Klausuren und mündliche Prüfungen sind ein zentraler Bestandteil des Hochschulstudiums: Sie messen Wissen, geben Feedback und motivieren zu intensivem Lernen. Doch wie Prüfungen organisiert werden – insbesondere, wie oft sie wiederholt werden dürfen – kann die Leistung von Studierenden entscheidend beeinflussen.
Eine aktuelles IZA-Forschungspapier von Massimiliano Bratti, Silvia Granato, and Enkelejda Havari beleuchtet genau diesen Zusammenhang. Die Forschenden untersuchten eine Reform, die 2010 an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Universität Bologna eingeführt wurde. Diese senkte die maximale Anzahl an Prüfungswiederholungen pro Fach und Jahr von sechs auf drei.
Italienisches System unter Druck
Italien bietet Studierenden außergewöhnlich viel Freiheit: Prüfungen können im Schnitt fünfmal oder öfter pro Jahr wiederholt werden, und schlechte Noten können im Rahmen von Freiversuchen abgelehnt werden. Doch trotz oder gerade wegen dieser Flexibilität sind die Abbruchquoten hoch, Studienzeiten ziehen sich oft in die Länge, und die Zahl der Absolventinnen und Absolventen bleibt niedrig. Nur 29,2 Prozent der 24- bis 35-Jährigen in Italien haben einen Hochschulabschluss – ein Wert, der in der OECD fast am unteren Ende liegt.
Vor diesem Hintergrund wollte die Universität Bologna testen, ob eine stärkere Begrenzung von Prüfungswiederholungen, wie sie international üblich ist, Studienergebnisse verbessern könnte. In den USA sind Wiederholungen oft gar nicht erlaubt, in Großbritannien sind sie auf zwei Versuche begrenzt, und in Deutschland gibt es in der Regel ein bis zwei Wiederholungsmöglichkeiten. Die neue Regelung in Bologna orientiert sich an Schweden, wo Studierende meist drei Versuche pro Jahr haben.
Reform mit messbarem Erfolg
Die Reform an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften hatte deutliche Auswirkungen: Die Wahrscheinlichkeit, dass Erstsemester ihr Studium abbrechen, sank um 4,2 Prozentpunkte. Gleichzeitig sammelten die Studierenden im Schnitt 11,2 zusätzliche Leistungspunkte und bestanden etwa eine Prüfung mehr.
Langfristig zeigte sich, dass die neue Regelung die Abschlussquoten ebenfalls positiv beeinflusste. Die Wahrscheinlichkeit, das Studium abzuschließen, stieg um 5,7 Prozentpunkte (7 Prozent), und die Zahl der Abschlüsse innerhalb der Regelstudienzeit erhöhte sich sogar um 9,1 Prozentpunkte (22 Prozent). Dabei litten die Abschlussnoten nicht unter der verkürzten Studiendauer – eine häufige Sorge von Studierenden.
Auch die Sorge, dass Studierende aus sozioökonomisch schwächeren Familien durch einen strafferen Zeitplan benachteiligt werden könnten, da sie häufiger neben dem Studium arbeiten müssen, erwies sich als unbegründet. Im Gegenteil: Gerade diese Gruppe profitierte überproportional von der Reform. Die Forschenden sehen in der Beschränkung der Prüfungswiederholungen daher einen vielversprechenden Ansatz, um niedrigen Abschlussquoten und langen Studienzeiten effektiv entgegenzuwirken.