Viele Regionen der Welt kämpfen in diesem Jahr mit Rekordhitze, die zu verheerenden Waldbränden und zahlreichen hitzebedingten Todesfällen geführt hat. Ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Jisung Park, Nora Pankratz und Patrick Behrer weist auf eine zusätzliche, bislang unterschätzte Gesundheitsgefahr hin: Bei hohen Außentemperaturen kommt es vermehrt zu Arbeitsunfällen.
Auf Basis tagesgenauer Wetterdaten für den US-Staat Kalifornien und Statistiken der staatlichen Arbeits- und Unfallversicherung für die Jahre 2001 bis 2018 ermitteln die Forscher, dass sich das Verletzungsrisiko am Arbeitsplatz bei Außentemperaturen über 32 Grad Celsius um neun Prozent erhöht. Überschreitet das Thermometer die 37-Grad-Marke, steigt die Unfallquote sogar um 15 Prozent.
Auch Tätigkeiten in Innenräumen betroffen
Betroffen sind nicht nur Berufe, die überwiegend im Freien ausgeübt werden, sondern auch Tätigkeiten etwa in Lagerhäusern, industriellen Produktionsstätten und Großhandelsbetrieben. So erhöht sich bei starker Hitze die Wahrscheinlichkeit, von einem Gerüst zu fallen, eine Maschine falsch zu bedienen oder von einem Fahrzeug angefahren zu werden. Die Autoren führen diesen Befund darauf zurück, dass hohe Temperaturen kognitive Fähigkeiten wie Konzentration und Urteilsvermögen beeinträchtigen und zu einem lascheren Umgang mit anstrengenden Sicherheitsmaßnahmen verleiten können.
Da dieser Zusammenhang in der Versicherungsstatistik nicht erfasst wird, wird die Zahl der hitzebedingten Arbeitsunfälle laut Studie massiv unterschätzt. Statt der offiziell dokumentierten 850 Fälle pro Jahr dürfte sich die tatsächliche Zahl nach den Berechnungen der Forscher auf über 20.000 belaufen. Die dadurch verursachten sozialen Kosten könnten allein in Kalifornien mit weit über 500 Millionen Dollar jährlich zu Buche schlagen.
Einkommensschwache sind die Leidtragenden
Hinzu kommt, dass Geringverdienende besonders stark vom erhöhten Unfallrisiko betroffen sind, da sie im Job häufiger dem Wetter ungeschützt ausgesetzt sind, gefährlichere Arbeiten verrichten und in den heißesten Regionen des US-Bundesstaates überrepräsentiert sind. So ist das Unfallrisiko am Arbeitsplatz für Beschäftigte im unteren Fünftel der Einkommensverteilung fünfmal höher als für die oberen 20 Prozent. Da die Unfallversicherung nur einen Teil der Einkommensverluste abdeckt, könnte sich die Ungleichheit durch das erhöhte Unfallrisiko also noch verschärfen.
Allerdings liefert die Studie auch eine gute Nachricht: Trotz vermehrter Hitzewellen infolge des Klimawandels sind die hitzebedingten Arbeitsunfälle seit etwa 2005 tendenziell rückläufig. Verschärfte Arbeitsschutzauflagen im Rahmen des damals eingeführten „California Heat Illness Prevention Standard“ dürften dazu beigetragen haben. Aus Sicht der Forscher besteht jedoch noch enormes Verbesserungspotenzial, gerade für Tätigkeiten in Innenräumen, die von der Verordnung nicht abgedeckt sind. Neben mehr Möglichkeiten zur Abkühlung und Erfrischung könnten auch innovative Produktionsmethoden und andere Verbesserungen der Arbeitsbedingungen wie großzügigere Pausenregelungen helfen.