Die sogenannte Maskenpflicht, also die allgemeine Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes, beispielsweise beim Einkaufen oder in öffentlichen Verkehrsmitteln, trägt offenbar deutlich zur Eindämmung der Corona-Pandemie bei. Zu diesem Ergebnis kommt ein aktuelles IZA-Diskussionspapier von Timo Mitze, Reinhold Kosfeld, Johannes Rode und Klaus Wälde. Für die Studie verglichen die Forscher die Entwicklung der COVID-19-Fallzahlen in Jena mit der Entwicklung in ähnlichen Städten.
Jena hatte die Maskenpflicht bereits am 6. April 2020 eingeführt, wesentlich früher als andernorts in Deutschlands. Daraufhin war die Zahl der registrierten Infektionen in Jena nur noch schwach gestiegen. Doch ist diese Abnahme tatsächlich auf die Maskenpflicht zurückzuführen? Um diese Frage möglichst objektiv beantworten zu können, suchten sie aus den anderen Landkreisen und kreisfreien Städten diejenigen heraus, die mit Jena nach der Entwicklung der COVID-19-Fallzahlen bis Ende März sowie nach bestimmten Strukturmerkmalen am stärksten übereinstimmten. Dazu zählten etwa die Bevölkerungsdichte, das Durchschnittsalter der Bevölkerung sowie das Angebot an Ärzten und Apotheken.
Ausbreitung in den ersten drei Wochen um ein Viertel geringer
Aus den Infektionszahlen dieser Städte und Landkreise berechneten die Forscher dann einen Durchschnitt, der den Infektionszahlen entsprechen könnte, die Jena ohne Einführung der Maskenpflicht zum 6. April möglicherweise gehabt hätte. Dabei zeigte sich eine signifikante Kluft zwischen den Fallzahlen in Jena und der Vergleichsgruppe ohne Maskenpflicht. Während in Jena die Gesamtzahl der dort registrierten COVID-19-Fälle zwanzig Tage nach der Einführung der Maskenpflicht lediglich von 142 auf 158 gestiegen war, wäre sie im „synthetischen Jena“ von 143 auf 205 gestiegen. Die Zunahme der Infektionen im „realen Jena“ entsprach also nur rund 23 Prozent der Zunahme in der Vergleichsgruppe. Bei Personen über 60 Jahren war der Anstieg der kumulierten Fallzahlen in Jena sogar nur noch halb so groß wie im gewichteten Durchschnitt der Vergleichsgruppe.
Da die Wirkung bereits wenige Tage nach Einführung der Maskenpflicht erkennbar ist, vermuten die Autoren, dass Ankündigungseffekte eine Rolle gespielt haben. Gerechnet vom Start der Kampagne „Jena zeigt Maske“ am 30. März zeigen die Ergebnisse (Panel B), dass Unterschiede zwischen Jena und der Vergleichsgruppe nach etwa zehn Tagen zu beobachten sind, was aus epidemiologischer Sicht plausibel erscheint.
Um weitgehend auszuschließen, dass der Jenaer Sonderweg auf unbeobachtete Besonderheiten zurückzuführen ist, untersuchten die Forscher in einem zweiten Schritt die Entwicklung der COVID-19-Fallzahlen in den Städten und Kreisen mit Maskenpflicht ab 22. April bzw. 27. April. Auch hier zeigen sich signifikante Unterschiede. Die Autoren schließen daraus, dass die Einführung der Maskenpflicht zu einer Verlangsamung der Corona-Ausbreitung beigetragen hat.
Dieser Befund decke sich mit der Einschätzung von Epidemiologen und Virologen, dass ein Mund-Nasen-Schutz den Luftstrom beim Sprechen hemme und dadurch die Übertragung infektiöser Partikel eingedämmt werde. Möglich sei auch, dass die Masken eine Art Signalfunktion für die Bevölkerung haben könnten, sich an die Kontaktbeschränkungen zu halten. Die Forscher sehen in der Maskenpflicht daher einen sinnvollen Baustein auch für die weitere Eindämmung von COVID-19.