In den Wirtschaftswissenschaften sind Frauen unter Studierenden und Lehrenden nach wie vor stark unterrepräsentiert. Fortschritte bei der Gleichstellung in den 1970er und 1980er Jahren haben sich inzwischen stark verlangsamt und bleiben hinter der Entwicklung in anderen Fachbereichen zurück. Beim wissenschaftlichen Nachwuchs ist der Frauenanteil sogar zum Teil wieder rückläufig, wie ein aktuelles IZA-Forschungspapier von Shelly Lundberg und Jenna Stearns zeigt.
Die Studie basiert auf Daten der American Economic Association zur Zusammensetzung der führenden Wirtschaftsfakultäten in den USA seit 1993. Demnach lässt sich zwar bei den ordentlichen Professuren (Full Professors) eine deutliche Steigerung des Frauenanteils von 3% auf zuletzt rund 14% beobachten. Doch auf den unteren Stufen der akademischen Karriereleiter (Assistant Professors / Associate Professors) ist der Anteil nach Höhepunkten von jeweils über 25% inzwischen wieder auf rund 20% gesunken. Auch bei den neuen Doktoranden und Promovierten ist kein Aufwärtstrend erkennbar.
Mitverantwortlich seien Produktivitätsnachteile von Frauen etwa aufgrund von Familienplanung, anderen Karriereeinstellungen oder mangelndem Zugang zu bestehenden Netzwerken. Doch selbst bei gleicher Produktivität werden Frauen in der Ökonomie deutlich stärker benachteiligt als in anderen Disziplinen, da nach Einschätzung der Autorinnen bei der Bewertung des Forschungsoutputs oft mit zweierlei Maß gemessen werde. Zudem gebe es zahlreiche Hinweise darauf, dass in den Wirtschaftswissenschaften – vor allem in den klar männerdominierten Teildisziplinen – ein besonders „toxisches“ Klima herrsche, das viele Frauen abschrecke.
Bemerkenswert ist darüber hinaus die unterschiedliche Wahrnehmung der Chancengleichheit: Dass Frauen an US-Fakultäten geringere Karrierechancen haben als Männer, glauben einer Erhebung von 2008 zufolge 76% der weiblichen Ökonomen, aber weniger als 20% ihrer männlichen Kollegen. Jeder dritte Ökonom vermutet sogar eine Bevorzugung von Frauen. Die Autorinnen sehen in dieser Einstellung eine große Hürde für weitere Gleichstellungsinitiativen.
Lesen Sie eine ausführlichere Zusammenfassung in englischer Sprache.