. Neben Informationsdefiziten und den vermuteten Fehleinschätzungen anderer Marktteilnehmer speist sich diese Skepsis auch aus der Unsicherheit über den künftigen klimapolitischen Kurs der Regierungen.