Ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Christoph Feldhaus, Lukas Reinhardt und Matthias Sutter untersucht, wie politische Polarisierung die Bereitschaft der Menschen beeinflusst, sich an Regeln zu halten, die von politisch Andersdenkenden auferlegt werden. Dazu führten die Forscher zwei Experimente mit 1.300 Anhängern und Kritikern von Donald Trump durch.
Experiment mit Trump-Fans und Gegnern
Die Teilnehmenden trafen Entscheidungen in drei Kontexten: Prosozialität (etwa Altruismus), Risikopräferenzen und Zeitpräferenzen. Dabei wurde ihnen jeweils eine Einschränkung durch einen „Interventionisten“ auferlegt, der entweder ihre politische Meinung zu Trump teilte oder ihr widersprach.
Zum Beispiel entschieden die Teilnehmer im Altruismus-Kontext, wie sie eine Geldsumme aufteilen sollten, wobei die Entscheidung bestimmten Einschänkungen wie etwa einer Mindestabgabe unterlag. Im Risikokontext wählten sie zwischen Lotterien mit unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten und Auszahlungen, bei denen ebenfalls einige Optionen eingeschränkt waren. Gleiches galt für Entscheidungen im Zeitpräferenz-Kontext, also zwischen sofortigen und späteren Auszahlungen.
Die Teilnehmenden konnten die jeweiligen Einschränkungen gegen eine geringe Gebühr aufheben, wodurch die Forscher messen konnten, inwieweit die Einhaltung der Regeln von der politischen Zugehörigkeit des „Interventionisten“ abhing. Die Einschränkungen selbst waren in allen Szenarien identisch – nur die wahrgenommene Identität des Interventionisten variierte.
Dem politischen Gegner wird eher böser Wille unterstellt
Die Auswertung zeigt, dass die Teilnehmenden deutlich häufiger bereit waren, für die Aufhebung der Einschränkungen zu bezahlen, wenn diese vom politischen Gegner (Outgroup) auferlegt wurden, als wenn sie von jemandem mit ähnlichen Ansichten (Ingroup) kamen. Dieser Effekt trat in allen Entscheidungskontexten auf, war jedoch bei prosozialem Verhalten und Zeitpräferenzen am stärksten ausgeprägt.
Eine detaillierte Analyse offenbarte den Mechanismus hinter diesem Verhalten: Die Probanden nahmen Einschränkungen von Mitgliedern der Gegengruppe als böswilliger wahr. Sie glaubten, dass Andersdenkende bei der Regelsetzung stärker von dem Wunsch motiviert waren, Schaden zuzufügen oder Macht auszuüben, statt zu schützen oder zu helfen.
Wirkung von sachlichen Argumenten und Kompromissen ist begrenzt
Das Experiment beleuchtet die große Herausforderung, regelkonformes Verhalten in polarisierten Gesellschaften aufrechtzuerhalten. Der Widerstand gegen identische Regeln, wenn sie nicht von der eigenen Gruppe auferlegt wurden, legt nahe, dass sachliche Argumente oder Kompromisse über Inhalte nur begrenzte Wirkung entfalten dürften. Stattdessen könnte aus Sicht der Forscher die Förderung gemeinsamer oder übergreifender Gruppenidentitäten die Akzeptanz von Regeln und Maßnahmen verbessern.