Die Frage, welche Jobs durch den Einsatz von Robotern oder künstlicher Intelligenz bedroht sind, steht im Mittelpunkt der öffentlichen Debatte über die Zukunft der Arbeit. Bei der Bewertung des Automatisierungsrisikos bestimmter Berufe wird jedoch häufig übersehen, dass die spezifischen Tätigkeitsmerkmale innerhalb der Berufsgruppen, aber auch international stark variieren.
Generell gilt: Je größer der Anteil von kognitiven oder manuellen Routinetätigkeiten, desto leichter lassen sich die jeweiligen Jobs durch Maschinen ersetzen oder ins Ausland verlagern. Im Laufe der Zeit ist daher der Routineanteil in vielen Berufen zurückgegangen. Allerdings sind die Tätigkeitsprofile einzelner Berufe nicht – wie in der Forschung oft angenommen – international vergleichbar.
In einem aktuellen IZA-Forschungspapier bemessen Piotr Lewandowski, Albert Park, Wojciech Hardy und Yang Du die großen Unterschiede innerhalb von Berufsgruppen und zwischen den Volkswirtschaften anhand umfangreicher Datensätze aus 42 Industrie- und Entwicklungsländern.
Geringere Routineintensität in Industrieländern
In Ländern mit intensiverem Technologieeinsatz, höherem Qualifikationsniveau und breiterer Beteiligung an globalen Wertschöpfungsketten haben demnach vor allem die hochqualifizierten Berufe einen deutlich höheren Anteil an komplexen Aufgaben, die besondere analytische und soziale Kompetenzen erfordern.
Das bedeutet umgekehrt: Fach- und Führungskräfte oder Techniker in Entwicklungsländern üben deutlich mehr Routinetätigkeiten aus als Angehörige der gleichen Berufsgruppe etwa in den USA, Deutschland oder Skandinavien.
Anders verhält es sich bei den Berufen mit geringen oder mittleren Qualifikationsanforderungen. Auch hier sind die Länderunterschiede erheblich, hängen jedoch nicht systematisch mit dem Entwicklungsstand der Volkswirtschaft zusammen.
Ursachen und Konsequenzen der Länderunterschiede
Die Autoren führen ihre Befunde auf drei Faktoren zurück: Technologie, Globalisierung und Qualifikation. Die unterschiedliche Verbreitung von Computern und anderen Technologien hat der Analyse zufolge vor allem zu den Länderunterschieden in der Routineintensität hochqualifizierter Berufe beigetragen, in denen Informations- und Kommunikationstechnologien bei komplexen Tätigkeiten unterstützend eingesetzt werden.
Die Globalisierung, insbesondere die Spezialisierung innerhalb der globalen Wertschöpfungskette, fördert die Unterschiede bei den geringqualifizierten, leicht in Ausland verlagerbaren Berufen. Denn durch „Offshoring“ können sich die jeweiligen Länder auf ihre Wettbewerbsvorteile konzentrieren. Somit spezialisieren sich ärmere Länder tendenziell auf Tätigkeiten mit hohem Routineanteil.
Das durchschnittliche Qualifikationsniveau spielt vor allem in Entwicklungsländern eine wichtige Rolle, zumal davon nicht nur der Anteil an hochqualifizierten Jobs an der Gesamtbeschäftigung abhängt, sondern auch die Ausprägung der Tätigkeitsprofile in den jeweiligen Berufsgruppen.
Diese Aspekte sollten nach Einschätzung der Autoren sowohl in der Wissenschaft als auch in der Politik stärker als bisher berücksichtigt werden, um länderspezifische Antworten auf die Herausforderungen von Digitalisierung und Automatisierung zu entwickeln.